Afrika Saga 02 - Feuerwind
Mal ein Mann, wer es aber war, konnte Catherine, die auf das Menschenknäuel zurannte, nicht unterscheiden. Lilly war auf den Rücken gefallen, Gesicht, Hals Brust, alles war schwarz und mit Wunden übersät, Nicholas Willington kniete daneben auf dem Boden und presste beide Hände um seinen stark blutenden Fuß, Andrew lag still und äußerlich unverletzt neben dem Rad seines Planwagens, nur sein Kopf war merkwürdig verdreht.
»Nicholas, was ist geschehen?« Benita Willington stürzte aus Stefans Zelt.
»Der Schuss ging los, und dann schien das Gewehr zu explodieren«, quetschte Nicholas zwischen den Zähnen hervor, »ich wurde am Fuß getroffen, stolperte, fiel gegen Mr Sinclair, der wiederum auch stolperte und gegen das Wagenrad knallte. Er ist wohl bewusstlos.«
Er zuckte hilflos die Schulter. »Es ging so rasend schnell … Was ist mit Mrs Sinclair?«
Catherine beugte sich über ihre Freundin. »Lilly, hörst du mich?
Kannst du antworten?« Aber die einzig sichtbare Reaktion war ein Flattern der Lider. »Es geht ihr nicht gut … Wenn doch nur Maria und Leon schon hier wären. Er ist Arzt«, sagte sie und hob das geborstene Gewehr auf, das neben ihrer Freundin im Staub lag, zuckte zurück, als sie den Lauf versehentlich berührte. »Es ist glühend heiß … Was ist nur damit passiert?«
Nicholas Willington nahm es ihr ab und untersuchte es, peilte über Kimme und Korn. »Der Lauf ist verbogen. Jemand hat das Gewehr manipuliert, damit es nach hinten losgeht und derjenige, der es abschießt, die volle Ladung ins Gesicht bekommt.«
»Es … war … Andrew … seine Gewehre.«
Catherine fuhr herum und ging neben Lilly auf die Knie. »Sei still, Liebe, sprich jetzt nicht, gleich kommt Hilfe …« Ihre Stimme erstickte in plötzlichen Tränen, als sie erkannte, wie es um ihre Freundin wirklich stand.
Diese wehrte sich mit schwachen Bewegungen. »Du … verstehst … nicht … Andrew hat Lulamani … an Cetshwayo verraten … Stefan …«
Wie vom Donner gerührt starrte Catherine sie an. Endlich fand sie ihre Stimme wieder. »Stefan!«, schrie sie. »Willst du sagen, dass das, was ihm geschah, Andrews Schuld ist?«
Lilly fand nur noch die Kraft für ein Wort. »Ja.« Dann schlossen sich ihre Lider wieder. Sie erfuhr nie, dass Andrew sich bei dem Sturz das Genick gebrochen hatte. Sie starb in Catherines Armen, ohne das Bewusstsein noch einmal wiedererlangt zu haben. Weiß vor Schock standen Catherine und Benita vor dem Lager der Toten. Mit einer weichen Geste legte Catherine ihrer Freundin die Hand auf die Augen, strich ihr die blutverschmierten Locken aus dem Gesicht und faltete mit liebevoller Geste die Hände der Toten. Dann holten sie Nicholas Willington.
Er humpelte, stützte sich dabei auf eine provisorische Krücke, die Solozi aus einem kräftigen, gegabelten Ast geschnitten hatte. Durch den dicken Verband an seinem linken Fuß sickerte Blut. »Ist sie …?«
Als seine Schwester nickte, bekreuzigte er sich. »Wir müssen sie und ihren Mann noch heute begraben. Wir können sie nicht mit nach Durban nehmen. Es dauert zu lange und es ist zu heiß …« Er machte eine hilflose Handbewegung.
Catherine und seine Schwester nickten stumm.
Nicholas Willington gab den Befehl, am Rand des Zeltplatzes ein Doppelgrab auszuheben, ein hartes Unterfangen, denn der Grund war steinig und trotz der vorangegangenen Regenfälle nur an der Oberfläche weich. Die Schwarzen arbeiteten abwechselnd mit Spitzhacke und Spaten, bis das Grab so tief war, dass kein Raubtier es aufgraben würde, und so breit, dass das Ehepaar nebeneinander liegen konnte.
Catherine und Benita wuschen Lillys Leiche, bekleideten sie und nähten sie dann in Laken ein. Alle versammelten sich, um die Toten zur Ruhe zu betten, und auch Georgina Mercer erschien, sich dramatisch schluchzend auf einen der englischen Safarigäste stützend. Catherine warf ihr einen einzigen Blick zu, der die Frau auf der Stelle dazu veranlasste, sich in gebührende Entfernung vom Grab zurückzuziehen und ihr Schluchzen weitgehendst zu unterdrücken.
Sechs Zulus ließen die in Zeltplane gewickelten Leichen von Lilly und Andrew Sinclair an langen Stricken hinunter in ihr gemeinsames Grab. Dann traten sie zurück. Catherine und Benita lauschten mit gesenktem Kopf, als Nicholas Willington einen Psalm las. Dann beteten sie.
Catherine, noch so geschockt, dass sie nicht einmal weinen konnte, trat als Erste hervor und ließ eine Hand voll der steinigen, rostroten Erde auf
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