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Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Titel: Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert F. Schaaf
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sind Kennerin meines Landes und wollen feilschen. Aber ist die Fliegerin eine Ware, bitteschön?“
    „Nein“, gab Anica zu. „Sie ist die Frau ihres Mannes.“
    „Sagen Sie ihm, dass sie lebt. Falls sie Wertsachen bei sich trägt, die sie nicht mit in Gefangenschaft nehmen will, darf sie sie Ihnen mitgeben. Schriftliche Nachrichten nicht.“
    „Darf ich mit ihr sprechen?“
    „Wie viel wollen Sie noch aus mir heraushandeln?“ fragte der Soldat in verdrießlich klingendem Tonfall. „Immerhin kommen Sie durch Feindgebiet. Kann ich sicher sein, dass sie nicht Informationen irgendwelcher Art auf diese Weise befördert?“
    „Es geht um etwas Persönliches von ihr. Ein handschriftlicher Gruß, ihr Namenszug...“
    Der Soldat kratzte sich am Kopf und runzelte die Stirn. „Wenn ich es mir recht überlege“, sagte er nach einer Weile, „können Sie sie mit Ihrer TV-Kamera aufnehmen.“
    „Darf sie einen Gruß sprechen?“
    „Ein Wort“, entgegnete er. „Sie darf `Hello´ sagen. Aber nur unter der Bedingung, dass sie sich vorher wäscht und ihre Uniform reinigt so gut es geht.“
    „Danke“, sagte die Journalistin.
    „Sie müssen mich verstehen“, erklärte der Soldat. „Wenn Sie nach Kiseljak zurückkehren und unterwegs in eine serbische Kontrolle geraten, wird man erfahren, wo Sie sind und mit wem Sie gesprochen haben. Wird man Sie nicht sogleich auf mancherlei Art verdächtigen, wenn Sie putzmunter erscheinen und erzählen, Sie hätten mal eben mit islamischem Militär geplaudert und schriftliche Aufzeichnungen von seinem Gefangenen mitnehmen können?“
    „Das ist nicht völlig von der Hand zu weisen“, räumte die Reporterin ein. „Trotzdem...“
    „Man wird Sie fragen, um welchen Preis Sie die Unterlagen haben mitnehmen dürfen. Ich möchte Sie nicht in Verlegenheit bringen, indem ich Ihnen erlaube, ein Schreiben der Pilotin entgegenzunehmen oder mit ihr zusprechen.“
    „Ach, hören Sie doch auf!“ entfuhr es Zudeck-Perron unter dem strafenden Blick seiner Kollegin. „Kommen Sie mir nicht mit solchen Lächerlichkeiten. Wir sind Reporter. Unsere Leser und Zuseher haben ein Recht auf Information erster Wahl.“
    „Die ihren wohlbemessenen Wert hat“, entgegnete der bosnische Soldat und rieb Daumen und Zeigefinger. „Ihre Kollegin hat eben mit mir um ideelle Werte gefeilscht, und wir sind zu einem Handel gekommen, der beiden Seiten gerecht wird. Wenn Sie jetzt Geld ins Spiel bringen wollen, bitte sehr. Wie viel wollen Sie anlegen für ein Foto von der Pilotin?“
    „Ich habe kaum Bargeld mitgenommen“, erwiderte Zudeck-Perron ungerührt. „Aber ich besitze Euroschecks und Kreditkarten.“
    Der Soldat schüttelte sich vor Lachen. „Hauen Sie ab, Mann! Und Ihnen, Frau Reporterin, wird das Mädchen Bescheid geben, wann Sie die gewaschene Fliegerin filmen können. Sie werden zwei Minuten haben, nicht mehr.“ Er tippte lässig an den Helm und wandte sich ab, sein Handy am Ohr.
    „Jesses, Ma-Jo“, stöhnte Zudeck-Perron. „Das ist aber so gar nicht der rebellische Geißentreiber vom Oberkarst, der Brunnenkresse frisst und Holzpfeile im Köcher trägt. Am besten halten wir hübsch den Mund, wenn wir wieder in Sarajevo sind.“
    „Man lernt nie aus“, sagte Anica. Sie bemerkte, dass das Mädchen sich näherte. Mit dem lächelnden Zudeck-Perron verharrte sie schweigend, bis die junge Frau herbeigekommen war.
    „Kako si, efendica?” fragte die schöne Brena und führte die Journalistin zu Mary-Jo. Zudeck-Perron folgte ihnen.
    „Mir geht es gut, Lepa Brena“, antwortete Anica, „aber was wird aus ihr?“
    Mary-Jo erhob sich aus dem Schneidersitz zwischen zwei Bewachern am Rand des Flusses. Das kalte Wasser hatte sie und ihre Fliegermontur halbwegs gereinigt, gleichwohl sah sie missmutig drein, als sie Anica entgegenblickte, die Kamera samt Richtmikrophon in Anschlag brachte.
    Zudeck-Perron hob seinen Fotoapparat, sogleich hielt das Mädchen stumm seine Hand vor die Linse. Resigniert lächelnd ließ er die Arme sinken.
    „Der Soldat hat Sprechverbot erteilt“, wandte Anica sich an das Mädchen. „Doch würde ich ihr gern wenigstens mitteilen, dass ich ihren Mann informieren werde.“
    „Dann sagen Sie es ihr doch“, ermutigte das Mädchen.
Anica trat zu der Gefangenen, schaltete die Kamera ein. „Sobald ich in Sarajevo bin, Mary-Jo, gehe ich zu Burkhart und sage ihm, dass du lebst.“
    „Tell him“, flüsterte Mary-Jo, „that I’m well.”
    „With the compliments of the

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