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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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Ungeborene dazu waren ihr wichtiger gewesen. Auch wurde sie in den allgemeinen Hofklatsch nicht mit einbezogen; die Bedienten kannten sie mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass sie darauf keinen Wert legte; Pfalzgräfin Beatrix, die Schwester Albrechts, die als einzige Hochadlige derzeit in der Residenz weilte, schnitt sie sowieso.
    An diesem Abend jedoch kam Jan von Sedlec mit gefurchter Stirn in die herzoglichen Privatgemächer und eröffnete ihr: „Wenn niemand Courage zeigt und in der Angelegenheit des Münnhauser etwas unternimmt, kann es schlimm ausgehen! Die Münchner stehen vor der offenen Rebellion, weil sie es nicht länger hinnehmen wollen, dass der Raubritter und sein Knecht wie die Maden im Speck unterm herrschaftlichen Dach sitzen! Eigentlich müsste die Pfalzgräfin handeln, doch die hat sich ins Bankettieren und Pokulieren geflüchtet; will von der Gefahr nichts wahrhaben. Was die Schranzen angeht, so schiebt nach bewährtem Brauch einer dem anderen den Schwarzen Peter zu. Mir selbst sind die Hände auch gebunden, weil ich als Gefolgsmann des Thronfolgers dessen Sippe nicht übergehen darf; die verdeixelte Beatrix freilich lässt mich nicht zu sich vor. – Kurz und gut, Agnes, Ihr seid die einzige, die den Karren jetzt noch aus dem Dreck ziehen kann! Ihr steht außerhalb der Hierarchie und steht dem jungen Herzog gleichzeitig näher als jeder andere Mensch hier am Hof; Euch vertraut er, Ihr seid sein zweites Ich! Und deswegen müsst Ihr jetzt auch zu seinem Nutzen auftreten; müsst den vermaledeiten Knoten durchhauen, den der Münnhauser uns allen zum Unglück geknüpft hat!“
    Der Hochschwangeren schwirrte der Kopf. Vor drei Jahren noch war sie nichts anderes als eine ehrlose Augsburger Baderstochter gewesen, und nun verlangte der Böhmische von ihr, dass sie direkt in die Politik eingriff. Eine bodenlose Kluft schien sich jäh aufzutun zwischen dem Damals und dem Heute, doch dann erinnerte sich Agnes plötzlich daran, was sie sich erst vor wenigen Tagen selbst geschworen hatte: dass sie sich behaupten würde, hier am Hof; dass sie versuchen wolle, seiner wert zu sein. Dies war das eine, zum anderen war sie seit Vohburg innerlich gewachsen und seelisch stärker geworden an seiner Seite; beides zusammengenommen bewirkte jetzt, dass die Blonde mit fester Stimme antwortete: „Erzählt mir den Fall mit dem Münnhauser noch einmal ganz genau, und dann will ich entscheiden, was zu tun ist!“
    Der Hofmeister gehorchte; sehr konzentriert hörte die Einundzwanzigjährige ihm zu, zuletzt zog sie das Resümee: „Ganz ohne Zweifel hat der Raubritter andere Menschen schwer geschädigt, und ich verstehe die Münchner Bürger sowie die Bauern draußen im Lande gut, wenn sie jetzt nicht einsehen können, dass er durch irgendwelche juristische Winkelzüge am Ende doch ungeschoren davonkommen kann. Dies wäre nicht gerecht; weil die guten Leute aber Gerechtigkeit verlangen dürfen von ihren Landesherren, genau deswegen, sind sie nun so aufgebracht. – So denke ich, und ich weiß, dass Albrecht mir zustimmen würde, wäre er hier in der Alten Veste. Es kann also nicht im Sinne des jungen Herzogs sein, wenn der Münnhauser und dessen Knecht ihrer Strafe entgehen! Und genau das werde ich ihm nach Straubing schreiben, nachdem ich zuvor noch mit einem Vertreter des Magistrats gesprochen habe. – Sendet einen Boten aufs Rathaus, Jan, ein bevollmächtigter Patrizier soll kommen, und dann kann der Kurier gleich morgen früh an die Donau abreiten.“
    Wenig später, der Magistrat hatte auch in dieser Nacht wieder zu einer außerordentlichen Sitzung geladen gehabt, tauchte nicht nur einer der Stuhlherren, sondern gleich eine Dreierdelegation in den Gemächern der Bernauerin auf. Die Hochschwangere sagte den Patriziern im Wesentlichen das gleiche, was schon der Sedlec aus ihrem Mund vernommen hatte, sodann diktierte sie in bestem Einvernehmen mit den eben noch so Verprellten den Brief an den jungen Herzog von Bayern-München. Dass man auf den Gerechtigkeitssinn des Wittelsbachers vertraue, stand darin; ebenso, dass er seine Maßnahmen schnell treffen müsse, sollten die unerfreulichen Dinge in München nicht noch weiter ausufern. Ohne Zeugen fügte Agnes eigenhändig – sie hatte die Kunst des Schreibens in Vohburg erlernt – noch einen Nachsatz an: Dass sie persönlich sehr unter dem Ärger leide; ansonsten sehne sie sich nach seiner Rückkehr und könne es in ihrer Liebe, die gewiss nicht kleiner geworden sei,

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