Afrika, Meine Passion
einfach einmal in einer manyattaähnlichen Behausung gesessen haben, damit sie weiß, wie es sich anfühlt, und sieht, wie sie das erste Lebensjahr mit mir verbracht hat. Noch einmal bedankt sich Mama mit lautem »Asche oleng, asante sana«, bevor wir uns für heute von ihr trennen.
W ir verlassen den Kral, der sich bald mit den heimkehrenden Ziegen füllen wird. Dies ist der schönste Moment des Tages. Doch heute haben wir keine Zeit, diesem Ereignis beizuwohnen, da wir unser Camp einrichten müssen. In gut einer Stunde wird es stockdunkel, zumal es in Barsaloi nach wie vor keine Elektrizität gibt. Angesichts der Kinderschar um uns herum frage ich James, ob es sinnvoll wäre, die mitgebrachten Süßigkeiten an die Kinder zu verteilen. »Yes, das ist eine gute Idee. Sie werden sich sehr freuen und dann endlich nach Hause gehen.« Ich drücke Lketinga und James je einen großen Beutel mit Bonbons in die Hand und verteile selber welche. Innerhalb von einer Minute wird es laut und sehr lebendig, weil nun auch andere Kinder aus ihren Hütten dazukommen. Alle haben Angst, leer auszugehen. Da greift James als geübter Schuldirektor durch und fordert, dass sich alle in einer Reihe anstellen, ansonsten gebe es nichts mehr. Es klappt ganz gut, bis sie bemerken, dass sich die Säcke langsam leeren. Immer mehr kleine Hände strecken sich uns drängelnd entgegen und langsam fällt die Reihe wieder auseinander. Es reicht trotz der Riesenpackungen nicht für alle, was mir und vor allem Napirai von Herzen leidtut. Einige der ganz Kleinen können nicht glauben, dass sie kein Bonbon in ihren Händen halten. Ich überlege, ob irgendwo noch welche aufzutreiben sind, aber James lacht und sagt: »Corinne, kein Problem, es würde sowieso nie für alle reichen, denn in Barsaloi gibt es mittlerweile sehr viele Kinder.«
James begleitet uns zur Mission, während Lketinga und Papa Saguna, der fast unbemerkt immer mit dabei ist, auf die heimkehrenden Ziegen warten. Eine von ihnen soll heute unser Abendessen werden und die wollen sie gemeinsam aussuchen. Uns wären natürlich Spaghetti auch recht. Doch es gehört zur Tradition, dass wir als Gäste mit einer geschlachteten Ziege geehrt und willkommen geheißen werden.
Der neue kolumbianische Missionar begrüßt uns herzlich. Er bietet uns Zimmer in der Mission an. Klaus, Napirai und ich nehmen das freundliche Angebot gerne an. Zwar haben wir Zelte mitgebracht, aber im Haus ist es sicher bequemer, zumal dort Dusche und Toilette vorhanden sind. Nur Albert möchte sein Dachzelt auf dem Landrover beziehen. Die Fahrer schlafen sowieso draußen und bewachen die Autos. Während sie das Camp einrichten, trinken wir in der mir von früher bekannten Mission einen Kaffee. Der kolumbianische Missionar unterscheidet sich sehr von Pater Giuliani. Er ist gesprächig und hilfsbereit, allerdings sicher kein Querdenker und unermüdlicher Kämpfer wie Giuliani, der uns bereits morgen besuchen will.
Mittlerweile ist es draußen absolut finster, und plötzlich steht Lketinga in der Tür. Er begrüßt etwas kühl den Missionar und fordert uns auf mitzukommen, da in James’ Haus das Essen bereitsteht. Wir sind also verschont geblieben, der Zeremonie der Ziegenschlachtung beizuwohnen, was besonders Napirai und meinem Verleger Albert entgegenkommt. Mit unseren Taschenlampen folgen wir Lketinga, der leichtfüßig vorausgeht.
James bewohnt noch dasselbe Haus wie vor sechs Jahren, nur die Einrichtung hat sich verändert. In dem einfachen Zementsteinhaus, das mit seinem Wellblechdach einer Arbeiterbaracke ähnelt, befinden sich drei Räume: eine kleine Küche mit Geschirr, Töpfen und einem Gaskocher, ein Schlafraum, den er sich mit Stefania und den zwei jüngsten Kindern teilt, und als größter Raum das Wohnzimmer. Die älteren Kinder schlafen in einem separaten »Kinderhaus«, das direkt neben dem Haupthaus gebaut wurde. Stolz zeigen sie uns später ihr Reich, in dem es sicher oft lebhaft zugeht.
Wir sitzen nun verteilt im Wohnraum, der mit zwei Sofas, Regalen, einigen Stühlen und einem kleinen Tisch eingerichtet ist. Ein Teil der Wände ist kunstvoll mit großformatigen Landschafts- und Tiermotiven bemalt. James erklärt stolz, das sei das Werk eines seiner ehemaligen Schüler.
Auch unsere zwei Fahrer sind zum Essen eingeladen. Sie wissen nichts von meiner Geschichte und warum wir eigentlich hier sind. Stefania bringt uns wunderbaren Reis mit Ziegenfleisch, Gemüse sowie eine Platte mit gegrillten
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