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Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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und gleich darauf jagte das kronprinzliche Gefährt in halsbrecherischer Geschwindigkeit die Straße hinunter und entschwand.
    Nicht einmal in ihren schlimmsten Albträumen hätte Frau Mellinghoff sich eine derartige Situation ausmalen können. Sie versuchte in Ohnmacht zu sinken, aber es klappte nicht. Daraufhin schloss sie einfach die Augen und ließ sich hintenüberfallen. Sollten andere mit dieser Situation fertig werden.
    Es nützte nichts, dass sich die ganze Sache nach einer Stunde intensiven Verhörs der vermeintlichen Attentäterin mithilfe der Aussage des Wachtmeisters aufklärte und Maria entlassen wurde. Es half dem Zustand Elises Mellinghoffs entschieden ebenfalls nicht, dass Uniformierte ihre angeheiratete Nichte im Haus Berthold Mellinghoffs ablieferten, weithin sichtbar für die glotzende Menge.
    »Es wäre besser gewesen, die Gardisten hätten sie gleich erschossen und mich am besten auch«, stöhnte Elise Mellinghoff, als sie, endlich vor fremden Blicken gefeit, im Haus vorsichtig die Augen wieder öffnete. »Ich werde nie wieder einen Fuß auf die Straße setzen können, und keine zehn Pferde könnten mich zu dem Empfang morgen schleifen, wenn man uns nicht sowieso längst von der Liste gestrichen hat. Mein Leben ist zu Ende.«
    Ludovig Mellinghoff befahl der Haushälterin seines Bruders, seiner Frau einen großen Cognac zu bringen, träufelte eine großzügige Menge Laudanum hinein, wachte darüber, dass sie das Glas bis auf den Grund leerte, und verschaffte sich auf diese Weise für einige Stunden Ruhe.

10
    Am Abend dieses schrecklichen Tages, nach einem in schwerem Schweigen eingenommenen Abendessen, an dem Maria, deutlich isoliert, am unteren Ende des Tischs Platz nehmen musste, was sie allerdings nicht weiter störte, erhob sich Ludovig Mellinghoff.
    »Maria, ich möchte mit dir sprechen. Allein.« Mit grimmiger Miene hielt er die Tür zum Herrenzimmer seines Bruders auf.
    Maria schob ihren Stuhl zurück, erhob sich und ordnete die Falten ihres hochgeschlossenen, kupferfarbenen Kleids. »Bitte entschuldigt mich«, sagte sie und nickte allen zu.
    Elise Mellinghoff lag bleich, ein Riechfläschchen umklammernd und mit kühlenden Umschlägen auf ihrem dröhnenden Kopf, auf der Chaiselongue, das Tablett mit ihrem Essen stand unangetastet auf dem Beistelltischchen. Matt hob sie abwehrend die Hand. Sprechen konnte sie nicht. Leonore und Luise warfen ihrer entfernten Cousine unter gesenkten Lidern mitleidige Blicke zu.
    Leon streifte Marias Finger mit seinen und lächelte ihr in die Augen.
    »Courage, Courage, es sind nur Worte«, flüsterte er.
    Maria nickte dankbar und schritt erhobenen Haupts durch die aufgehaltene Tür in das düstere Herrenzimmer. Eine Wolke von schalem Zigarrenrauch schlug ihr entgegen, die hohen Bücherwände vermittelten ein bedrückendes Gefühl der Enge. Sie fragte sich, ob die Folianten akademische Bildung vortäuschen sollten, die, wie sie wohl wusste, weder Ludovig noch Berthold Mellinghoff besaß, da es bekannt war, dass beide schon früh und ohne Schulabschluss ins Handelshaus ihres Vaters eingetreten waren.
    »Wie man bei uns Hanseaten zu sagen pflegt, wenn der Sohn zu dumm fürs Kontor ist, lassen wir ihn Arzt oder Pastor werden«, hatte Ludovig Mellinghoff ihr gleich nach ihrer Ankunft erzählt und vergnügt auf seiner Zigarre gekaut. »Mich hat mein Vater schon mit fünfzehn ins Kontor geschickt.«
    Ihre Frage, warum dann Leon Medizin studiert hatte, wurde mit einem Knurren quittiert, und sie schnitt dieses Thema wohlweislich nie wieder an.
    Kerzengerade stand sie im Zimmer und wartete, bis Ludovig Mellinghoff die Tür hinter sich geschlossen und die dunkelroten Portieren vorgezogen hatte. Doch ehe sie etwas sagen konnte, hob er gebieterisch, aber beherrscht die Hand.
    »Es reicht nun, Maria. Es ist effektiv genug. Kaum kann ich meiner Empörung Ausdruck verleihen, so stark ist sie. Ich kann nicht weiter dulden, dass du meine lieben, unschuldigen Töchter verdirbst, um gar nicht davon zu reden, welches Bild du Leon bietest. Das Schlimmste jedoch ist, dass du unseren guten Namen mit deinem unerhörten Betragen heute auf eine Art besudelt hast, dass ich befürchte, irreparablen Schaden in den Augen der Gesellschaft davongetragen zu haben. In Rostock und auch Hamburg, wohin die Kunde ohne Zweifel schon gedrungen sein dürfte, wird unser Name bis in alle Ewigkeit mit dieser schändlichen Tat verbunden sein, von dem wirtschaftlichen Schaden gar nicht zu reden, denn kein

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