Aeternus - Eisiger Kuss: Roman (German Edition)
dass die Drenier stärker, schneller und hemmungsloser als Sie sind, gerade was das Töten angeht.Jeder kleinste Vorteil, den Sie haben, kann das Gleichgewicht zu Ihren Gunsten beeinflussen.«
Ein Junge in der ersten Reihe beugte sich vor und betrachtete mit hellen, glitzernden Augen eindringlich ihr Gesicht. Irgendetwas stimmte nicht mit diesem Kerl. »Wie viele drenische Ausmerzungen haben Sie in Ihrer Karriere vorgenommen?«
»Mehr als hundertvierzig.«
Sein Blick wanderte zu ihrer Brust und dann zurück zu ihrem Gesicht. Sein verschlagenes Grinsen machte sie misstrauisch.
»Können Sie sich Ihre Missionen inzwischen selbst aussuchen?«, fragte ein Mädchen aus der hinteren Reihe.
»Ja. Aber während meiner Probezeit habe ich die Missionen erhalten, die meiner Erfahrung entsprachen, und ich hatte oft einen Beobachter dabei. Noch immer ist nur wenig Platz für Irrtümer. Ein Fehler, und Sie sind tot. Sie alle kennen die Statistiken. Über ein Drittel von Ihnen wird die Ausbildung nicht erfolgreich abschließen. Und von denen, die es schaffen, wird die Hälfte im ersten Probejahr entweder aufhören oder sterben. Es ist ein gefährliches Geschäft. Nur die Besten werden zu Berufsvenatoren.«
»Haben Sie jemals daran gedacht, einen anderen Venator als Jagdpartner aufzunehmen?«, fragte das verliebte Mädchen mit den großen Ohrringen. »Wären zwei nicht besser als einer?«
»Leider ist das nicht immer der Fall. Mein Bruder ist … war mein Techniker, aber gejagt habe ich allein. Abgesehen davon, dass ich mit anderen nicht gut zusammenarbeite, kann es leicht vorkommen, dass man bei einem Angriff den Partner verliert, und das wäre ein harter Schlag. Verstehen Sie mich nicht falsch. Es gibt einige sehr erfolgreiche Jagdteams da draußen, aber für mich ist das nichts.«
»Ich habe gehört, dass Ihre Probezeit viel kürzer war als normal«, fragte der nächste junge Mann.
»Ja. Sie hat nur neun Monate betragen. In dieser Zeit hatte ich mein Geschick bewiesen und durfte mir die Missionen selbst aussuchen – aber dafür habe ich wirklich sehr hart arbeiten müssen.«
Allgemeines Gemurmel ging durch die Schülerreihen. Sie schienen beeindruckt zu sein.
Die Lehrerin trat vor und hob die Hände. »Die gewöhnliche Probezeit beträgt zwei Jahre. Nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen wird sie verkürzt.«
»Wie viele haben Sie während Ihrer Probezeit getötet?«, fragte der unheimliche Junge.
Sie spürte, wie er sie in Gedanken auszog, und schluckte eine ziemlich höhnische Bemerkung herunter. Es hatte keinen Sinn, sich auf sein Niveau hinabzubegeben.
»So viele, wie mir aufgetragen wurden«, antwortete sie.
Er wusste, dass er ihr auf die Nerven ging. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, und sein Grinsen wurde noch breiter. »Ich habe gehört, dass einige Venatoren nach dem Töten gern bumsen. Sie auch?«
Sie machte eine neutrale Miene, aber ihre Fingernägel gruben sich in die Handflächen. Auf diese offenkundige Provokation wollte Antoinette nicht reagieren – vor allem deshalb nicht, weil es teilweise stimmte. Manchmal musste sie sich nach einer Jagd ihre Menschlichkeit durch Sex bestätigen – aber dabei handelte es sich immer um Zufallsbekanntschaften, denen sie nichts erklären musste. Während sie um eine Antwort rang, erschien Lucian an ihrer Seite und legte ihr die Hand auf den Ellbogen.
»Ich glaube, das ist genug für heute.« Dann beugte er sich zu dem unheimlichen Jungen vor und senkte die Stimme. »Und das war Ihre letzte Chance. Sie sind draußen.«
»Sie können mich nicht rauswerfen. Sie sind nicht einmal ein Lehrer«, höhnte der Junge.
»Nein, aber ich sitze im Verwaltungsrat. Ich weiß, dass Sie eine Bewährung bekommen haben und mehrfach verwarnt wurden. Der Verwaltungsrat wird mich in dieser Sache unterstützen.«
Der Junge sprang auf und stellte sich dicht vor Lucian. Keiner von beiden wich zurück. Doch schließlich gab der Student nach und schnaubte verächtlich, während er auf den Ausgang zumarschierte.
»Bitte danken Sie Miss Petrescu für die Zeit, die sie uns geopfert hat.« Die Stimme der Lehrerin war ebenso angespannt wie vorhin die von Lucian.
Die Studenten erhoben sich und begaben sich ebenfalls zum Ausgang, während sie sich mit gedämpften Stimmen unterhielten und Lucian immer wieder Blicke über die Schulter zuwarfen.
»Ich freue mich, dass Sie der Klasse Ihre Zeit geschenkt haben«, sagte die Lehrerin. »Aber dieser Zwischenfall tut mir leid.«
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