Afrika Saga 02 - Feuerwind
Ingobamakhosi.
Tief in Gedanken strich Stefan über den matten Glanz des Holzkreuzes. Es hatte einen Riesenaufruhr in der Kolonie gegeben, als diese Neuigkeit über Zululands Grenze sickerte, und Theophilus Shepstone hatte in einer vehement formulierten Botschaft an Cetshwayo eine Erklärung verlangt, die er durch einige Männer nach Ondini bringen und dort ausrichten ließ.
Was er entweder nicht wusste oder sich nicht darum kümmerte, vielleicht sogar bewusst einsetzte, war der unglückliche Umstand, dass einer der Boten Matshonga war, ein Erzfeind Cetshwayos, der unverzüglich als Verräter vom Leben zum Tode befördert werden würde, sollte er sich Ondini nähern. Aber in diesem Fall schützte ihn sein Status als Regierungsbote aus Natal. Der Ton der Botschaft, die von Matshonga verkündet wurde, und die Tatsache überhaupt, dass man Matshonga als Gesandten gewählt hatte, empfand König Cetshwayo als tiefe persönliche Beleidigung.
Er sandte einige seiner Indunas mit einer außerordentlich scharfen Antwort nach Natal. Die Botschaft wurde mündlich an den Minister für Eingeborenenangelegenheiten übermittelt und dann von ihm oder einem seiner Untergebenen niedergeschrieben. Jeder, der in dieser Nachrichtenkette mitwirkte, hatte wohl dem Wortlaut seine eigene Färbung gegeben. Vielleicht um sich wichtig zu machen, oder aus Unkenntnis der Zulusprache, das wird nie geklärt werden können.
Stefan war mit seinem Vater dabei gewesen, als Shepstone dieses Dokument in kleiner Runde vorlas.
Shepstone stand am Fenster, um besser lesen zu können. »Hier, hören Sie sich das an, was der König zu sagen hat. Es ist wirklich unglaublich«, rief er. Sein Gesicht drückte höchste Empörung aus, als er begann. »›Habe ich je Mr Shepstone versprochen, dass ich nicht töten würde‹, schreibt der König, ›ich töte, aber bin nicht der Ansicht, dass ich bis jetzt wirklich getötet habe.‹ - Das ist ja …!« Shepstone fehlten die Worte, und er ließ das Papier sinken, nahm es dann aber wieder auf. »›Warum regen sich die Weißen über Nichtigkeiten auf?
Ich habe noch gar nicht angefangen, wirklich zu töten. Das ist das Brauchtum unseres Volkes, und ich werde nicht davon abweichen!
Meine Leute gehorchen nicht, es sei denn, sie wissen, dass sie sonst den Hyänenmann treffen werden‹, sagt Cetshwayo - dummer Ausdruck das, Euphemismus für Mord«, knurrte Shepstone und ließ seinen Blick über das Dokument gleiten. »Weiter unten dann schreibt er: ›… und habe ich die Engländer nicht seit dem Tode meines Vater Mpande gebeten, mir zu gestatten, meine Speere in Blut zu waschen, und haben sie nicht mit mir gespielt, haben mich wie ein Kind behandelt?‹«
Shepstone schwenkte das Dokument. »Hier, das ist der letzte Satz von diesem schwarzen Bastard.« Theatralisch hob er seine Stimme.
»›Der Gouverneur von Natal und ich sind gleich; er ist der Gouverneur von Natal, und ich bin Gouverneur meines Landes, Zululand. «‹
Stefans Vater hatte damals mit milder Stimme darauf hingewiesen, dass Cetshwayo durchaus Recht hatte. Er war der absolute König der Zulus, und sein Wort war Gesetz. So war die Lage, und man konnte Cetshwayo nicht dafür verurteilen, dass er gemäß der Gebräuche seines Volkes regierte.
Damals hatte Stefan seinem Vater zugestimmt. Jetzt aber war die Lage anders. Lulumani war seine Frau, er war Weißer, und sie war ihm von dem König in seine Obhut übergeben worden. Sie unterlag nicht mehr den Gesetzen der Zulus, und deswegen war das, was Cetshwayo angeordnet hatte, in seinen Augen ein Verbrechen.
Der Vorfall, der als die Hochzeit von Ingcugce in die Geschichte eingegangen war, war bis heute nicht vergessen, die Empörung schwelte noch immer unter der Oberfläche. Gouverneur Bulwer hatte damals nur mühsam einige Hitzköpfe davon abhalten können, sofort aufzubrechen und über die Zulus herzufallen. Vielleicht konnte er sich gerade das zunutze machen. Es bedurfte sicherlich nur einiger Bemerkungen in den richtigen Ohren, und das Feuer würde wieder auflodern. Sollte er ein paar dieser Männer für sich gewinnen und gemeinsam nach Ondini ziehen?
Grübelnd trocknete er seine verschwitzten Hände an seiner Hose ab, schnitzte mit einem feinen Messer ein Herz unter Lulamanis Namen und schliff liebevoll die Kanten mit der Haifischhaut seidenglatt. Dort, wo ihr Kopf zum Sonnenaufgang zeigte, würde er es aufstellen und einen Baum pflanzen, der bald seine schützenden Zweige über sie breiten würde,
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