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Aerger im Bellona-Club

Aerger im Bellona-Club

Titel: Aerger im Bellona-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Analyse, und hier aufzubewahren, für den Fall, daß sie gebraucht werden?«
    »Natürlich. Was soll ich drauf schreiben?«
    »Nun – schreiben Sie: >Lack von General Fentimans linkem Schuh< und >Analyse des Lacks von General Fentimans linkem Schuh<, dazu das Datum, und dann werde ich das signieren, und Sie und Saunders können es signieren, und alles dürfte seine Ordnung haben, nicht?«
    »Fentiman? Ist das nicht der alte Herr, der neulich so plötzlich gestorben ist?«
    »Derselbe. Aber Sie brauchen mich nicht gleich mit großen, neugierigen Kinderaugen anzusehen, ich habe Ihnen wirklich kein Seemannsgarn anzubieten. Es geht nur um die Frage, wo der alte Herr die Nacht verbracht hat, wenn Sie es schon wissen müssen.«
    »Ulkiger und ulkiger. Macht aber nichts, es geht mich ja nichts an. Wenn alles vorbei ist, erzählen Sie es mir vielleicht. Inzwischen kleben wir mal die Etiketten darauf. Sie sind, wenn ich Sie recht verstanden habe, bereit, die Identität des Schuhs zu bezeugen, und ich kann bezeugen, daß ich die Farbe auf dem Schuh gesehen habe, und Saunders kann bezeugen, daß er den Lack von dem Schuh genommen und analysiert hat und daß dies der Lack ist, den er analysiert hat. Alles genau nach Vorschrift. Bitte sehr. Unterschreiben Sie hier, und das macht dann achteinhalb Shilling, bitte schön.«
    »Achteinhalb Shilling ist noch recht preiswert«, sagte Wimsey. »Womöglich wären achteinhalb Pfund oder auch achteinhalb Tausend Pfund sogar noch preiswert.«
    Sir James Lubbocks Miene drückte angemessene Spannung aus.
    »Sie tun das doch aus reiner Bosheit, weil Sie wissen, wie Sie mich ärgern können. Na ja, wenn Sie die Sphinx spielen müssen, kann man wohl nichts machen. Ich werde diese Sachen für Sie hinter Schloß und Riegel halten. Wollen Sie den Schuh wiederhaben?«
    »Ich glaube nicht, daß der Testamentsvollstrecker Wert darauf legt. Und man sieht so albern aus, wenn man mit einem Schuh unterm Arm herumläuft. Tun Sie ihn zu den andern Sachen, bis er gebraucht wird, seien Sie so lieb.«
    Somit wanderte der Schuh in einen Schrank, und Lord Peter hatte die Hände frei, um weiter seinem Nachmittagsvergnügen nachzugehen.
    Sein erster Gedanke war, nach Finsbury Park zu fahren und der Familie George Fentiman einen Besuch abzustatten. Ihm fiel aber noch rechtzeitig ein, daß Sheila noch nicht von der Arbeit zurück sein würde – sie arbeitete als Kassiererin in einer vornehmen Teestube –, und des weiteren fiel ihm (mit einer bei den Wohlhabenden seltenen Weitsichtigkeit) ein, daß man sich bei einem zu frühen Eintreffen verpflichtet fühlen würde, ihn zum Abendessen einzuladen, und daß sehr wenig zum Abendessen da sein würde und daß Sheila darüber unglücklich und George böse sein würde. Also kehrte er in einem seiner zahlreichen Clubs ein, verspeiste eine delikate Seezunge à la Colbert bei einer Flasche Liebfrauenmilch, gefolgt von Apfel-Charlotte und würzigem Käse, schwarzem Kaffee und einem vorzüglichen alten Cognac zum Abschluß – ein schlichtes, sättigendes Mahl, das ihn zufrieden und bester Dinge seine Aufgabe fortsetzen ließ.
    George und Sheila Fentiman bewohnten zwei Zimmer zu ebener Erde mit Küchen- und Badbenutzung in einer Doppelhaushälfte, mit einer Lünette aus blaugelbem Glas über der Tür und Madrasvorhängen vor den Fenstern. Eigentlich handelte es sich um möblierte Appartements, aber die Hauswirtin sprach immer von einer Wohnung, denn das hieß, daß die Mieter selbst saubermachen und sich selbst versorgen mußten. Ein traniger Geruch empfing Lord Peter beim Betreten des Hauses, denn in der Nähe briet gerade jemand Fisch in Öl, und dann gab es gleich zu Beginn noch ein kleines Ärgernis, weil er nur einmal geläutet und so den Bewohner des Kellergeschosses an die Tür gerufen hatte, wohingegen ein besser informierter Besucher zweimal geläutet haben würde, um anzuzeigen, daß sein Besuch dem Erdgeschoß galt.
    George, der den Wortwechsel in der Diele gehört hatte, schaute aus dem Eßzimmer und rief: »Oh, hallo!«
    »Hallo!« sagte Wimsey und versuchte auf einem überladenen Garderobenständer noch Platz für seine Sachen zu finden.
    Schließlich lud er sie auf der Griffstange eines Kinderwagens ab. »Ich dachte, ich schaue mal kurz bei Ihnen rein. Störe ich auch nicht?«
    »Natürlich nicht. Riesig nett von Ihnen, daß Sie den Weg in dieses Elendsloch gefunden haben. Treten Sie ein. Hier sieht's fürchterlich aus wie immer, aber wenn man arm ist, muß man

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