Agenten kennen kein Pardon
sofortige hermetische Abschließung des ganzen Gebietes von Los Alamos. Es war, als habe man in einen Ameisenhaufen getreten. Aus den Schluchten und Cañons quollen die Truppen und Polizeiformationen hervor. In Santa Fé kämmte die Kriminalpolizei alle Hotels und Herbergen durch, um Anhaltspunkte des rätselhaften Verschwindens zu bekommen.
Prof. Dr. Paerson stand erschüttert und keines Wortes fähig vor der offenen Tür des leeren Wagens. Dr. Bouth hatte die Hände in die Taschen gesteckt und biß die Lippen aufeinander.
»Sie wollte nach Santa Fé und sich ein Brautkleid aussuchen«, sagte er nach einer Weile, als müsse er damit alles erklären. »Ich lieh Mabel meinen Wagen. Es ist mir alles rätselhaft.«
»Der Wagen ist in Ordnung.« Der untersuchende Polizeichef kroch aus dem Auto. »Benzintank ist gefüllt, Motor ist vollkommen intakt. Es kann sich nicht um eine Panne gehandelt haben. Auch sind keinerlei Anzeichen von Gewalt festzustellen. Fräulein Paerson muß den Wagen freiwillig verlassen haben und – anders ist gar keine Erklärung möglich – in einen anderen Wagen umgestiegen sein.«
»Aber das ist doch Irrsinn!« schrie Dr. Bouth. »Warum sollte sie in einen anderen Wagen steigen, wenn mein Wagen völlig in Ordnung ist?«
»Vielleicht traf Fräulein Paerson eine Bekannte?«
»Und läßt meinen Wagen einfach auf der Straße stehen?«
Der Polizeichef nickte. »Das ist ja das Rätselhafte.« Er blickte zur anderen Straßenseite, wo einige Beamte mit hochempfindlichen Folien die Spuren des russischen Cadillac von der Straße abzogen. »Eines ist gewiß, dort, gegenüber Ihrem Wagen, Dr. Bouth, parkte seit längerer Zeit ein anderer Wagen. Sehen Sie den kleinen Ölfleck, die deutlichen Reifenspuren in dem Staub? Es scheint so, als habe der Wagen auf Fräulein Paerson gewartet.«
Prof. Paerson schlug die Tür des Wagens zu und wandte sich ab. »Es sind alles nur Vermutungen«, sagte er mit schwacher Stimme, der man anmerkte, wie sehr ihn dieser Vorfall innerlich ergriff. »Man weiß nichts, man hat nichts gesehen.« Er sah Dr. Bouth an, als wolle er bei ihm Hilfe suchen. »Mabel ist nicht mehr da … Mabel …« Die Stimme versagte ihm. Er drehte sich herum und verließ die Gruppe Männer. Allein, wie ausgestoßen, ging er über die helle Straße und stellte sich an seinen Wagen, den Rücken den anderen zugewandt.
Dr. Bouth ballte die Fäuste. Seine Ohnmacht kam ihm erschreckend zum Bewußtsein.
Wie kann ein Mensch auf einer so belebten Straße verschwinden? Am hellen Tage verschwinden?
Ohne Spur? Ohne Grund? Ohne den kleinsten Anlaß?
Ein Mädchen, das keine Feinde hat.
»Versuchen Sie alles, was möglich ist«, sagte er zu dem Polizeichef. Dann ging er zu Prof. Paerson und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Kommen Sie«, sagte er leise, als der alte Mann zusammenzuckte. »Wir können hier nichts mehr tun.«
Prof. Paerson sah Dr. Bouth groß an. In seinen Augen stand dunkel die Angst vor einem Etwas, das er nicht auszusprechen wagte.
»Mabel hatte recht«, sagte er leise. »Die Atome werden Opfer fordern. Sie ist das erste.«
»Wie meinen Sie das, Herr Professor?« Dr. Bouth starrte seinen Chef an. »Glauben Sie, daß man Mabel …?«
Paerson wischte mit der Hand durch die Luft. »Warten wir ab, Dr. Bouth, warten wir ab … Ich habe nie damit gerechnet, wie gemein die Menschen sein können.« Sein Körper fiel zusammen, er wurde noch kleiner, als er von Natur aus war. Es sah aus, als krieche er in sich zusammen, als griff eine große Kälte nach ihm.
»Es wird nicht das letzte Opfer sein«, sagte er zitternd und stieg schnell in den Wagen.
Der dunkle Cadillac jagte über die Höhenstraße nach Utah, dem steilen Rücken der Uinta Mountains entgegen. Noch bevor die Polizei von Colorado die Straße bei Cortez sperren konnte und die Konstabler und Gebirgstruppen an der Kreuzung von Fairview unterhalb des Utah-Sees ihren Riegel legten, hatte der rasende Wagen die Straße passiert und befand sich auf einem Seitenweg zum Strawberry -River, den er überquerte und auf holprigen Felsenpfaden bis in die Nähe des Emmons Peak vordrang. Hier, in einer Wildnis von Felsenschluchten und unbegehbaren Höhlen, unter dem 4.090 Meter hohen Gipfel des mit Schnee bedeckten Berges, in Felsenspalten, die noch nie ein Mensch betreten hatte, versteckten sie den Wagen und trugen das noch immer betäubte Mädchen in eine Höhle, die eingehend auf einen solchen Besuch vorbereitet war. Ein Klappbett mit drei
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