Afrika Saga 02 - Feuerwind
es nur der Ancishana, der kleine Krug, trink ihn aus und geh, du bist unerwünscht. Bietet man dir allerdings nichts an, lauf, so schnell du kannst, denn eigentlich bist du schon tot, und wozu sollte man gutes Bier an einen Toten verschwenden.«
Was sollte er tun? Spionieren? Niemals, dachte er, um nichts in der Welt will ich zwischen die Fronten geraten. Seine Gedanken entwischten ihm, er fragte sich, wo Catherine sich jetzt aufhielt, stellte sich vor, was sie jetzt machte. Die Vision, die in seinem Kopf flackerte, veranlasste ihn, diese Vorstellung entschlossen wieder auszulöschen. Jetzt nicht, dachte er, ich darf jetzt nicht daran denken, wie es um sie steht. Wenn ich hier nicht die richtigen Worte finde, ist es um uns beide geschehen. Er konzentrierte sich. Es kam jetzt nur darauf an, dass er seine Worte so wählte, dass sich König Cetshwayo seinen Argumenten öffnete.
»Ich kann nicht deine Augen sein, und auch nicht deine Ohren. Ich würde mein Volk verraten und ich bin kein Verräter.« Er machte eine Pause, wusste, dass er nicht unterbrochen werden würde. Der König würde ihm Zeit geben, bis er seine Gedanken ausgesprochen hatte.
Sorgfältig legte er sich die Worte zurecht, dann fuhr er fort: »Aber ich werde mein Wissen, das ich von dir, Nkosi, von allem, was ich je über das große Volk der Zulus erfahren habe, in mir begraben. Für immer.
Außerdem wird keiner meiner Leute reden oder handeln. Ich werde mich zurückziehen und warten.«
Nun wurde das Schweigen tiefer als die tiefste Stelle im Ozean. Auf eine kaum merkliche Handbewegung des Königs hin trat eine junge Frau mit einem großen, aus Palmfasern geflochtenen Wedel vor und wedelte die Fliegen fort, die nicht nur den König plagten. Unter schweren Lidern musterte er den Weißen. Er kannte ihn, seit er ein junger Mann war, und er schätzte ihn weil Jontani einem Mann ins Gesicht sah, wenn er mit ihm sprach, und sein Herz furchtlos und ohne Arg war, und weil er sein Land und die Menschen, die darauf lebten, mit Respekt behandelte. Von ihm erwartete er keinen Verrat.
»Meine Krieger sind hungrig«, stellte er endlich fest.
Johann warf ihm einen schnellen Blick zu, wie das Hervorschnellen einer Chamäleonzunge. Sein Herz tat einen Sprung. Der König hatte ihm den Ausweg gezeigt. »Ich wollte den dritten Teil meiner Rinder wieder nach Inqaba treiben. Das Gras dort ist besonders fett«, antwortete er prompt.
»Wie steht dein Mais?«, wiederholte der König seine Frage von vorhin.
»Er muss schnell geerntet werden«, sagte Johann, sah das kurze Zucken der königlichen Augenlider, und wäre vor Erleichterung fast zusammengebrochen. Ohne dass er ein Zeichen des Königs bemerkt hatte, näherte sich ihm eine junge Frau auf Knien und brachte ihm einen Ukhamba mit schäumendem Bier dar. Er packte den tönernen Krug mit beiden Händen, trank die hellgoldene Flüssigkeit und war überzeugt, dass ihm in seinem Leben noch nie ein Bier besser gemundet hatte.
Doch eines musste er klären. Er blickte dem König in die Augen.
»Nkosi, man hat mir von Tulani berichtet.«
»Ah, Tulani«, sagte Cetshwayo und bekam einen brütenden Gesichtsausdruck. Seine Worte kamen langsam und schwer. »Er drängt mich, Sihayo ka Xongo und seine Söhne an den Gouverneur von Natal auszuliefern, damit sie nach dem Gesetz der Weißen bestraft werden, obwohl sie Zulus sind und meinem Gesetz unterstehen. Das habe ich abgelehnt.« Er kehrte seinen Blick nach innen und schwieg. Johann wartete geduldig, bis er seinen Gedankenfaden wieder aufnahm.
»Nun berichten mir meine Augen und Ohren, dass Tulani Kampande sich unter den Mantel der weißen Königin begeben will.
Dafür bietet er seine Männer als Soldaten an. Er will seine Hände auf mein Land legen. Baue ich auf Tulanis Loyalität, baue ich auf Treibsand, und wenn ich seinem Drängen nachgebe und Sihayo ka Xongo den Briten übergebe, bin ich wie ein Löwe, der vor dem jungen Herausforderer zurückweicht. Man würde ihn zerfleischen.« Er machte eine lange Pause, in der er Johann nicht aus den Augen ließ.
»Nun biete ich dir meinen Schutzmantel für das Land, das du Inqaba nennst«, wiederholte er.
Danke, Gott, dachte Johann. Danke.
»Yabonga gakhulu, Ndabezitha«, sagte er und erwies dem Zulukönig seine Reverenz. Er erhob sich, um rückwärts und gebückt die Hütte zu verlassen. Aber es war noch nicht zu Ende.
»Ein Geschenk von mir gehört dem Beschenkten. Ich kann meine Hand nicht darauf legen.« Die Worte des
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