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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf D. Sabel
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Weg führte ihn zu einem Lokal, das auf der rechten Seite des Forums lag. Die Gassen lagen wie ausgestorben vor ihm, nur ab und zu begegnete er einem späten Spaziergänger.
    Kurz hinter den Thermen bemerkte Tullius Torquatus Niger einen untersetzten Mann, der quer über die schmale Straße taumelte, offensichtlich ein Einheimischer, wie die einfache Kleidung zeigte. Niger wollte an ihm vorbeigehen, doch der Mann schwankte mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu.
    »Du ... du ... bi... bist auch einer vo... von ihnen!« Die weinschwere Zunge brachte die Laute kaum heraus. Der Mann sprach mit deutlich germanischem Akzent.
    »Was willst du von mir, betrunkener Narr? Geh deiner Wege und belästige friedliche Bürger nicht!«
    »Du bist auch ein Rö... Rö... Römer. Verflucht soll... sollst duuu ... sssss... sein!« Er packte Niger am Arm, der sich unwillig losriss. Wie von Zauberhand lag ein Dolch in der Hand des Hageren.
    »Gibst du jetzt den Weg frei, närrischer Barbar?«
    »Barbar schimpfst du mich? Was wei... weißt du von mir, Dummkopf ? Mei... mein Großvater war der Führer der Eburo... Eburonen. Und es ist noch nicht lange her, da ha... hat ein römischer Tru... Tribun unter meinen Händen um Gna... Gnade gewinselt.«
    »Ein römischer Tribun?« Niger blieb stehen.
    »Jawohl, und sogar ein ... Prätio... Prätora... Prätorianertribun, jawohl!«
    »Das interessiert mich, Freund. Lass uns in eine Caupona gehen. Ich will dir einen Becher Wein spendieren. Und du erzählst mir alles über diesen Tribun.«
    » Caupona ! Das ist ... guuuuuuutt. Jawohl, ein Tribun. Und den such ich jetzt.«
    »Komm mit mir und erzähl mir alles. Vielleicht kann ich dir helfen.« Niger änderte seine Pläne und steuerte zusammen mit dem Unbekannten eine üble Spelunke hinter den Thermen an. Sein Appetit war verschwunden, seine Neugier geweckt.
    ***
    Die Caupona »Ad Tres Sorores« rangierte in der Kneipenhierarchie der Ubierstadt einige Stufen unter dem Lokal des Fulvius. Es handelte sich um eine Mischung aus Garküche und Bordell. Bereits vor der Tür wurden die Gäste von Frauen empfangen, die einem eindeutigen Gewerbe nachgingen: grellrot gefärbte Haare, fast durchsichtige Gewänder, die kaum den Körper, noch weniger das abhanden gekommene Schamgefühl verhüllten, und unzweifelhafte Einladungen. Die ältlichen Gesichter waren mit Unmengen von Kosmetik bedeckt und konnten die jugendliche Schönheit doch nicht zurückbringen. Hier waren die Augenbrauen zu schwarz, dort der Lidschatten zu grün. Mutete die eine ihrem Gesicht so viel Bleiweiß zu, dass die starren Züge einer Totenmaske ähnelten, so hatte eine andere in solchem Übermaß eine mit Honig und Fettsubstanz vermischte Creme auf die Haut aufgetragen, dass sie wie eine Fettschwarte glänzte.
    Niger zog seinen taumelnden Gast unbeeindruckt durch die Schar der Dirnen. Als er die schmale Tür öffnete, kam ihnen ein Schwall übler Gerüche entgegen: Kohl und billiger Wein, aber auch Schweiß und Urin bildeten eine Mauer des Gestanks, die es zu überwinden galt.
    Der quadratische Schankraum war gut besetzt, aber nicht überfüllt. Die Besucher waren überwiegend Sklaven – darunter mit Sicherheit einige Entlaufene –, dazu arbeitslose Tagelöhner, lichtscheue Tagediebe und grölende Zuhälter. Ihre grell geschminkten Weiber saßen kichernd an den Tischen und hielten Ausschau nach betrunkenen Freiern, um sie um ihre wenigen Asse zu erleichtern. Der Schwarze zog seinen germanischen Gast gelassen in eineEcknische. Humpelnd eilte der schmierige Wirt herbei und grüßte den Ankömmling mit devoter Freundlichkeit.
    »Sieht man dich auch einmal wieder, Tullius Torquatus. Welche Ehre für mein bescheidenes Lokal. Und einen Gast hast du mitgebracht. Ei, der hat dem Weingott aber schon die Ehre erwiesen.«
    Der Germane hatte seinen Kopf auf den Tisch gelegt und war trotz des Lärms, der um ihn herum herrschte, eingeschlafen.
    »Ist das Nebenzimmer frei?«, raunzte Niger unfreundlich.
    Der Wirt warf einen Blick nach hinten. »Ist es! Ihr habt eine diskrete Besprechung?«
    »Geht dich nichts an, Aulus. Hilf mir, ihn herüberzubringen, und bring einen Eimer mit kaltem Wasser. Und mir bringst du etwas kalten Braten, Brot und einen genießbaren Wein. Aber nicht wieder den sauren Magentöter vom letzten Mal!«
    Aulus und Niger schleppten den Schlafenden mühsam in einen Nebenraum, ohne dass sich einer der Gäste darum gekümmert hätte. Das Zimmer war kühl und stank nach abgestandenem Rauch.

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