Agrippina - Kaiserin von Rom
Geldstücke in die schmutzige Hand drückte und die Männer sich mit undefinierbarem Gemurmel bedankten, setzte er seine Erklärung lachend fort. »Das ist einer der Gründe, weshalb diese Leute in der ÖffentlichkeitAnstoß erregen. Sie befriedigen ihre Bedürfnisse wie Hunde auf der Straße und verhalten sich recht schamlos. Hast du nie von Diogenes gehört, der in einer Regentonne lebte und nicht einmal einen Trinkbecher sein Eigen nannte?«
Dirana schüttelte den Kopf. »Nein. Ich finde diese Leute einfach widerwärtig. Wie kommen sie zu dieser seltsamen Bezeichnung? Wie nanntest du sie noch? Cyner … Cynico …?«
» Cynicer ! Das kommt von dem griechischen Wort cynos für Hund. Du sprichst kein Griechisch, kleine ungebildete Barbarin?«
Dirana boxte ihn unwirsch in die Seite. »Nenn mich nicht ungebildet, du römischer Strohkopf! Wo hätte ich diese Sprache lernen sollen? Beim Tanzen im Hause des Aedils oder beim Verkauf von Amuletten am Forum ?«
»Schon gut, mein Täubchen, schon gut. Ich wollte dich nicht belei..., bei allen Göttern, ist das nicht Maternus da vorne?«
»Wer? Maternus? Kenn’ ich nicht. Auch einer von den Hundefreunden?«
Valerius wies auf einen Mann mit schlohweißen Haaren, der sich langsam an den Häusern entlangtastete.
»Maternus! Maternus!«
Der Mann blickte sich um, und Dirana war überrascht, in ein Gesicht zu sehen, das wesentlich jünger aussah, als es die gebeugte Gestalt hätte vermuten lassen.
»Marcus Valerius! Der Tribun! Welche eine Freude, dich zu sehen! Komm, reich mir die Hand, bevor ich ein weiteres Mal hinfalle.« Die Schneespuren an seinem dicken grauen Mantel belegten seine mangelnde Standfestigkeit. Valerius und Dirana nahmen ihn in die Mitte und gingen in Richtung Forum.
» Wie ist es dir auf deiner Mission ergangen?«, fragte Maternus und sah Valerius wohlwollend an. »Sie war nicht sehr erfolgreich, denn wir haben einen neuen Princeps. «
Valerius’ Miene verfinsterte sich. »Ich bin zu spät gekommen. Als wir Rom erreichten, lag der Kaiser schon im Todeskampf.« Er berichtete dem Führer der Nazarenergemeinde von den Ereignissen in der Hauptstadt und den Geschehnissen danach.
»Und euch? Wie ist es euch ergangen? Wie ich hörte, hattet ihr Besuch von Agrippinas Spitzenagent.«
»Tullius Torquatus Niger? Der Schwarze? Ja, er war bei uns. Mitten auf einer Versammlung unserer kleinen Gemeinde. Er hat uns vor die Wahl gestellt, einen neuen Schweigeeid abzulegen oder die Rudergruppe der misenischen Flotte zu verstärken. Den weiblichen Mitgliedern unserer Gemeinde hat er gar in Aussicht gestellt, in den Bordellen Arabiens zu dienen.«
»Nicht sehr einfallsreich, der Gute. Mir hat er dasselbe angedroht.«
»Ein arabisches Bordell?«, fragte Dirana schelmisch nach.
»Törichtes Mädchen, natürlich hatte er für mich und Gaius die Galeere vorgesehen. Und wie habt ihr euch entschieden?«
Obwohl Valerius die Antwort kannte, wollte er sie aus dem Mund des Maternus hören. Maternus seufzte schwer. »Wir haben der Gewalt nachgegeben und den Eid geleistet. Immerhin haben wir damit nichts anderes getan als vorher auch. Unser Herr, Jesus Christus selbst, hat doch gesagt: » Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. « Damit hat er uns aufgetragen, uns den weltlichen Autoritäten zu beugen, jedenfalls verstehen wir seine Worte so. Er selbst hat doch auch den Urteilsspruch des römischen Prokurators , den dieser im Namen des Kaisers verkündete, ohne Widerstand entgegengenommen. Und wie sollen wir, seine hilflosen Schafe, uns dann gegen diese Welt stellen?«
Es war ganz offensichtlich, dass den Mann sein Gewissen schlug und er sich mit diesen Worten vor sich selbst rechtfertigen wollte. Valerius beschloss aber, das nicht weiter zu kommentieren.
»Nein, so lange man uns unseren Glauben lässt, werden wir gehorchen. Und wir haben jetzt Ruhe und Frieden in unserer kleinen Gemeinde und können, so wie ich jetzt, unbesorgt über die Straßen gehen, ohne fürchten zu müssen, dass an der nächsten Ecke der Mörder lauert. Und wir können uns ganz dem widmen, was unsere eigentliche Aufgabe ist: der Verkündung der frohen Botschaft unseres Herrn und Gottes.«
»Erzähl mir von deinem Gott!«, bat Dirana. »Ich weiß überhaupt nichts von ihm.«
»Oh, mein Kind, das ist in so wenigen Worten nicht zu tun.«
»Versuch es, Maternus!«, bat nun auch Valerius.
Während sie über das Forum schlenderten, das trotz der Kälte recht belebt war, begann Maternus: »Vor langer
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