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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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Thronfolgers sich in dem protzigen Staatskleid, das sie wider Willen aus der Truhe gekramt hatte; die Beklemmung wuchs noch, schlagartig, als sie den Bankettsaal betrat.
    Dutzende von Augenpaaren schienen ihr plötzlich feindlich und ablehnend entgegenzustarren; es war, als ob eine gläserne, eisig kristallene Wand hochschnellte zwischen ihr und den Adligen. Einmal mehr war die Kluft da, der schwertscharfe Schnitt zwischen der fremden blaublütigen und ihrer eigenen so warmblütigen Welt; Agnes’ Schritt stockte, fast erweckte sie den Eindruck, als strauchelte sie. Ein einziges Wort, eine kleine Geste nur der Pfalzgräfin hätten sie auffangen können, doch von der kam nichts; abweisender und unnahbarer noch als alle anderen thronte Beatrix von Wittelsbach auf ihrem erhöhten Sitz. Erst jetzt begriff die Bernauerin, was der besorgte Sedlec wirklich gemeint hatte, wovor er sie hatte warnen wollen; sie war versucht, sich einfach umzudrehen und stumm wieder zu gehen, doch dann stand auf einmal der Lakei an ihrer Seite. Die Blonde, in deren Leib das Ungeborene plötzlich wie in Panik strampelte, spürte den höfischen und doch irgendwie brutalen Griff an ihrem Unterarm, und dann fühlte sie sich mehr an die Tafel gezwungen als geleitet. Agnes setzte sich, die Augen niedergeschlagen; sie war jetzt bloß noch froh, untertauchen und sich klein machen zu dürfen. Als sie die Lider endlich doch wieder hob, als sie sich vorsichtig umblickte, wurde ihr klar, wohin der Diener sie platziert hatte: ans unterste und minderwertigste Ende der Tafel; an den Katzentisch sozusagen.
    An Albrecht dachte sie in schmerzlicher Intensität, an die Schrankenlosigkeit, die nun schon seit Jahren zwischen ihm und ihr war; an sein Kind auch, das sie unter ihrem Herzen trug. Daran versuchte sie sich festzuklammern; in der seelischen und leiblichen Bindung, die doch gottgewollt war und deswegen hoch über allen gesellschaftlichen Schluchten stehen musste, versuchte sie Halt zu finden. Und es gelang ihr auch; sie fühlte ihre eben so diffizil geschändete Würde wieder wachsen; sie schaffte es, die andere, die Beatrix, mit festem Blick ins Auge zu fassen. Einen Herzschlag oder zwei schienen die Dinge damit in der Waage zu hängen, doch dann grellte drüben das Lachen hoch, schrill, und nach dem Lachen kamen die Worte; spitz wie herannadelnde Pfeile, wie Dolche.
    Nicht zu der Hochschwangeren sprach die Pfalzgräfin freilich; vielmehr schien allein den Schranzen zu gelten, was sie sagte: „Ich habe euch versprochen, dass ich sie euch vorführen würde, die Baderin – da ist sie jetzt! So sehen die Sumpfblüten aus, die in Augsburg in den verrufenen Gassen wachsen! Die Zuberhuren, die sich an die Herzöge heranschleimen, damit sie sich dann, wenn der Herr abwesend ist, in die Politik einmischen können! Weil sie glauben, sie könnten da auch schon mitreden, nachdem ein Wittelsbacher ihnen zwischen Rindfleisch und Meerrettich einen dicken Bauch gemacht hat! Ja, schaut ihn euch nur an, den hohen und großfeisten Leib der Bernauerin! Wird wohl später gar noch ein Grafenkrönlein verlangen für ihren Balg, nachdem sie ihn doch auch in einem Grafenschloss empfangen hat, wenn auch vielleicht bloß im Vorübergehen auf einer Dienstbotenbank! Wird ihr aber der Schnabel sauber bleiben, der hochfeisten Hur’! Wird gar nicht mehr lange dauern, bis mein Bruder, der Albrecht, sie wieder abserviert aus seinem Leben, weil’s nämlich bei ihm noch in diesem Jahr ans dynastische Zeugen geht!“ Unvermittelt wandte sie sich nun direkt an ihr Opfer: „Jawohl, hör nur gut zu, Bernauerin, damit du’s auch begreifst! Längst ist die Hochzeit des Thronfolgers mit einer Standesgemäßen eingefädelt, mit der holländischen Jakobäa! Die wird ihm keine Bälger gebären; wenn er’s mit der treibt, dann kommen legitime und blaublütige Erben heraus! Aber vorher noch stürzt du zurück in den Hurenzuber, Bernauerin! Das schwör’ ich dir, so wird’s kommen, und du brauchst gar nicht so elendiglich zu flennen deswegen …“
    Durch den Tränenschleier hindurch, durch das Brennen sah Agnes die Gesichter der Beatrix, der anderen nur noch undeutlich, aber vielleicht gerade deswegen wie Fratzen. Tiervisagen und Viehgrimassen waren es; zum Sprung auf sie bereit, um sie zu zerfleischen, zu zerreißen. Eine Bedrohung fühlte die Hochschwangere, die ihr bis ins Mark und bis ins Leben zu dringen schien. Einen Hass, der ihr das Kind aus dem Leib schneiden wollte und den Leib

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