Äon
sind, der bereit ist, eine grundlegende Wandlung über sich ergehen zu lassen. Die Vielzahl von Emotionen, die für einen umstrukturierten menschlichen Geist erfahrbar sind, der Gedanken denkt, die seinen Vorfahren unmöglich gewesen wären…
Die Emotion von -*-, beschreibbar als Mischung aus Geschlechtsakt und Denkvergnügen – Liebesakt mit einem Gedanken? Oder &&, das wirkliche Gegenteil von Schmerz, nicht »Wohlgefühl«, sondern die »Ankündigung« von Heilung, Wachstum und Veränderung. Oder (^+*), die komplizierteste aller bislang entdeckten Emotionen, die erfährt, wer sich bewußt dem Wechsel zwischen geistigen Konfigurationen aussetzt und das breite Spektrum von Möglichkeiten erlebt, die dem Denken und Sein innewohnen.
Ich habe noch kaum begonnen, die vielen Arten menschlicher Liebe zu entdecken. Die Persönlichkeit ist hier nicht unbedingt isoliert; ich kann einem breitgefächerten Persönlichkeitsaggregat zuhören und dennoch meine Individualität bewahren…Ich verliere nichts und gewinne tausend neue Eindrücke menschlicher Zuneigung.
Was nützt es schon, die zurückgelegten Strecken abschätzen zu wollen? Was nützt der alte Pawel Mirski, um diese Entfernungen zu begreifen? Bald, und das ist mein eiserner Vorsatz, werde ich all meinen Mut zusammennehmen und mich den erweiterten Persönlichkeiten im Stadtgedächtnis anschließen.
Und trotz alledem trauere ich noch. Ich trauere noch um den eingebüßten Teil von mir, trauere um ein Land, in das ich nicht zurückkehren kann, das mir nun unzugänglicher denn je ist. Aber die Trauer steckt tief in mir, wo selbst das Talsit nur mühsam vordringen kann, lebt vielleicht in dem einen Bereich, der nicht manipuliert werden darf und Mysterium heißt. Wie ironisch, daß ich mich auf diese Weise nach wie vor als Russe fühle und daß jeder Teil von mir sein Leben lang ein Russe bleiben wird!
Weil ich ein und dasselbe Mysterium mit dem alten Pawel Mirski teile. Ich spüre die Kontinuität. Ich spüre…
… den Drang nach den Sternen, ja, aber mehr als das.
Als ich ein Kind war in Kiew (wie ich aus dunkler Erinnerung weiß), fragte ich meinen Stiefvater einmal, wie lange die Menschen leben werden, sobald das Arbeitsparadies geschaffen ist. Mein Stiefvater, ein Computer-Techniker, hatte viel Phantasie und sagte: »Vielleicht so lange, wie sie wollen. Vielleicht eine Milliarde Jahre.«
»Wie lange ist eine Milliarde Jahre?« frage ich ihn.
»Sehr, sehr lange«, sagte er. »Eine Ewigkeit, ein langer Zeitraum, in dem alles Leben entstehen und enden kann. Dazu sagt man auch Äon.«
In geologischer Hinsicht ist ein Äon tatsächlich eine Milliarde Jahre. Die Griechen, die dieses Wort prägten, nahmen es allerdings nicht so genau. Sie verwendeten den Begriff im Sinne von Ewigkeit, Weltzeitalter, was viel länger als eine Milliarde Jahre ist. Es war zugleich der personifizierte Zeitzyklus eines Gottes.
Ich habe das Arbeiterparadies überlebt. Ich habe das Ende meines Universums überlebt und werde wohl noch viele andere überdauern.
Lieber Stiefvater, wie’s aussieht, habe ich sogar die Götter überlebt…
Wahrlich ein Äon.
Es gibt so viel zu lernen und so viel Neuerung. Jeden Tag atme ich tief durch, zähle meine Möglichkeiten und erkenne, wie glücklich wir dran sind. (Könnt’ ich nur Rimskaya davon überzeugen! Trauriger Mann.)
Ich bin frei.
VIER
Aigyptos,
Jahr des Alexandros 2323
Die junge Königin Kleopatra XXI. hatte gerade vier langweilige Stunden damit verbracht, träge den komplizierten Aussagen vierer verbannter Abgeordneter vom Boule des Oxyrrhynkhos Nomos zu lauschen. Die Beschwerden waren unbegründet, wie ihre engsten Berater befanden, also wies sie sie mit einem strengen Lächeln zurück und warnte sie, ihre Beschwerden nicht über die Grenzen von Aigyptos hinaus einem andern Staat vorzutragen, oder sie würden aus der Alexandrischen Oikoumene ausgestoßen und müßten nach Osten oder Westen ins Land der Barbaren oder gar nach Latium auswandern.
Dreimal wöchentlich hörte Kleopatra solche Klagen an, die von ihren Beratern aus Tausenden von Fällen publikumswirksam ausgewählt wurden, wobei der Ausgang oft schon feststand, wie sie wußte. Sie war nicht ganz glücklich mit der Einschränkung ihrer königlichen Macht, die der Oikoumenische Boule zur Zeit ihrer Väter verhängt hatte, aber sie mußte sich entweder fügen – oder ins Exil gehen; aber wohin sollte eine achtzehnjährige Königin außerhalb ihrer Oikoumene schon
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