Aetherresonanz (Aetherwelt) (German Edition)
lange sein Wunsch. Ich weiß das. Er hat immer gesagt: „Wenn ich sie nur noch einmal halten könnte, nur noch einen Tag lang, dann wäre mein Leben erfüllt.” Und ich habe versucht, ihm diesen Wunsch zu erfüllen.”
Er fasste die Puppe am Arm und tanzte ein paar Schritte mit ihr zu einer Musik, die nur er hören konnte.
„Meine ersten Versuche waren nicht perfekt, das weiß ich. Aber ich habe nicht aufgegeben, bis mir irgendwann klar wurde, dass es wichtig ist, echte Haut zu berühren.” Er ließ die Puppe los und kam auf Annabelle zu. Sie wich einen Schritt zurück. Er kam ihr nach und nahm ihre linke Hand.
„Echte Haut …”, sagte er und betrachtete ihren Handschuh. „Zieh ihn aus”, forderte er.
„Valentin ...” Annabelle konnte vor Entsetzen nur flüstern. Hinter dem Mann war sein Ætherzwilling und blähte sich drohend auf.
„Du willst mir doch helfen? Du musst!”, rief der junge Mann, seine Stimme wurde laut, einerseits bittend, andererseits befehlend. „Dann bin ich endlich frei. Frei für dich, dann gehört uns alles, und wir werden tun, was immer uns einfällt.”
„Was ist mit deinem Vater?”, fragte Annabelle. „Was hast du vor?”
„Er will doch nur einen Tag. Mach dir keine Sorgen. Sein Tod wird schmerzlos sein.”
Oh Gott …
* * *
Sie klopften an Baders Tür und erschraken, als sie den Hausherrn erblickten. Er lag auf dem Bett, rang nach Luft, hatte die Augen geschlossen und war nur noch ein Schatten seiner selbst.
Hartwig knurrte leise: „Der Mann stirbt.”
Paul nickte. Was auch immer Annabelle getan hatte, es ging Rudolf Bader nicht gut.
„Gibt es Medizin? Können wir etwas tun?”, fragte er den Hausherrn.
„Ins Solarium … atmen.”
Paul sah Hartwig an, der trat ans Bett und wollte Bader aufhelfen. Aber der Hausherr keuchte und machte abwehrende Handbewegungen: „Bleiben Sie … von mir.”
Paul wurde ungehalten: „Herr Bader, ich kann Sie nicht allein hochheben, und mein Bruder hat einen gebrochenen Arm. Seien sie nicht albern.”
„Rollstuhl …”, flüsterte der Mann und zeigte in eine Ecke des Raumes.
Paul half Bader, sich in den Stuhl zu hieven und wollte ihn aus dem Zimmer rollen.
Friedrich fasste ihn am Arm: „Lass mich das machen. Geh du mit Hartwig und sucht Annabelle.”
Paul nickte dankbar. Er sah Hartwig an und folgte ihm. Friedrich und der Kommissar fuhren mit Bader im Aufzug ins Erdgeschoss.
„Es ist nicht leicht”, sagte Hartwig. „Viele Gerüche liegen hier übereinander. Wundern Sie sich nicht, wenn wir einen Weg mehrmals gehen.”
„Ich weiß nicht, ob ich mich überhaupt noch wundern kann”, erwiderte Paul tonlos.
„Kommen Sie bitte mal”, rief Alexandra vom anderen Ende des Flurs.
„Schauen Sie hier”, sagte sie, als Paul bei ihr war und zeigte auf den oberen Sturz einer Tür. Sie stellte sich auf Zehenspitzen und fuhr am Holz entlang. Ein leicht grünes Schimmern erschien und bildete eine Art Schrift.
„Was ist das?”, fragte Paul überrascht.
„So etwas habe ich an den Türen im Haus des Professors schon gesehen”, sagte Alexandra.
Paul sah sie fragend an. „Ich meinte das mit der Schrift: Seit wann können Sie so etwas sehen?”
„Es begann nach meinem Unfall. Ich bemerkte es an den Türen, um die Griffe herum und an den Holzeinfassungen.” Sie berührte den Türsturz und die Schrift leuchtete heller auf.
Paul erschrak: Hatte Alexandra doch zu lange in dem Æther gelegen? Aber es war jetzt keine Zeit für Selbstvorwürfe, was geschehen war, war geschehen. Er testete die Tür. Sie war offen und führte in ein Gästezimmer. Am Staub erkannte man, dass es schon lange nicht mehr benutzt worden war, und die Einrichtung schien auf einen bestimmten Gast zugeschnitten worden zu sein. Es gab eine Menge Bücher und Papiere hier, einen bequemen Lesesessel und im Schrank hingen sogar einige Kleidungsstücke. Pauls sofortiger Verdacht bestätigte sich, als er auf dem Schreibpult Briefpapier des Professors fand.
„Hier hat Annabelles Vater geschlafen.” Ob sie das gewusst hatte? Es sah aber aus, als wären sie die Ersten seit langer Zeit, die die Ruhe hier störten. Paul blätterte kurz in dem Papier und wischte den Staub von einer kleinen Holzkiste, die mitten auf dem Tisch stand. Seine Finger fuhren abwesend über die Buchstaben »Dilecta mea«, die in den Deckel geschnitzt waren. Einerseits war er sehr neugierig, andererseits hatte er großen Respekt vor allem, was den Professor anging.
Er sah, dass Hartwig
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