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Agentur der boesen Maedchen

Agentur der boesen Maedchen

Titel: Agentur der boesen Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Kinskofer
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so musste sie jetzt ihre Erwartungen zurückschrauben. Thomas war völlig am Ende. Er setzte sich auf einen Stuhl, den offenbar die Vormieter hinterlassen hatten, und hoffte, dass dieser Alptraum möglichst schnell vorübergehen würde. Gero hielt sich, nachdem er die Lage geklärt hatte, wieder dezent zurück, und Annette und ich handelten die Miete aus. Thomas musste nur noch unterschreiben. Das schaffte er mit Mühe. Die Vermieterin aber zeigte sich von ihrer besten Seite.
    »Ich war anfangs etwas verwirrt, Sie müssen entschuldigen. Und mir war auch nicht klar, was die vielen Leute hier wollten. Aber ich finde es schön, wenn jüngere und ältere Menschen sich helfen und gemeinsam Entscheidungen treffen. Ich wünschte, ich hätte es früher auch so schön wie Sie gehabt, Herr Thomas. Eine liebenswerte Verlobte und Eltern, die sich kümmern. Aber das nächste Mal stellen Sie mir Ihre Verwandtschaft einfach vor, dann vermeiden wir alle Missverständnisse.«
    Thomas stammelte etwas wie Entschuldigung, aber die Vermieterin war gütig.
    »Ich hoffe, Sie fühlen sich hier wohl. Und die wichtigsten Menschen in Ihrem Leben kenne ich jetzt. Ich werde den Herrschaften ja gelegentlich im Treppenhaus begegnen, wenn sie Sie besuchen.«
    Thomas sah nicht so aus, als würde er sich auf künftige Besuche freuen. Er gab seiner Vermieterin die Hand, warf uns wütende Blicke zu und ging mit uns hinaus.
    Auf der Straße wurde er richtig sauer.
    »Was soll das Theater? Ihr hättet beinahe alles verdorben. Kommt eine wildfremde alte Frau an und küsst mich.« Das mit der alten Frau sollte er mir büßen. Aber siehe da, Annette ergriff wieder einmal Partei für mich, wie schon gestern Abend. In schneidendem Ton.
    »Lieber Thomas, ich habe mich verspätet. Ricarda hat ausgeholfen. Du hast die Wohnung, die du wolltest, und zwar erheblich billiger, als sie eigentlich gewesen wäre. Das hast du deiner netten Verwandtschaft zu verdanken.
    Ich mache dir einen Vorschlag: Zahle zweihundert Euro an uns, sag schön danke und geh dahin, wo der Pfeffer wächst.«
    Thomas schien ratlos.
    »Du wolltest doch noch mit mir essen gehen.«
    »Du hast meine beste Freundin beleidigt, die dir unbekannterweise einen Gefallen getan hat. Tut mir leid, aber ich will mit dir im Moment nichts zu tun haben. Hundert Euro waren vereinbart, weitere hundert für Ricarda wegen Kränkung, und dann lass uns bitte in Ruhe.«
    Annette war kalt und höflich. Thomas zuckte zusammen, zog den Geldbeutel und nahm zwei Scheine heraus. Dann verschwand er ohne ein weiteres Wort. Annette, Gero und ich setzten das Geld umgehend in Essbares um. Leider erzählten die beiden nicht, was sie den ganzen Nachmittag getrieben hatten. Aber sie verstanden sich ziemlich gut, zu gut, würde ich sagen. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, Gero auf Annette anzusetzen.

Eva   Mir ging es rundum phantastisch. Zwar verschwendete ich immer noch reichlich viele Gedanken an einen Mann namens Hannes, der sich unversehens wieder in mein Leben geschlichen hatte. Aber ich verstand mich mit Clara wie selten zuvor, ich hatte mehr Geld denn je seit der Trennung von Hannes, und die Arbeit ging mir leicht von der Hand. Die Aufsätze zum Thema »Frauen als Autorinnen, Männer auf dem Titelblatt« trudelten allmählich in meinem Lektorat ein, und sie förderten einiges zutage, worüber sich offenbar noch niemand Gedanken gemacht hatte. Es ging um Erika Mann, die ihrem Vater das Leben erleichterte, indem sie seine Aufsätze miterfasste und ihm als billige Sekretärin diente, es ging um Rahel Varnhagen, die ihr Mann zur Ikone stilisierte, indem er nach ihrem Ableben ihre Briefe veröffentlichte und damit zu einiger Berühmtheit gelangte. Mein einleitender Essay machte gute Fortschritte, leider fehlte es mir derzeit etwas an der kämpferischen Ausstrahlung, was sich auch auf den Text auswirkte. Er war weniger hart, als ich ihn mir gewünscht hatte, aber sprachlich war er wirklich gut, und die Argumentation war auch schlüssig. Lucie und Karin waren seltsam zurzeit. Sie schlichen um mich herum, als würden sie jederzeit einen Zornesausbruch erwarten, aber den Gefallen tat ich ihnen nicht. Die Debatten mit Karin gab es nach wie vor, aber sie liefen weniger verbittert von meiner Seite ab. Und mit Lucie verstand ich mich blendend. Der Verlag war auf dem besten Wege, in diesem Jahr die ersten Gewinne einzufahren, und sie ließ mir meinen Anteil am Erfolg, indem sie meine vorzügliche Tätigkeit in der

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