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Agenten - Roman

Agenten - Roman

Titel: Agenten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Tausendern?«
    »Ich sag dir nur eins, du vermasselst mir nichts, du steigst da nicht ein. Das ist eine viel zu happige Kiste für dich. Schreibstube, ja, aber Weinetiketten wirst du nur verwechseln.«
    »Ich mache gerade den Grundkurs.«

    »Ich weiß, du bist auf der Stufe Pommard. «
    »Inzwischen schon drüber hinweg. Von wem hast du die Meldung?«
    »Doris hat gute Bekannte, die sie ein bißchen umlauern. Ist ein strenges Mädchen, soweit man hört. Mit gewissen Beziehungen, die bis Aßmannshausen reichen.«
    »Das ist es also. So rührst du die Suppe? Diesmal ist nichts drin für dich, Lautner, ist klare Boullion.«
    »Ich höre. Und du machst sie jetzt lupenklar: Blok hat nichts vor?«
    »Du hast Nerven. Nein, Blok hat nichts vor. Ich würde meine Spürhunde besser ausrüsten, da gibt es heutzutage tüchtige Sachen, selbst für Stümper geeignet.«
    »Mach dich an die Arbeit, youngster !«
    »Und wer hält mich auf?«
     
    Die Zeit mit Doris war gut, nach allem Erlebten lauter beruhigte Tage. Ich hätte mir nicht vorgestellt, daß es jemals so gut werden könnte, aber wir kamen miteinander aus, weil keiner den anderen auflaufen ließ und unsere Verabredungen nichts Zwingendes hatten. Sie arbeitete viel, aber eher heimlich und nüchtern, und sie belästigte mich nicht mit langen Geschichten oder dem Künstlereinmaleins. Das meiste von ihrer Arbeit blieb mir verborgen, und ich hätte nicht sagen können, ob sie vorankam. Sie stand früh auf, es war so ihre Gewohnheit, und mir blieb dadurch jedes Morgentheater erspart. Auch der Sex hatte seine sachliche Seite, sie gab sich oft so, als nehme sie sich nur, was sie brauche. Auf diese Weise kamen wir ohne falsche Verdrehungen aus, ein Paar, das sich geschickt, fast lautlos verstand und der feierlichen Zeremonien nicht bedurfte. Wir hatten einander gefunden, nicht vorsätzlich,
doch recht direkt, und so war es nicht nötig, einander Briefe zu schreiben. Von Liebe war nicht die Rede, wir hatten an uns selbst genug und brauchten nichts Drittes.
    Nur an den Wochenenden sahen wir uns tagsüber, am Samstagmittag hatten wir unsere einzige feste Verabredung, denn es war Gewohnheit geworden, sich nach dem Einkauf, den Doris allein erledigte, in einem Lokal in der Nähe des Marktes zu treffen. Meist saßen wir dort dann Stunden zusammen, tranken Sekt und aßen von einem Teller. Die Plastiktüten mit Brot, Gemüse und Obst lehnten an den Tischbeinen und sackten immer mehr zusammen, je länger wir schwatzten. Ich konnte mich mit Doris gut unterhalten, es war ein lebhafter Austausch von Mitteilenswertem, und der Sekt hielt uns wach. Wir gerieten in eine leicht rauschhafte Wochenendstimmung, eine Art gelassenes, schwebendes Treiben, und es fiel schwer, sich aus diesem Zustand zu lösen.
    Wir liefen aus Prinzip nicht gemeinsam durch die Stadt, niemand sollte diesem mißverständlichen Bild begegnen. Irgendwo zusammen zu sitzen hatte dagegen einen anderen Charakter, etwas von möglichem Zufall oder vorläufigem Basteln. Weite Ausflüge oder Spaziergänge ersparten wir uns, in der vollen Gewißheit, uns bei solchen Gelegenheiten nur zu ermüden. Ich nahm die Tüten, ein flüchtiger Kuß, dann verschwand ich in meine Wohnung. Am frühen Abend würde Doris auftauchen, sie kochte, und ich schnitt Lauch, Schalotten und Zwiebeln oder wechselte hin und wieder die Platten. Erst spät in der Nacht gingen wir aus, selten zum Tanzen, meist in Weinstuben mit Namen wie Eimer oder Caspari , wo die Gäste fremd oder gemischt genug waren, um nicht in der Gewöhnung abzusinken. Es waren kleine, alte Lokale, voll der üblichen Weinsouvenirs, und Doris hielt sich gern in
ihnen auf, weil ihre überkommene Einrichtung fern von allem Design war. Außerdem wirkten die meisten Gäste kurios, freundliche, mit betonter Dezenz gekleidete Herrschaften, kurend oder auf Geschäftsreise, finster entschlossen, irgendwann ein Lied anzustimmen. Doch bis sie zu diesem Zustand der Sause gelangten, waren sie aufgeweckt, manchmal dreist und oft von verblüffender Schlagfertigkeit. Wir spielten in ihren zunehmend lebendiger werdenden Runden das junge Paar und bekamen zu hören, wie schön die Liebe immer noch sei. Wir hatten nichts gegen solche Feststellungen einzuwenden, es waren in unserem Fall sowieso eher Prognosen. Um Mitternacht hatte oft irgendein Glückspilz Geburtstag, und alle waren erleichtert, Grund zum Feiern zu haben. Vorsorglich wurden eilig hergerichtete Platten mit Käsewürfeln gereicht, doch es war

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