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Aetherhertz

Aetherhertz

Titel: Aetherhertz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Bagus
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ihn noch einmal bedrängen sollte. Dann ärgerte sie sich: Warum konnte sie nicht einfach den Moment genießen? Sie nahm noch einen Schluck Wein und versuchte sich der Stimmung hinzugeben. Sie saß hier mit einem gut aussehenden, starken Mann, der sie hofierte und mit Komplimenten überschüttete. Warum konnte sie sich nicht einfach entspannen? Was würde Johanna jetzt tun?
    Friedrich seufzte und kratzte sich am Kopf. Offensichtlich suchte er nach einem Gesprächsthema. Dann leuchtete sein Gesicht auf: “Heute sind wir zum ersten Mal unsere Nachtmahre geflogen!“
    Annabelle sah ihn fragend an.
    „ Ich habe mich bei den Nachtschatten beworben und bin getestet worden. Es ist eine neue Spezialeinheit. Wir haben da kleine Gleiter, mit denen wir fliegende Einsätze über Krisenherden ausführen können. Der Gleiter ermöglicht es, aus dem Flug direkt in den Nahkampf zu gehen. Das Gerüst ist ganz leicht und wird dem Körper angepasst. Die Flügel werden von Ætherkissen getragen. Es ist gigantisch, völlig lautlos. Wir sind heute das erste Mal wirklich geflogen. Ich bin aber sehr gespannt, wie es sich bei Nacht anfühlen wird. Das ist nicht leicht, und die Ersten haben schon aufgegeben.“ Er glättete selbstverliebt seine Uniform und reckte sein Kinn in die Höhe.
    Annabelle war neugierig: “Das hört sich aufregend an. Wie sehen die Flügel aus? Wie bei einem Flughund oder doch wie ein Vogel?“
    “ Sie wollen es aber genau wissen.“ Er nahm einen Schluck Wein.
    “ Es interessiert mich halt. Das ist doch wichtig, schließlich ist das eine ein Gleitflieger und kann mit statischen Flügeln konstruiert werden, während das andere …“
    “ Halt, halt“, unterbrach Friedrich ihren Gedankengang. “So eine Diskussion könnten Sie mit meinem großen Bruder führen.“
    “ Ich bin aber mit Ihnen hier.“ Sie lächelte ihn an und er reagierte sofort.
    “ Sie sind zauberhaft.“ Er sah ihr in die Augen und sie vergaß ihre Gedanken über Flugmaschinen.
    „ Lassen Sie uns gehen“, sagte Friedrich dann abrupt und stand auf.
    Er half ihr in den Mantel und sie hakte sich bei ihm unter. Zu Fuß gingen sie wieder zum Augustaplatz. Inzwischen war es völlig dunkel, nur noch wenige Spaziergänger tummelten sich unter den Gaslaternen. Es war kalt und sie war froh, ihren dicken braunen Mantel mit dem Pelzinnenleben angezogen zu haben. Sie kuschelte ihre Hände in ihren Muff.
    „ Was möchten Sie gerne noch tun?“, fragte er sie.
    „ Ich weiß nicht.“ Annabelle genoss es eigentlich sehr, an seiner Seite zu laufen. Wäre es nicht wunderbar, überlegte sie, immer so mit einem Mann gehen zu können? Friedrich bewegte sich so sicher und sie müsste ihm einfach nur folgen. Keine Entscheidungen mehr, kein Kampf, keine Sorgen? Sollte er die Antwort auf ihre Schwierigkeiten sein? Annabelle konnte sich die Reaktionen von Frau Barbara und Onkel Karl genau vorstellen. Friedrich war als Soldat mit Aussicht auf Karriere eine gute Partie, und mit seinem Charme würde er alle für sich einnehmen.
    Andererseits: Heirat, Kinder, Käfig? Annabelle sah nach oben und betrachtete Friedrichs Profil. Woran dachte er gerade? Nicht an sie, das spürte sie. Er lotete die Nacht aus, die Möglichkeiten, die sich ihm noch boten. Wie würde er sie behandeln, wenn sie verheiratet wären? Würde sie weiter im Institut arbeiten dürfen? Sicher nicht. Die meisten Männer duldeten es nicht, dass ihre Frauen arbeiteten, wenn es nicht nötig war. Was würde aus Papas Sammlung, aus ihren Häusern? Und was, wenn er bei einem Einsatz umkäme? Das Leben eines Blitzmannes war gefährlich.
    Aber das Wichtigste: Wenn sie ganz ehrlich war, fühlte sie, dass sie trotz allen guten Gefühlen nicht in ihn verliebt war. Sie nahm all seine tollen Eigenschaften durch eine was-wäre-wenn Brille wahr, so, wie Johanna ihn sehen würde. Ja, sie fühlte sich wohl bei ihm. Sie wünschte sich, in Gefahren so jemanden wie ihn an ihrer Seite zu haben, und sie konnte sich auch vorstellen, ihn zu küssen und von ihm aus einem brennenden Haus getragen zu werden.
    Aber er berührte ihre Seele nicht. Sie konnte sich nicht vorstellen, mit ihm alt zu werden, sich jeden Tag an seiner Gegenwart zu erfreuen. An ihm zu wachsen, mit ihm zu erfahren und zu erforschen. In die Geheimnisse der Welt einzutauchen. Sie brauchte jemanden, der die gleiche Faszination für die großen und die kleinen Dinge empfand, der stets neugierig war, der Fragen stellte, und sie auch beantworten wollte.
    Für

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