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Agenten - Roman

Agenten - Roman

Titel: Agenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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hatte mich in meinem Entschluß bestärkt, Sarah hatte die Nase gerümpft, und die Eltern hatten sich wie immer ergeben, scheinheilige Gestalten, die sich ihren eigenen Reim auf mich machten, nachts, wenn sie flüsternd nebeneinander lagen und Mutters Stimme, losgelassen und furchtsam, auf Vater einzupredigen begann. Der Junge, der Junge …, das hatte ich oft zu hören bekommen, und ich hatte mich nicht mehr zu rühren gewagt, doch es drang nur wie durch einen Schleier zu mir, diese Ahndungen, Mutmaßungen, falschen Bedenken, denn sie hätten meine eigenen Gedanken nicht einmal gestreift, so wenig kannten sie mich. Ich zwang mich jetzt wieder, ruhig zu liegen, nicht mehr zur Seite drehn, bleib so, die Augen geschlossen…, und, ja, du fährst die alte Strekke
hinunter ins Rheintal, die Sonne steht dir im Rücken, heiß ist es heut, und ein schwüler Wind weht von unten hoch, von diesem eingemeißelten Flußtal, das bald erscheinen wird neben der verfallenen Burg, noch eine Kehre, jetzt hast du sie vor dir, langsam entschleiert es sich, das Ufer liegt da wie eine gespannte Angel, und an ihrer Leine ist die Fähre ausgeworfen, die sich jetzt wendet, und du siehst den langgestreckten Hinterkopf, die schmale Gestalt, und sie hat dieses Lockende wieder, diesen Zug in die Ferne, ganz wie früher, als das alles begann. Und du nimmst die letzten Meter ins Tal, und dein Rad läuft aus, du brauchst nicht mehr die Bremse zu treten, die Häuser fliegen in immer stärkerer Verzögerung an dir vorbei, wie lange du doch unterwegs warst, durchstreifte Zeit, jetzt bist du müde vom Fahren, und du fürchtest den Anstieg, später wieder hinauf, aber es ist besser, das nicht zu bedenken, laß dich nur treiben, geradewegs zum Fluß, wo die weißen Schiffe wieder paradieren, die Türen der Weinstuben stehen offen, und du riechst diese ausströmende Verwesung, ein modrig, süßlicher Duft, betäubend wie immer, und der Anblick des jenseitigen Ufers winkt dich hinüber, die Fähre, sie legt drüben an, und du, du bist mit ihr zur Ruhe gekommen…
     
    »Du siehst bleich aus«, sagte Blok und nippte kurz an seinem doppelten Espresso. Wir saßen am frühen Nachmittag vor dem Café Maldaner und versuchten uns in Laune zu bringen. Blok hatte an diesem Tag nicht in der Bar zu tun, so hatten wir Zeit genug und waren nicht durch Gedanken an einen frühzeitigen Abbruch unserer Gespräche blockiert.
    »Nach diesen Korrekturen muß ich mich erst wieder an eine normale Sprache gewöhnen«, antwortete ich, »die Kerle
lernen nichts dazu, denen kann ich es immer wieder erklären.«
    »Was läuft denn im Augenblick am besten?«
    »Speziell , sie schreiben laufend speziell , in den unmöglichsten Kombinationen. Speziell am Dienstag …, speziell wenn die Sonne scheint …, es ist chic, alles speziell zu finden. Und das Schlimmste, sie schreiben voneinander ab, ohne es zu merken.«
    »Das wundert mich nicht, was hast du von denen erwartet?«
    »Nur Honolka hat ein Empfinden für das Metier. Er kommt ins Büro, grüßt kurz, setzt sich an eine Maschine und bringt es fertig, mir in einer Stunde einen fehlerlosen Drei-Seiten-Artikel zu widmen.«
    »Honolka schreibt über Sport, davon versteht er was, die anderen kennen sich nirgends aus. Warum läßt Lautner nicht dich einmal ran?«
    »Es ist gegen die Abmachung. Keine Artikel, ich bin ein stummer Diener des Herrn.«
    »Meinst du, er hat etwas vor mit dir?«
    »Sieht so aus, aber ich komme nicht dahinter. Er erscheint eine halbe Stunde bevor ich gehe, um seinen Kontrollgang zu machen. Aber ich überziehe nicht eine Minute.«
    »Ich möchte wissen, was dahintersteckt. Wie schafft es ein Schwachkopf wie er, solche Erfolge zu feiern?«
    »Weil er kein Schwachkopf ist. Man kann sich mit ihm keine zehn Minuten unterhalten, da ist nichts, nur pure Absenz, aber gerade das macht den promovierten Schwachkopf. Alles in ihm ist auf den Punkt konzentriert, er stellt unaufhörlich die Weichen, und nichts bringt ihn raus.«
    »Neulich kam er ins Savoy , ein Höflichkeitsbesuch. Ich
glaube, er hat mich laufend fixiert, aber ich frage mich, was da mit ihm geschieht. Er denkt doch nicht nach, sein Gehirn stelle ich mir wie eine polierte Platte vor, die höchstens Spiegelungen einfängt.«
    »Ich sage dir, er ist der geborene Unternehmer, immer unterwegs, überall im Gespräch, Chancen abwägend und darauf geeicht, jede sich auftuende Lücke zu einem Geschäft zu machen. Außerdem hat er es raus, die anderen an sich zu

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