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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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wartete er auf Korzenowski. Gemeinsam wollten sie versuchen, Ram Kikura, Hauptanwalt der Erde, davon zu überzeugen, daß die Rechte der Erdenbürger auf Dauer nicht höher zu bewerten seien als die Pflicht des Neuen Hexamon, die Überlebenden zwangsweise einer Talsitreinigung zu unterziehen. Er sammelte im Kopf die Argumente:
    Wenn sie nicht körperlich und mental gereinigt werden, bleibt ihr Denken in alten Mustern von Zank und Neid verhaftet, was die Erde in ein paar Jahrhunderten, wenn nicht schon eher, von neuem entzweien wird. Sie müssen geistig völlig gesund sein, um die Zukunft zu begrüßen, die der Neue Hexamon für sie gestaltet und in der kein Platz mehr ist für das überholte, krankhafte Denken, das den Tod überhaupt ausgelöst hat.
    Olmy war sich jedoch nicht sicher, ob er Ram Kikura überzeugen könnte. Sie hatte neulich die Föderalisten-Texte gelesen und alte Verfassungsgerichtsprozesse studiert.
    Korzenowski kam wie immer zu spät; gemeinsam beobachteten sie eine Weile die dahinziehenden Kontinente, Meere und Wolken unter sich. Der Horizont war nach wie vor orange-grau vom Staub und von der Asche in der Stratosphäre. Wo die Wolken sich teilten, war das Land größtenteils mit Schnee bedeckt.
    »Ihre Frau wird es uns nicht leichtmachen, was?« fragte Korzenowski.
    »Worauf Sie sich gewiß verlassen können«, erwiderte Olmy.
    Korzenowski lächelte. »Ich muß Ihnen was gestehen.
    Mir hat in letzter Zeit eine andere junge Dame Kopfzerbrechen bereitet. Oh, ich weiß, ich sollte mich auf den Wiederaufbau konzentrieren… aber Sie werden wohl verstehen, wenn meine Gedanken hin und wieder abschweifen.«
    Olmy nickte.
    »Ist ihr vermutlich nicht gelungen«, sagte Korzenowski.
    »Die Heimkehr?«
    »Ganz unwahrscheinlich. Habe mir die Weg-Theorie durch den Kopf gehen lassen. Irgendwie kann ich diese Problematik einfach nicht abschütteln. Wir haben die geometrischen Haufen zu wenig verstanden. Patricias Theorie schien seinerzeit richtig. Und sie war weitgehend richtig. Aber nicht hundertprozentig, was ihre Heimatsuche zum Scheitern verurteilte.«
    »Und wo ist Patricia jetzt?«
    »Das kann ich nicht sagen.« Korzenowski faßte sich an die Schläfe. »Diese Hartnäckigkeit, mit der das Problem sich immer wieder in den Vordergrund drängt, dieser Druck… Ich meine, ich habe nichts dagegen. Es ist eine faszinierende Theorie, die mir wie nichts anderes Freude macht. Vielleicht können wir eines Tages einen neuen Versuch starten.«
    »Von der Erde aus?« fragte Olmy.
    »Wir haben nach wie vor die sechste Kammer«, sagte Korzenowski. »Es wäre längst nicht so schwierig wie beim ersten Mal. Und wir könnten bessere Arbeit leisten.«
    Olmy brauchte eine Weile für seine Antwort. »Wir kommen nicht darum herum«, meinte er, »aber vorerst braucht der Nexus davon nichts zu erfahren.« .
    »Natürlich«, stimmte Korzenowski zu. »Nach all der Zeit sind wir… bin ich sehr geduldig.« Der durchdringende Blick des Ingenieurs traf Olmy wie der Blick einer sprungbereiten Katze und jagte ihm einen Schauer über den Rücken.
    Einen solchen Entwicklungsrückschlag hatte er schon seit Jahren nicht mehr erlebt.
    »Also auf in den Kampf!« sagte Korzenowski. Sie wandten sich von der Erde ab und nahmen den Aufzug zum Nexus, wo Suli Ram Kikura sie erwartete.

 
DREI
Pawel Mirskis
persönliche Aufzeichnung
     
    Wenn ich nicht falsch liege und der Verzerreffekt unserer Reise überhaupt berechenbar ist, so habe ich heute meinen zweiunddreißigsten Geburtstag.
    Ich habe mich in der Central City eingewöhnt und führe ein Leben wie jeder Geshel. Ich bringe wöchentlich meine abgespeicherte Persönlichkeit auf den neuesten Stand und lerne täglich Dutzende von Bürgern kennen, die sich meist um ein Gespräch mit mir reißen. Und ich arbeite.
    Ich studiere Geschichte. Diejenigen, die hier Arbeit zuteilen, sind der Meinung, daß ich mit meiner Auffassungsgabe und meinen Fähigkeiten ein optimaler Filter zur Betrachtung und Auslegung der Geschichte bin. Rodenski steht mir zur Seite. Er hat sich viel grundlegender angepaßt als ich und plant sogar, sich als nächste Inkarnation eine neomorphe Sonderanfertigung als Körper zuzulegen.
    Ich treffe mich oft mit Rimskaya, aber er ist noch immer verbittert und kein sehr anregender Gesprächspartner. Ich glaube, es plagt ihn Heimweh; er hätte nicht überlaufen sollen. Er hat vor, sich demnächst einer Talsit-Therapie zu unterziehen, aber das sagt er schon länger. Beryl Wallace, die

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