Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Agenten - Roman

Agenten - Roman

Titel: Agenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
Leuchtendem aufgewartet; Orientkunde hätte mich durchaus befriedigt, lieber aber wären mir noch Klassische Archäologie oder Experimentalphysik gewesen. Ganz unvorteilhaft erschien mir Betriebswirtschaft , und ich konnte nicht begreifen, wie man das Wort, ohne rot zu werden, über die Lippen brachte. Nur einer von uns, Hans Reuter, wurde rot, und gerade er hätte seine Berufung herausschmettern müssen, stolz und entschlossen, der Einzige, der sich nach dreizehn Jahren Schulzeit noch zu etwas bekannte: Katholische Theologie !
     
    Der Winter ließ nach, und ich begriff immer genauer, wogegen ich mich die ganze Zeit sträubte. Ich war bald mit der Schule zu Ende, und es sollte ein deutlicher Einschnitt werden. Mich verlangte es nach einem Bruch, einem scharfen, durchschlagenden Hieb, der mich von allem Vergangenen
trennte. Ich wollte ganz entschieden von vorne beginnen, und das geduldige Lernen hatte ich vorläufig satt. Alles in mir drängte nach einer gewissen Umtriebigkeit, nach Aktionen ohne Programm. Ich wollte mich bereitwillig auf etwas einlassen, wenn es nur nichts mit Sturheit zu tun hatte. Nach all den ruhigen Jahren wollte ich wissen, was da tief in meinem Inneren steckte, und eine Studierstube hätte mir bei dieser Suche am wenigsten geholfen. Ich suchte so etwas wie Kampf, keinen heroischen, sinnlosen, sondern einen, der sich allmählich entspann. Es gab keine Gedanken an mögliche Gegner, das war es nicht, sondern nur das Verlangen danach, etwas auszufechten. Zug um Zug würde ich so Terrain gewinnen, und schließlich wäre ich mir meiner gewiß.
    All diese vage Traumdeuterei knüpfte an Wiesbaden an, denn von Bloks Nähe versprach ich mir einiges. Andererseits wollte ich ihn nicht um einen Rat angehen, ich wußte, in solchen Fällen hatte er nur spöttische Formeln parat. So blieb mir nur einer, Lautner, der Anzeigenchef von Wiesbaden live , der ruhige, gut zuhörende Mann, der um Auskünfte angeblich niemals verlegen war. Ich rief ihn an, um einen Termin mit ihm zu verabreden; er fragte nicht einmal nach, um was es gehe, sondern sagte nur knapp: »Okay, dann komm doch am Sonntag zum Brunch !«
     
    Lautner empfing seine Gäste gegen Mittag auf der Dachterrasse einer Jugendstilvilla, in der er die obere Etage allein bewohnte. Die Villa befand sich im Nerotal , in bester, ruhiger Halbhöhenlage, und von der Terrasse schaute man direkt auf den Weinberg der Stadt. In dem langgestreckten, schmalen Tal, um das sich ein Kranz vornehmer Häuser drängte, blühten schon die Forsythien. Es war ein warmer, milder Frühlingstag,
und Lautner hatte eine Menge Leute eingeladen, von denen ich nur wenige kannte. Erleichtert stellte ich fest, daß Blok nicht darunter war. Ich trank ein Glas Sekt und unterhielt mich mit Blümchen, der wie immer so hastig sprach, daß man bald aus der Ruhe geriet. Auf der Terrasse hatte man einen langen Tisch mit kunstvoll drapierten Platten, Schalen und Schüsseln aufgebaut, schon der Anblick dieses barocken Ensembles brachte in Stimmung. Lautner kam mit einer Flasche zu uns, er trug einen hellen Anzug mit dunkelroter Krawatte, und ich war mir nicht sicher, ob sein Hemd wirklich aus Seide war. Er war voller Schwung und kickte sich lustvoll von einem Grüppchen zum anderen.
    »Das ist es«, sagte er, während er uns nachschenkte, »ich hab nicht umsonst von sowas geträumt. Hier steigt das ultimative Leben, das könnt ihr mir glauben.«
    »Stimmt«, sagte Blümchen«, »genau richtig, die Laube.«
    »Ich hab mir gesagt, die oder Selbstmord«, machte Lautner weiter, »kennt ihr die story ?«
    »Noch nichts von gehört«, sagte Blümchen.
    »Ist eine lupenreine Geschichte. Ich hatte den Tip von Raimund & Bosse , ihr kennt Raimund, den Stenz mit den weißen Baumwollsocken, igitt, der mit dem kleinen, feinen Maklerbüro. Kippt jeden Morgen drei Tassen Kaffee im Maldaner und dazu trockenes Teegebäck, die muffige Sorte. Ich hatte ihn schon wochenlang an der Angel, Raimund, sagte ich, du bist mir was schuldig, zwei Anzeigen liefen bei uns umsonst, und ich bin aus Prinzip gegen Freibier. Schlag elf vor zehn Tagen ruft Raimund mich an, und ich will ihn hart nehmen und sage, Raimund, um dich steht es ganz trüb, du hast keine Lunge für diese Stadt, steig in dein Cabrio und versuch es mit den Witwen in Kronberg, denen kannst du was andrehn. Halt mal,
höre ich Raimund, ich hab was Präzises für dich, beste Lage im Nerotal, eine Villa vom Feinsten, genau, was du suchst. Und wo ist der Haken,

Weitere Kostenlose Bücher