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Agent der Sterne

Titel: Agent der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Scalzi
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geschieht noch etwas ganz anderes – ihre Persönlichkeiten verschmelzen miteinander. Die Yherajk verbinden sich zu einer großen Masse, und dabei übertragen sie nicht einfach nur Informationen oder eine »Seele« von einem Körper auf einen anderen, sondern die individuellen Seelen interagieren innerhalb der vereinigten Gesamtmasse. Dabei dominieren verschiedene Teile der verschiedenen Persönlichkeiten.
    Nachdem sich das Verhältnis dieser Teile eingepegelt hat, spaltet sich die Masse wieder auf. Eine dieser Hälften teilt sich erneut und wird zu den ursprünglichen Yherajk, die die Verbindung eingegangen sind. Sie besitzen die gleichen Persönlichkeitsmerkmale und Erinnerungen, sind aber körperlich kleiner als zuvor. Der übrige Teil wird zu einer völlig neuen Persönlichkeit. Er hat die Erinnerungen und den Intellekt seiner Eltern, ist aber mit einer ganz neuen »Seele« ausgestattet, wenn man so will, die aus den verschmolzenen Persönlichkeiten entstanden ist. Dieses Individuum kommt fertig auf die Welt, denn bei den Yherajk gibt es keine Kindheitsphase.
    Diese Verschmelzung ist nicht einfach. Die betreffenden Yherajk müssen bereit sein, ihren freien Willen aufzugeben, und zulassen, dass sich ein zweites Wesen, eine andere Seele ungehindert mit ihrer vermischt. Diese andere Seele liefert sich genauso offen aus – es ist eine vollständige Vereinigung. Doch das kann auch eine große Gefahr in sich bergen. Wenn ein Yherajk sich völlig preisgibt und der andere Yherajk unlautere Absichten hat, kann dieser die Persönlichkeit des anderen überwältigen und vernichten, um sie durch seine eigene zu ersetzen. Das wird als »Seelentod« bezeichnet, und ein solcher Seelenmord wird als das schlimmste Verbrechen betrachtet, das ein Yherajk einem Artgenossen zufügen kann. Das Widerstreben der Yherajk, über ihre Fortpflanzung zu sprechen, geht zum Teil darauf zurück, dass aus einer vollkommenen Vereinigung schlagartig eine totale Vergewaltigung werden kann.
    Aber so etwas geschieht nur selten – viel seltener, als Menschen Morde begehen. In den meisten Fällen ist es ein sehr beglückendes Erlebnis – anscheinend viel besser als Sex für uns.
    Das Interessante daran ist, dass eine Fortpflanzung in der Regel zwischen zwei Yherajk stattfindet, theoretisch aber genauso gut mit drei, vier oder noch mehr Partnern vollzogen werden kann. Eine solche Verschmelzung ist wesentlich komplexer, und es dauert viel länger, bis sich die Persönlichkeitsteile neu verbunden haben, aber es ist durchaus möglich. Gwedif erzählte mir, dass es in einem ihrer großen Gedächtnisepen um eine Kolonie von Yherajk geht, die angegriffen wurde, woraufhin sich sämtliche Artgenossen zusammentaten, in der verzweifelten Hoffnung, einen Helden hervorzubringen, der sie vor der Vernichtung rettet. Die Kolonie bestand aus vierhundert Individuen. Es hat funktioniert – offensichtlich hat es funktioniert. Andernfalls würde es dieses Epos nicht geben. Seit Jahrtausenden, zum Teil aus Respekt vor diesem Epos, blieb dieser Rekord ungebrochen.
    Der Ientcio der Ionar hatte geplant, diesen Rekord zu übertreffen. Er schlug vor, es mit zweitausend Individuen zu machen – der gesamten Besatzung der Ionar. Plus einem Menschen.

    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das verstanden habe«, sagte ich zu Gwedif, nachdem er mir den Vorschlag des Ientcio übersetzt hatte.
    »Der Ientcio bittet dich, mit uns zu verschmelzen«, erklärte Gwedif. »Vereinige dein Wissen mit unserem und hilf uns, einen neuen Yherajk hervorzubringen – einen, der eine tiefere Kenntnis der Menschen hat, durch den sich schneller und leichter ergründen ließe, ob sich unsere zwei Völker in Freundschaft verbinden können. Das wäre ein großes Geschenk – und wir würden uns für immer an dich erinnern, nicht nur als unseren ersten menschlichen Freund, sondern auch als Elternteil, den bedeutendsten Elternteil des größten Yherajk in der Geschichte unseres Volkes. Und das wird er sein – jemand, zu dessen Erschaffung sich zweitausend von uns hingegeben haben. Das wäre ein unglaublich mächtiges Ereignis.«
    Ich blickte auf die Masse der zweitausend Yherajk, die ganz offensichtlich darauf warteten, dass ich etwas sagte. Irgendetwas. Tom, ich hatte Lampenfieber. Aber ich konnte mich nirgendwohin flüchten.
    Ich spielte auf Zeit. »Ich weiß nicht, ob es euch aufgefallen ist«, sagte ich, »aber ich bin kein Yherajk. Wir Menschen neigen nicht zu dieser Art von Verschmelzung.«
    »Der

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