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Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika

Titel: Afrika im Doppelpack: Vater und Sohn mit dem Rucksack durch Schwarzafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Haas
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Schnappschüsse zu schlafmützig zu sein und bereits ahnte, dass mir alles wieder einmal zu schnell gegangen war.
    „Klar“, behauptete ich leichtfertig, während mein Daumen ein verwackeltes Foto nach dem anderen auf dem Display vorbeizappte. „Schnell hinterher, wir brauchen noch mehr“, versuchte ich, meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen und schubste Michael in Richtung des durch das Unterholz davon schlendernden Fellrückens. „Wer weiß, wann der Nächste seiner Kumpels sich herunter bequemt?“
    Natürlich konnten wir ihn nicht einholen. Wegen der Horde hinter ihm her hetzender Schimpansen-Tracker, die mit ihrer Ausrüstung im Schlepptau mehr stolperten als liefen und eher an eine vollgesoffene Einbrecherbande auf dem Rückweg von Media-Markt erinnerten als an gut situierte Naturliebhaber. Und weil er sich mit einer Anmut, ja, Grazie, durch das Dickicht des Dschungels bewegte, die ihresgleichen suchte und die ich ihm nie und nimmer zugetraut hätte. Lässig wie ein John Wayne der Primaten entzog er sich seinen Häschern. Cool, ästhetisch, unvergleichlich und unvergesslich.
    Amy und Sophie hatten gar nicht erst versucht, hinterher zu kommen. Die beiden zerknitterten Schimpansenmütter waren bei unserer Rückkehr von der Verfolgung gerade damit fertig geworden, sich unter dem Baum mit den meisten Affennestern flink ihr eigenes Nest aus Laub und Moos zusammenzuscharren. Dort betteten sie dann ihre grauen Häupter und beobachteten in Rückenlage das Geschehen über ihnen, oder besser das, was nicht geschah. Denn viel tat sich nicht mehr. Bis es zu regnen begann.
    Aber war es wirklich Regen, was da von oben auf uns herab – tröpfelte? Erst tröpfelte, dann rieselte und schließlich in einem richtigen Schwall auf uns herab plätscherte. Kein Zweifel: Die Schimpansen urinierten. „Pass auf, Michael, die pinkeln herunter, geh weg!“ Meine Warnung kam gerade noch rechtzeitig, um Michael aufzuschrecken. Wie all die anderen brachte er sich mit ein paar Hüpfern flugs aus der Gefahrenzone. Alle anderen schloss wieder einmal Amy und Sophie nicht mit ein. Wie sollte es anders sein? Sie kuschelten in ihrem Nest, das sich – als hätten sie es geahnt – ausgerechnet unter dem Baum befand, den der Affe mit der Blasenschwäche sein Eigen nannte. Seitens Amy und Sophie waren laute Ahhh, yes!-Rufe zu vernehmen, offensichtlich um den ohnehin völlig ungehemmten Affen positiv zu bestätigen. Damit er sich von solch angewiderten Weichei-Touristen, wie wir es waren, nur bloß nicht hemmen ließ. Michael ploppten beinahe die Augen aus dem Kopf, während er mit offenem Mund zu den beiden Extremistinnen starrte. Es hatte etwas Gespenstisches, wie sie so da lagen. Etwas, das nicht nur uns beunruhigte. Um uns herum wurden Köpfe geschüttelt, auf Japanisch getuschelt, Hilfe suchend zu den Rangern geguckt – dem einzigen Orientierungspunkt in dieser fremden Welt. Derweilen wollte die Natursektdusche gar kein Ende mehr nehmen. War in einem Affen wirklich so viel Pisse? Wer weiß, was da noch alles von oben herunter kam. Eines war für Michael und mich jedoch völlig klar: Diesen Ausflug würden wir auch in hundert Jahren nicht vergessen.
     
    Nach der Pinkelattacke in den Tiefen des Kibale Waldes waren wir nicht unglücklich, mit Smart und unseren beiden frisch getauften Schimpansen-Jüngerinnen den Rückweg antreten zu dürfen. Während Michael und ich die letzten Kräfte aufwenden mussten, um Schritt zu halten, kicherten Amy und Sophie in ihrem jugendlichen Überschwang über jeden Schmetterling, der sich auf eine von ihnen niederließ, um aus den uringeschwängerten Joggingklamotten seine überlebensnotwendigen Mineralsalze zu saugen. Als wir in Kanyanchu endlich hundemüde aus der grünen Hölle stolperten, wartete bereits ein über das ganze Gesicht strahlender John auf uns. Sein batteriebetriebenes Kofferradio an das eine Ohr gepresst, drückte er uns mit der freien Hand innig an sein anderes. Ganz so, als hätte es nicht von vornherein zweifelsfrei festgestanden, dass wir tatsächlich zurückkommen könnten. Vielleicht erweckten wir mit unserem ausgepowerten Erscheinungsbild aber auch nur den Eindruck, als ob wir es aus dem Herz der Finsternis nur um Haaresbreite wieder herausgeschafft hätten.
    „Tomorrow relaxin?“, hatte John uns gefragt, als er sein Moped auf dem Parkplatz von Chimps` Nest ausrollen ließ. Als hätte er die Zustimmung bereits an unseren hängenden Augenlidern abgelesen, fuhr er fort: „Relaxin

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