Airborn 02 - Wolkenpiraten
»Theoretisch könnte nichts einfacher sein. Haben Sie eine gute Schulbildung, Mr Rath?«
»Bis der Lehrer einen unschönen Unfall hatte.«
»Es war eine der erstaunlichsten Erfindungen Grunels. Wasser besteht sowohl aus Wasser- wie aus Sauerstoffatomen. Aber es ist eine verteufelt schwere Arbeit, sie zu trennen. Grunel konzentrierte dafür Sonnenlicht.« Er zeigte auf den mächtigen Messingzylinder, der wie ein Teleskop aussah. »Wunderbar. Jetzt hat er also Wasserstoff und Sauerstoff in Fülle und nutzt beides, um elektrischen Strom zu erzeugen. Ich möchte Sie nicht mit den Einzelheiten langweilen, aber dieser Prozess liefert Energie, Wasser, Wärme und Hydrium, das aus der Luft abgezogen wird. Es gibt keine beweglichen Teile, keinen Ruß, aber endlos Nachschub. Er hat sie Prometheusmaschine genannt.«
Wieder hob Barton die Maske vors Gesicht und atmete gierig.
»Ich glaub das erst, wenn ich es sehe«, sagte Rath.
Wie auf das Stichwort flammten die Deckenlichter im Ingenierium auf, die Heizer knackten, Wasser gurgelte durch die Röhren.
»Großer Gott!«, sagte Rath.
Barton starrte die Maschine in purer Bewunderung an. »Wie Sie sehen können, Mr Rath, ist das die Tat eines Genies. Grunel hat diese Maschine geschaffen. Deshalb sind Sie und ich jetzt hier. Den Job zu vollenden, an dem ich vor vierzig Jahren gescheitert bin.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Rath.
»Grunel stieg in die Luft, um seine Arbeit im Geheimen zu beenden. Um dem Konsortium zu entkommen. Ich habe ihn verfolgt.«
Aufgeregt blickte ich Kate an. »Er ist B.«, flüsterte ich. »Aus dem Tagebuch. Grunel hatte Recht. Es waren keine Piraten. Barton ist ihnen gefolgt.«
»Ich war ihm dicht auf den Fersen«, erzählte Barton weiter. »Aber er floh in einen Sturm und wir verloren ihn. Wie alle anderen auch hatten wir angenommen, er wäre abgestürzt. Bis das Schiff letzte Woche gesichtet wurde. Nun sind wir hier, Mr Rath, um sicherzugehen, dass die Erfindung nie auf die Erde gelangt.«
»Sie meinen, sie zerstören?« Raths Erstaunen deckte sich mit meinem.
»Genau«, antwortete Barton.
»Das ist aber ein Jammer«, sagte Rath.
»Wir bezahlen Sie nicht für Ihre Meinung, Mr Rath.«
Ich hielt den Atem an, als ich so mit Rath sprechen hörte.
»Gewiss«, sagte Rath und ich sah seine ganze Abneigung und Wut in seinem kalten Lächeln. »Aber vielleicht hätten Sie die Liebenswürdigkeit, meine einfältige Neugier zu befriedigen, Mr Barton. Ich könnte mir vorstellen, welche Bedrohung …«
»Keine Bedrohung, Mr Rath. Und Schluss damit. Das Arubakonsortium hat mehr als sechzig Jahre damit zugebracht, nach Arubatreibstoff zu bohren und ihn zu raffinieren. Mit größtem finanziellen Aufwand ist es uns gelungen, nun die überwiegende Mehrheit der Weltvorräte zu kontrollieren.« Er unterbrach sich, um Sauerstoff aus seiner Maske zu saugen. »Gerade vor kurzem haben wir ein gewaltiges neues Arubafeld entdeckt, vielleicht haben Sie davon in der Zeitung gelesen. Die Suche hat uns an den Rand des Bankrotts gebracht – das allerdings konnten Sie nicht in der Zeitung lesen. Alles wird wieder gut, wenn wir den Treibstoff fördern und verkaufen. Doch wie könnten wir ihn verkaufen, wenn Grunels Wassermaschine daherkommt und uns überflüssig macht?«
»Aber angenommen«, sagte Rath, »nur Sie hätten die Maschine. Sie wären dann immer noch die weltbeherrschenden Energiemakler.«
»Ein verlockender Gedanke«, keuchte Barton und unterbrach sich wieder, um ein paar Züge Sauerstoff zu atmen. »Aber wenn das Geheimnis der Maschine herauskäme – und das würde es früher oder später –, würden wir das Monopol verlieren. Jedermann könnte seine eigene Prometheusmaschine bauen. Und wir hätten nichts mehr zu verkaufen. Riesige Vermögen würden vernichtet, Nationen zusammenbrechen, tausende arbeitslos. Das würde die ganze Welt auf den Kopf stellen.«
Rath lächelte bitter. »Aha, ich verstehe. Sie handeln zum Wohle der Menschheit.«
»Für einen Moralisten hatten Sie bemerkenswert wenig Skrupel, das Feuer auf die Sagarmatha zu eröffnen.«
»Das war Ihr Befehl, Mr Barton.«
»Und es waren meine Geräte, die das möglich gemacht haben. Glauben Sie vielleicht, wir hätten ohne meinen Echolokalisator die Sagarmatha gefunden?«
»Nadira hat also nicht gelogen«, sagte Kate. »Sie hat Rath nicht auf unsere Spur gebracht.« Ich nickte, erleichtert darüber, dass ich ihr zu Recht vertraut hatte.
»Der Echolokalisator ist schon eine hübsche, kleine
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