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Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Titel: Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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streckte beide Arme aus, zog das Mädchen zu sich herunter. Er spürte, wie das Mädchen zitterte.
    „Gut, dass du da bist“, sagte er. „Ich fühle mich auch nicht ganz wohl in meiner Haut.“
    „Ich durchaus“, gab sie zurück und versuchte sich zu lösen.
„Bleib, kleine Bosnierin“, flehte er und hielt sie – wenn auch sanft – fest. „Bitte, bleib jetzt!“
    „Ja, schon“, antwortete sie unschlüssig-nachgiebig. „Aber nur für einen Augenblick.“
    Zudeck-Perron fühlte ihren bebenden Körper, hielt sie weiter sanft fest. Dich will ich haben, kleine Bosnierin, dachte er, um jeden Preis. Und Brena konnte es an seinen Augen ablesen, auch wenn er dabei sein charmantestes, gewinnendstes Lächeln aufsetzte.
    Unverwandt sah Lepa Brena ihm in die Augen.
    „Siehst du“, flüsterte er, zog sie zu sich herunter und küsste sie auf die Stirn.
    „Ich habe auf einmal ein ungutes Gefühl“, raunte sie fast unhörbar.
„Hab keine Angst“, sagte er kurzatmig und legte den Arm um sie. „Ich tu dir nicht weh, Kleines.“
    „Ich weiß“, hauchte sie. Er drückte sie fest an sich, und sie verharrte eng an ihn geschmiegt. „Du hast gütige Augen“, flüsterte sie.
    „Dann komm“, forderte er und drückte sie fest an sich, versuchte ihre Lippen zu küssen.
    Sie stemmte sich gegen ihn.
    „Ich liebe dich“, keuchte er. „Ich liebe dich, schöne Brena.“
    „Mein lieber mein Vater!“ entfuhr es dem Mädchen, energisch schüttelte es den Kopf. „Das kenne ich aus euren Fernsehserien“, konterte es. „Wenn jemand sagt: `Ich liebe dich´, meint er in Wirklichkeit: Ich will dich haben. Lassen Sie mich los!“
    „Ich liebe dich“, stieß Paul Zudeck-Perron erneut hervor und verstärkte den Druck, mit dem er das Mädchen an sich zog. Er lächelte nicht mehr.
    Lepa Brena wehrte sich. „Lass das!“ fauchte sie. „Ich bin nicht zu haben, vor allem nicht von jemand, der mein Vater sein könnte, und schon gar nicht mit Gewalt!“ Sie fühlte, wie seine Arme erschlafften, und nun zitterte er in ihrer Umarmung. „So ist es gut“, sagte sie ein wenig milder gestimmt.
    „Ich wollte das nicht“, äußerte er matt.
    „Doch“, widersprach sie. „Du schon. Aber ich will nicht. Wenn du dich freilich anständig verhältst, können wir weiter miteinander reden. Am besten du versuchst es noch mal mit deinem gütig lächelnden Blick.“
    Und wirklich keimte das Lächeln wieder auf in Paul Zudeck-Perrons Gesicht. „Ich schäme mich“, brachte er leise hervor.
    „Ich weiß es“, sagte Brena. „Ein Mann mit solch guten Augen kann nicht wirklich schlecht sein. Der Krieg hier hat dich versaut. Nun habe ich eine Bitte an dich. Aber vorher will ich wissen: Wie bist du als Kriegsberichterstatter?“
    „Nicht der schlechteste“, hörten sie Anica sagen; unbemerkt war sie durch die Nebentür hereingekommen. „Horcht!“ rief sie gedämpft und zog ihren Kollegen zum Fenster, während das Mädchen sie eilig verließ, „was ist das?“

30 Mary-Jo´s Angriff
     
    Aus dem rötlich gleißenden Ball der aufgeschienenen Sonne stießen die drei Kampfhelikopter im Jagdtempo auf den Talkessel zu. Mary-Jo sah die verkohlten Reste des Weilers und das zerschellte Wrack des Hubschraubers auf der knochenharten Erde des Dorfplatzes. Gleich darauf entdeckte sie direkt unter sich die kroatischen Artilleriestellungen, die verschanzt in den Felsspalten auf dem Gebirgsscheitel lagen, allerdings inzwischen von der anderen Fakultät gehalten wurden. Bestimmt serbische Einheiten, dachte Mary-Jo, jedenfalls sind schwere Waffen keiner Kriegspartei gestattet. Sie hatte zweimal vier Laser-Raketen Typ „Hellfire“ zwischen und neben den Kufen ihres Helikopters sowie außen je einen Mehrfachraketenwerfer. Die Konzentration der Pilotin war in höchstem Maße auf das gerichtet, was vor ihr lag. Die vielen in Fleisch und Blut übergegangenen Handgriffe und das ständige Überwachen der Instrumente ließen keinen Spielraum mehr zum Nachdenken über das, was außerhalb ihres Blickfelds ablief. Hastig warf sie zwei der kleinen Speedpills ein; das machte die Konzentrierung robust, brachte sie auf den notwendigen Aggressionslevel. Sie zog die Maschine hoch, flog eine enge Schleife und verschoss die Hälfte der schlanken „Höllenfeuer“-Pfeilraketen auf die Felsverschanzung unterhalb einer Bergkuppe, wo sie schwärzliche Höhlen in den Gesteinsrumpf sprengten. Aus dem seitlichen Fenster beobachtete sie ihr Werk, während sie mit den anderen beiden

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