Afrika Saga 02 - Feuerwind
streichelten sie.
»O Leon!« Maria verdrehte die Augen. So etwas hatte sie sich in den letzten drei Wochen ständig anhören müssen. Es war wie zu süßer und zu klebriger Sirup. Nur gut, dass sie ihre geradezu unstillbare Leidenschaft für Sirup, klebrig, süß und möglichst viel davon, entdeckt hatte.
Die Ankerkette rasselte, das Heck schwang herum, Seile wurden geschleudert und von muskulösen Hafenarbeitern an Land aufgefangen, die Schiffsschrauben liefen langsamer und stoppten. Die Gangway wurde angelegt. Neugierig schaute Maria hinunter auf den Pier. Kutschen waren vorgefahren, Leute winkten, aber ein Mann drängte sich rücksichtslos durch die Menge und schob sich gegen den Strom der an Land gehenden Passagiere an Bord.
»Welch ein Rüpel«, kommentierte sie und zeigte auf ihn.
Leon spähte hinunter. »Ach herrje, das ist Böttcher, der Agent meines Vaters. Er hat ein ganz rotes Gesicht. Er muss schrecklich echauffiert sein. Mein Vater scheint ihm eine inhaltsvolle Depesche geschickt zu haben.«
»Was wird der wollen? Das kann nur Unangenehmes bedeuten.«
Besorgt schaute sie ihn an.
Leon wedelte mit einer Hand. »Mein Vater wird ihm ein Dutzend Telegramme geschickt und ihn völlig verrückt gemacht haben«, spottete er. »Pass auf, er wird sagen, dass ich auf der Stelle umkehren muss, dann würde mir verziehen, sonst enterbt er mich, und das auch auf der Stelle. Vermutlich droht er mir noch ewige Verdammnis an.«
Erwartungsvoll sahen sie dem Mann entgegen.
»Einen guten Morgen, Herr Mellinghoff.« Herr Böttcher wischte sich mit einem großen Taschentuch schwer atmend die Schweißperlen vom Gesicht. »Gnädiges Fräulein.« Er verbeugte sich knapp vor Maria.
»Können wir unter vier Augen sprechen?«, wandte er sich wieder an Leon. »Was ich Ihnen zu sagen habe, ist privat.«
Leon zog Maria an sich. »Sagen Sie es nur, lieber Böttcher. Nur zu, immer frisch von der Leber. Die Dame kann alles hören, ich habe keine Geheimnisse vor ihr.«
Der Agent presste die Lippen zusammen, dann zuckte er die Achseln. »Nun gut. Wie Sie es wünschen. Also, Ihr Herr Vater bittet mich, Ihnen mitzuteilen, dass Sie auf der Stelle nach Hamburg zurückkehren sollen …«
»… dann wird er mir verzeihen, und sonst werde ich enterbt und in der Hölle schmoren?«, ergänzte Leon den Satz. »Sagen Sie ihm, ich werde zurückkehren, aber erst wenn ich mich hier als Arzt etabliert habe.«
»Aber …«
»Mehr habe ich nicht zu sagen, danke, Herr Böttcher. Komm, Maria, wir wollen an Land gehen.« Damit nahm er Maria am Arm und strebte an dem Mann vorbei mit ihr der Gangway zu. Nach ein paar Schritten drehte er sich noch einmal zu dem Agenten um. »Ach, Herr Böttcher, bitte grüßen Sie meine Eltern und besonders meine Schwestern von Herzen, wenn Sie ihnen telegrafieren. Sagen Sie ihnen, dass ich sehr glücklich bin. Glücklicher als je zuvor in meinem Leben. Vergessen Sie das bitte nicht. Das ist eine Order.«
Zu Stefans Verdruss ritt nachmittags auch noch Dan de Villiers auf den Hof. Der Schlangenfänger war der ständige Begleiter seiner Kindheit gewesen, voller Schnurren und Anekdoten, und hatte ihm unter anderem alles über Schlangen beigebracht, und für gewöhnlich hätte er ihn mit offenen Armen begrüßt. Aber heute würde er unbequeme Fragen nach Lulamani stellen, das wusste er, denn Dan mochte sie sehr, nannte sie seine kleine Mohrenpuppe, brachte ihr jedes Mal ein Geschenk mit, und Lulamani lachte über seine Scherze.
»Seid gegrüßt, Herr von Inqaba«, dröhnte Dan und nahm mit den verbleibenden drei Fingern seiner linken Hand den Schlapphut mit dem buschigen Wildkatzenschwanz ab. Den Zeigefinger hatte er sich einst selbst abgehackt, als ihn eine Puffotter gebissen hatte. So hatte er verhindert, dass das Gift sich im Rest seines Körper verteilte.
Danach hatte er jeder Schlange den Krieg erklärt und war bald der beste Schlangenfänger der Kolonie. Manche behaupteten sogar, dass es in ganz Afrika keinen Mann gab, der besser war. Er hatte eine besondere Weise, die Häute weich und geschmeidig zu machen, und die erreichten Spitzenpreise in den europäischen Großstädten. Bei den Londoner Dandys und Pariser Fatzkes, wie er sich prägnant ausdrückte. Jetzt nahm er den Hut ab. Er schüttelte seine zottige Haarmähne.
Stefan hielt die Luft an. Der Schlangenfänger musste längere Zeit im Busch gewesen sein. Er stank wie ein Warzenschwein und war behaart wie ein Löwe, sein Bart dicht genug für mehrere
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