Agenten kennen kein Pardon
dicken Decken, ein Tisch, sogar ein Spiegel und eine zusammenlegbare Gummiwaschanlage standen in einem hinteren Raum, der durch eine Bohlentür von einem größeren Raum getrennt war, in dem Gregoronow und Zanewskij hausten.
Sie legten dabei Mabel Paerson auf das Klappbett und deckten sie mit den flauschigen Decken zu. Dann schlossen sie die Bohlentür, und während Zanewskij seinen größten Wunsch erfüllte und sich prustend wusch, saß Gregoronow an einem Kurzwellengerät und funkte auf geheimer Welle unter Chiffrebuchstaben den Erfolg nach Nowo Krasnienka.
Tick … tick … tick … tick …
Die Röhren des Empfängers leuchteten auf. Zahlenkolonnen schwirrten hinaus.
354 / 6734 / 5692 / 2 / 59 / 45923459 / 5723 /
In Nowo Krasnienka saß der Funker unter der Erde und schrieb diese Zahlen mit. Mit einem eng beschriebenen Blatt in der Hand klopfte er dann bei Prof. Dr. Kyrill an.
»Aus Amerika«, sagte er, als er das Papier überreichte.
Prof. Kyrill überflog die Meldung und wandte sich lächelnd an Dr. v. Kubnitz, der in seinem weißen Kittel hinter einer Formelreihe saß.
»Wir haben Erfolg, mein Lieber«, sagte Kyrill und seine asiatischen Züge verzerrten sich beim Lachen. »Gregoronow hat Mabel Paerson in den Händen, die einzige Tochter des Professors und Verlobte von Dr. Bouth. Gute Arbeit, sehr gute Arbeit.« Er legte das Chiffreblatt auf seinen Tisch und faltete die Hände wie ein Mann, der soeben eine große Arbeit zur Zufriedenheit vollendet hat. »In spätestens drei Wochen werden wir wissen, was Paerson spaltete«, meinte er grinsend. »Es ist ganz gut, wenn man eine Tochter hat.«
Dr. v. Kubnitz dachte an seine kleine Cornelia und schauderte zusammen. »Tiere«, dachte er. »Es sind Tiere mit dem Geist kleiner Götter.«
Aber er schwieg. Er nickte nur und wandte sich wieder den Formeltabellen zu.
Doch in der Nacht, in der die drei Mongolen wieder rauchend und brummend vor der erleuchteten weißen Villa am Njemda Wache hielten, trat wieder ein Radfahrer keuchend durch die Nacht einer schwarzen Kolchose entgegen.
Er verschwand in der Finsternis des Hofes. Und durch die Nacht tickte wieder ein anderer Sender mit Strahlern nach Amerika und Japan, wo japanische Funker mit deutschen Helfern in Nagoi saßen und die Sprüche aufnahmen.
»Achtung! Achtung! Meldung an alle! Meldung an alle! Mabel Paerson von zwei Russen, Gregoronow und Zanewskij, entführt. Achtung für alle!«
In Nagoi und in Washington nahm man diese Botschaft aus dem Äther wie einen Schlag ins Gesicht auf. Man tastete den Äther ab, man suchte den unbekannten Sender, man versuchte, den Standpunkt zu ermitteln – aber die Welle schwieg und ließ sich nicht anpeilen.
Im Kriegsministerium von Washington saß man in dieser Nacht zusammen und studierte die Meldung. Sie wurde herumgereicht, sie wurde Präsident Truman vorgelegt, sie kam zu General McKinney, dem Abwehrchef der Armee.
Die Tatsache war plötzlich klar. Was man immer geahnt hatte, wurde von einem Geheimsender, der irgendwo im Osten stehen mußte, bestätigt: Mabel Paerson war entführt worden von einer Gruppe, die Interesse an den neuen Spaltungen Prof. Paersons hatte. Es sollten zwei Russen sein. Wußte man im Kreml von dieser Entführung? War es eine staatlich gelenkte Aussageerpressung?
Das Außenministerium in Washington kam zu einer Nachtsitzung zusammen. Die besten Experten gaben ihre Gutachten ab. Wenn es sich um Atomspionage handelt, ist es eine von Rußland staatlich gelenkte Spionage. Es gibt in der ganzen Welt keine Privatgruppen, die die Mittel hätten, Atomspaltungen herzustellen. Anlagen von 2 Milliarden Dollar Kosten kann kein Privatmann errichten!
Man arbeitete eine Note nach Moskau aus. Die Presse wurde angewiesen, vorerst über diesen Vorfall völlig zu schweigen. Es senkte sich Schweigen über Mabel Paerson. Nach Los Alamos ging ein Telefongespräch mit Prof. Paerson persönlich. An einem zweiten Hörer hörte Dr. Bouth das Gespräch mit.
General McKinney empfand es als schwer, das, was er zu sagen hatte, in tröstende Worte zu kleiden.
»Alle Anzeichen, bester Herr Professor«, sagte er langsam, »deuten darauf hin, daß das Verschwinden Ihrer Tochter eine rein politische Tat ist. Eine russische Interessengruppe hat Ihre Tochter entführt – wie, das wissen wir noch nicht –, um Sie dadurch zu zwingen, das Geheimnis Ihrer neuen Spaltung bekannt zu geben. Es ist eine Erpressung im Großen. Wir nehmen an, daß Sie in den nächsten Tagen von
Weitere Kostenlose Bücher