Affinity Bridge
Newbury
hielt ihn auf und schenkte dem Knochenflicker ein aufrichtiges Lächeln. »Ich
danke Ihnen. Es ist â¦Â«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Sie müssen mir nicht danken. Sorgen
Sie einfach nur dafür, dass Sie mich in der nächsten Zeit nicht mehr brauchen,
und schon gar nicht, bevor wir die Fäden gezogen haben.«
Newbury lachte und wurde mit einem brennenden Schmerz in der Brust
belohnt. »Das habe ich ganz bestimmt nicht vor, so viel kann ich Ihnen
versprechen.«
Der Knochenflicker lächelte. »Bei einem Mann, der Ihrer Tätigkeit
nachgeht, Sir Maurice, soll mir das ausreichen. Einen guten Tag noch.«
»Ebenso.« Newbury sah dem Mann nach, der den Raum verlieà und die
Treppe zur Werkstatt hinabstieg.
Rothford näherte sich ihm. »Wenn Sie mit mir kommen wollen, Sir
Maurice, dann zeige ich Ihnen unser Ankleidezimmer.«
Newbury nickte und folgte dem Diener, der ihn durch eine Tür, durch
einen kurzen Gang und durch eine weitere Tür auf der linken Seite führte. Das
Ankleidezimmer war mit einem Wandschrank, einem Standspiegel und einer Frisierkommode
ausgestattet. Rothford ging zum Schrank und öffnete die Türen mit einer
Verbeugung. Drinnen entdeckte Newbury allerhand vornehme Kleidung, weiÃe
Hemden und Unterwäsche. Er fragte sich, wie viele Gäste der Knochenflicker
täglich empfing.
Rothford suchte einen Moment und zog schlieÃlich einen Kleiderbügel
mit einem schwarzen Anzug heraus, den er vor Newbury hielt. »Bitte. Ich würde
meinen, dieser hier passt. Ich lege ihn hier drüben auf den Stuhl.« Er legte
die Kleidung über die hohe Lehne des Stuhls vor der Frisierkommode. »Suchen Sie
sich bitte selbst ein Hemd und die Unterwäsche heraus. Wenn Sie fertig sind,
finden Sie mich am anderen Ende des kurzen Gangs im Sprechzimmer. Ich bereite Ihnen
ein Frühstück zu. Mögen Sie Eier und Speck?«
»Ja, vielen Dank«, sagte Newbury, ein wenig verlegen um Worte. Er
sah Rothford nach, als dieser hinausging und die Tür hinter sich schloss.
Dann zog er sich vorsichtig aus und betrachtete seine Wunden im
Standspiegel. Die verfärbte, gewellte Naht, die auf der linken Körperseite entlanglief,
war entzündet und wund. Dennoch fühlte er sich seltsamerweise so wach und stark
wie schon seit Tagen nicht mehr. Er vermutete, dass dies an Dr. Fabians
Wundermittel lag, und nahm sich vor, den Namen der Blume herauszufinden, aus
der es gewonnen wurde. Das wäre ein interessantes Studienobjekt, und es konnte
sicher nicht schaden, eine kleine Menge dieses Mittels daheim in Chelsea zur
Verfügung zu haben.
Er kleidete sich behutsam an, um die Nähte nicht unnötig zu spannen,
und fühlte sich schon bald völlig wiederhergestellt. Als er an die Eier und den
Speck dachte, die ihn erwarteten, bemerkte er, wie hungrig er war. Seine
persönlichen Habseligkeiten lagen auf der Frisierkommode bereit. Er steckte
alles in die Taschen des geborgten Anzugs und machte sich auf den Weg zu
Rothford, einem Earl Grey und dem Frühstück.
21
Dick eingepackt, um sich vor der Kälte zu schützen, saÃ
Veronica neben Amelia auf einer Holzbank vor dem Heim. Sie sahen den anderen Insassen
zu, die wie ein Vogelschwarm auf dem Innenhof ihre Runden liefen. Die FüÃe
knirschten laut im Kies. Wärterinnen, ebenfalls in dicke Wintermäntel gehüllt,
behielten die Patienten vom Ende des Hofs aus genau im Auge und tratschten
miteinander. Vor ihren Mündern entstanden in der frostkalten Luft dicke
Dampfwolken.
Veronica blickte zu Amelia, die trotz des dicken Mantels und des
Schals in der Kälte schauderte. Sie nahm ihre Schwester in den Arm und zog sie
an sich, damit sie es warm hatte. Veronica hätte nicht kommen dürfen. Hundert
Gründe fielen ihr dafür ein, dass sie an diesem Tag nicht hier sein sollte,
warum sie besser fortgeblieben wäre. Keiner schien jedoch so wichtig zu sein
wie der Grund, der sie schlieÃlich bewogen hatte, nachzugeben und doch noch
quer durch die Stadt zu fahren. Nun saà sie also neben ihrer Schwester und
konnte dem Mädchen kaum in die Augen blicken. Amelia hatte sich über den
unerwarteten Besuch gefreut und Veronica innig umarmt und liebevoll auf die
Wange geküsst. Müde und aufgewühlt nach dem schwierigen Morgen, hatte Veronica
beschlossen, mit Amelia ins Freie zu gehen, ehe sie mit dem wahren Grund für
ihren Besuch
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