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African Boogie

African Boogie

Titel: African Boogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Barz
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hielt kurz inne. »Das wäre zumindest die eine Theorie.«
    »Gibt es noch eine andere?«, fragte Katharina überrascht.
    Statt direkt zu antworten, hob er vorsichtig das Tuch von einer Seite des Leichnams und zog einen Arm hervor: »Schauen Sie!«
    Der Haut des Arms war leicht gebräunt. Deshalb traten die dünnen, weißen Striche umso deutlicher hervor.
    »Ist das das, was ich denke?«, fragte Katharina.
    »Ja. Sie hat sich selbst geschnitten. Mit einer Rasierklinge vermutlich. Und hier …« Er legte den Kopf frei und öffnete den Mund der Toten: »Alle Zähne sind überkront und der Rachen ist ziemlich verätzt. Bulimie, würde ich sagen. Ziemlich lange schon.«
    »Ich habe Ipecac in ihrem Zimmer gefunden. – Und was schließen Sie daraus?«
    »Selbstbestrafung. Wahlloser, vielleicht auch riskanter Sex. Das klingt nach Selbstzerstörungstrip, oder?«
    »Sie meinen, das war Selbstmord?«
    »Oder der Täter glaubt, ihr einen Gefallen getan zu haben. Auf jeden Fall muss er sie sehr gut gekannt haben. Das würde auch erklären, weshalb er nicht mit im Raum war. Oder haben Sie schon mal von einem sadistischen Folterer gehört, der seinen Opfern beim Leiden nicht zusieht?«

Ballade Pour Adrenalin
     
    Katharina hatte nicht schlafen können. Immer wieder schreckte sie der unmenschliche Schrei von Sabrina Jacheau auf, immer wieder sah sie die Bilder der Autopsie vor sich. Die klinische Sauberkeit des Kühlhauses. Die Mordmaschine. Die Narben auf dem Arm der Frau. Irgendwann war sie aufgestanden, hatte sich an den kleinen Schreibtisch in ihrem Bungalow gesetzt und die Spielregeln für das Krimispiel ausgearbeitet. Jetzt saß sie zusammen mit Andreas Amendt im Restaurantpavillon.
    »Wissen Sie schon, was Sie den Gästen sagen werden?«, fragte der Arzt. Zu Antwort zog Katharina ein paar eng beschriebene Blätter aus ihrer Handtasche.
    »Ich werde ihnen so ziemlich die Wahrheit sagen«, erklärte sie. »Die werden das alles für ein Spiel halten. Hoffentlich nehmen sie es dennoch ernst genug. Zwei Wochen Hawaii für zwei Personen sind doch ein guter Preis, oder?«
    »Zwei Wochen Hawaii? Und das macht der Döring mit?«
    »Ich hab’ ihn nicht gefragt. Er hat uns schließlich dieses Spiel eingebrockt.«
    Nach und nach waren die anderen Gäste zum Frühstück eingetroffen; auch das geschickteste Umräumen der Tische hatte nicht verbergen können, dass sich ihre Reihen lichteten. Die sechs Toten hatten eine Lücke in die Gruppe gerissen. Das spürten auch die Gäste. Instinktiv suchten sie sich Plätze am Rand, in geschützten Ecken, bildeten größere Gruppen: Jean-Luc und Christian Kurt hatten sich zu Darissa von Heuth und ihrem Rauschgoldengel gesellt, sehr zu deren Unbehagen. Thorsten Urban und die professionelle Witwe hatten Charlie Buchmann in ihrer Mitte aufgenommen. Sylvia Schubert, wie stets die Nase in einem Buch, saß an einem Tisch mit den beiden älteren Ehepaaren, Gieslers und Kerbels, und Studienrat Leune, der, von allen Ängsten unberührt, über die Sternbilder der Nacht referierte. Nur die Bronskis saßen alleine an einem Tisch und tuschelten. Zuletzt erschien noch das seltsame Ehepaar mit der großen, dominanten Frau und ihrem kleineren Mann. Sie setzten sich zu Dirk-Marjan und Kristina, die in Erwartung des Krimispiels bester Laune war.
    Katharina stieg energisch auf das Podest. Die Gäste sahen missmutig auf. Einmal tief durchatmen und los.
    »So, bevor ich Ihnen die Spielregeln des Krimispiels erkläre, zunächst einmal, was Sie gewinnen können: Die Siegerin oder der Sieger erhält einen Gutschein über eine Reise nach …«, Katharina machte eine Kunstpause und sah aus den Augenwinkeln zu Döring, »Hawaii. Zwei Wochen in einem Fünf-Sterne-Resort für zwei Personen.«
    Döring zuckte zusammen, fing sich aber gleich wieder und warf ihr einen finsteren »Wir sprechen uns noch«-Blick zu. Sollte er doch. Wenigstens hörten die Gäste jetzt aufmerksam zu und wirkten etwas entspannter.
    »Also«, fuhr sie fort: »Jeder von Ihnen erhält zu Beginn einhundert Punkte. Und wer sich von Ihnen vom Mörder erwischen lässt, allein und ohne Zeugen, bekommt hundert Punkte abgezogen. Wer keine Punkte mehr hat, scheidet aus. Außerdem gibt es Punktabzüge für Verspätungen: Wenn Sie zu spät zum Essen oder zu Veranstaltungen erscheinen, kriegen Sie einen Punkt abgezogen. Wenn erst ein Suchtrupp nach Ihnen forschen muss, bedeutet das fünf Punkte Abzug. Wenn Sie alleine angetroffen werden, ebenfalls fünf

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