Affaere im Paradies
vergessen hatte. Dennoch, das gab ihr zu denken.
Sie mussten den Wagen in einem dichten Verkehrsknäuel voller wütend hupender Autofahrer anhalten. »Ich steige hier aus und gehe zu Fuß«, sagte Laurel geistesabwesend zu ihrem Fotografen. »Fahr rüber, sobald du kannst.« Sie verließ das Auto und nahm ihre Arbeit auf.
Matthew war auch auf der Straße. Der Lärm auf dem Vieux Carré war vielleicht etwas leichter zu ertragen als der, in dem Laurel sich befand, aber die Hitze war nicht minder schlimm. Man roch den Fluss und die Blumen, eine Mischung, die für ihn New Orleans bedeutete. Im Moment dachte er allerdings nicht daran. In der letzten Stunde war er sehr beschäftigt gewesen.
Ein Besuch auf der Polizeistation und einige sorgfältig gestellte Fragen hatten ihm die Information eingebracht, dass niemals offiziell Nachforschungen nach Elise oder Charles Trulane gemacht worden waren. Für keinen von beiden war je eine Vermisstenmeldung eingegangen. Der Brief, die fehlende Garderobe und Malausrüstung hatten für jeden als Erklärung genügt. Matthew gab sich damit nicht zufrieden.
Als er nachgebohrt hatte, war er auf völlige Gleichgültigkeit gestoßen. Welche Rolle spielte es schon, wie sie die Stadt verlassen hatten oder ob jemand sie dabei gesehen hatte? Sie waren verschwunden, und zehn Jahre waren eine lange Zeit. In New Orleans gab es genügend andere Probleme, mit denen sich die Polizei zu befassen hatte als ein zehn Jahre alter Ehebruch. Gewiss, die Leute vom Labor würden sich mit seinem Stück Metall befassen, sobald sie die Zeit dazu fänden, aber was hatte er eigentlich im Sinn?
Matthew war dieser Frage ausgewichen und mit weniger Antworten fortgegangen, als er gehabt hatte, bevor er das Revier aufsuchte. Vielleicht würde er etwas von Curt erfahren.
10. K APITEL
Matthew ging um die Straßenecke in eine schummrige, kleine Bar, in der ein Terzett eine kühle, blecherne Wiedergabe von »The Entertainer« spielte. Er entdeckte Curt sofort, der in einer Nische saß, vor ihm auf dem Tisch ausgebreitet ein Haufen Papiere. Ein unberührtes Glas Bier stand neben seinem Ellbogen. Blitzartig erinnerte sich Matthew daran, dass Curt während ihrer College-Zeit immer so dagesessen hatte. Erfreut lächelte er – zum ersten Mal seit Stunden.
»Wie geht es so, Herr Rechtsanwalt?«
»Was?« Geistesabwesend sah Curt hoch. »Oh, hallo.« Mit einer einzigen, sparsamen Bewegung, die auf lange Gewohnheit zurückzuführen war, raffte er seine Unterlagen zusammen und legte sie in einen Aktenordner. »Was führt dich hierher, Matthew?«
»Das gleiche«, sagte Matthew zur Kellnerin und wies auf Curts Bier. »Ich brauche juristischen Ratschlag«, antwortete er, als er sich wieder an Curt wandte.
»Oho.« Lächelnd fuhr sich Curt über das Kinn, der einzige Teil, der seiner Schwester ähnelte, wie Matthew fand.
»Einen Rat, keine Vertretung«, erwiderte Matthew.
»Ach so.« Als die Kellnerin Matthews Bier auf den Tisch stellte, erinnerte sich Curt an sein eigenes.
»Falls ich mich entschließen sollte, mein Einkommen zu verbessern, würdest du Trulane Shipping für eine kluge Investition halten?«
Curt sah von seinem Glas hoch und seine zerstreute Miene wurde aufmerksam. »Ich würde sagen, diese Frage solltest du eher deinem Aktienmakler stellen als deinem Anwalt. In jedem Fall wissen wir beide, dass du über gesunde Einkünfte verfügst. Du bist derjenige, der, wie du weißt, mir die Tipps gibt.«
»Dann will ich dir eine hypothetische Frage stellen«, sagte Matthew ungezwungen. »Falls ich daran interessiert wäre, mit einer in New Orleans ansässigen Firma zu spekulieren, wäre dann Trulane die richtige Stelle, um mein Geld unterzubringen?«
»Nun gut. Dann würde ich antworten, dass Trulane eine der solidesten Firmen des Landes ist.«
»Gut«, murmelte Matthew. Er stellte fest, so kam er nicht weiter. »Warum glaubst du, hat niemand Elise Trulanes Erbe angerührt?«
Curt setzte sein Bierglas ab und sah Matthew mit einem langen, eindringlichen Blick an. »Wie hast du das herausgefunden?«
»Du weißt, ich kann meine Quellen nicht bekannt geben, Curt. Fünfzigtausend«, sagte er nachdenklich und fuhr mit dem Finger durch die perlende Feuchtigkeit an seinem Glas hinunter. »Eines meiner Grundprinzipien. Die Zinsen von zehn Jahren würden ein hübsches, kleines Sümmchen ergeben. Ich könnte mir vorstellen, dass selbst ein Mann wie Trulane Verwendung dafür finden würde.«
»Er ist nicht erbberechtigt. Es
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