Airborn 02 - Wolkenpiraten
Miss Simpkins, die allerdings schnell so tat, als müsste sie husten. Es tat mir richtig Leid, als dieses Frühstück zu Ende war und die Mannschaft wieder an ihre jeweilige Arbeit auf dem Schiff ging.
Passagier zu sein, war ich nicht gewöhnt, und es war auch nicht meine Sache. Der Salon war so bequem und geräumig, wie Slater es uns versprochen hatte, und durch das Fenster im Boden hatten wir einen grandiosen Ausblick. Doch ich wollte den Schiffsbug, der durch den Wind schnitt, vor mir haben. Ich wollte etwas Sinnvolles tun, das uns half voranzukommen. Nach Dorjes Berechnung würden wir wenigstens vier Tage brauchen, bis wir die Hyperion abfangen konnten. Zu lange, um sich immer nur in einem Raum aufzuhalten.
Kate schien das überhaupt nichts auszumachen. Sie meinte, sie hätte viel zu lesen und kleine Experimente durchzuführen, und innerhalb kürzester Zeit hatte sie eine Ecke des Salons in ihr Privatlaboratorium umgewandelt.
»Du hast ein Mikroskop mitgebracht?«, fragte ich, während sie die verschiedenen Schachteln ihrer Ausrüstung auspackte.
»Nur ein kleines«, sagte sie bedauernd. »Ich habe mich beschränken müssen.«
Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass aller Weihrauch und die Wacholderzweige ausgebrannt waren, ließ sich auch Miss Simpkins im Salon nieder und las oder nähte. Nadira schien damit zufrieden zu sein, mit einem Kissen auf dem Boden zu liegen und die reichlich vorhandenen Zeitungen und Zeitschriften zu studieren. Doch eigentlich sah sie meistens aus dem Fenster und beobachtete, wie die Macchia des Balkans allmählich von der arabischen Wüste abgelöst wurde. Es war ein wunderbarer Anblick, aber ich war einfach zu nervös, um still sitzen zu bleiben. Aus der Küche kamen anheimelnde Geräusche von Mrs Ram, die schnipselte und rührte und mit den Töpfen klapperte.
Erst marschierte ich im, dann gegen den Uhrzeigersinn im Salon herum. Vor den vielen gerahmten Bildern blieb ich stehen. Es gab eine interessante Serie aus der Bauzeit der Sagarmatha und dann ein Bild von Slater in seiner ganzen Pracht neben der schimmernden Führergondel, wie er sein neues Schiff mit einer Flasche Champagner taufte.
Es gab auch zahlreiche Fotos vom Himalaja, einige davon offensichtlich von einem Luftschiff aus aufgenommen. Ein Bild zeigte Slater in Bergsteigermontur auf einem Felsblock sitzend, im Hintergrund ein Zelt. Neben ihm saß Dorje auf einem viel kleineren Felsbrocken, tiefer als Slater mit dem Arm auf dessen Knie. Slater hatte seinen Arm um Dorjes Schultern gelegt. Vermutlich war das während einer Besteigung des Everest aufgenommen worden. Beide Männer lächelten in die Kamera. Mir gefiel nicht, dass Dorje auf dem Foto so viel tiefer saß als Slater. Das ließ ihn wie einen Diener aussehen, der bescheiden zu Füßen seines Herrn und Meisters hockt.
»Ein bisschen abstoßend, was?«, meinte Kate, als sie neben mich trat. »Der Held und Eroberer.«
Doch dann bemerkte ich, dass ihr Blick zu einem Bild gewandert war, das Slater zeigte, wie er, bis zur Hüfte entblößt, auf einem Elefanten ritt.
»Gestern Abend hast du aber ganz schön beeindruckt gewirkt«, sagte ich. »O Hal, erzähl mir von deinen aufregenden Abenteuern!«
Kates Nasenlöcher verengten sich und sie hob kämpferisch ihr Kinn. »Ich habe nur versucht, höflich zu sein, das Gespräch in Gang zu halten. Falls du es nicht bemerkt haben solltest: Die Stimmung am Tisch war ein klein wenig angespannt.«
Der Salon war eigentlich groß genug, um sich, wenn man leise sprach, privat zu unterhalten, doch mit direktem Blick auf Nadira und Miss Simpkins fühlte ich mich befangen. Und ich traute es Kate nicht zu, bei einem Streit leise zu bleiben. Das war nicht ihre Art.
»Entschuldigung«, sagte ich. »Ich bin wohl schlecht gelaunt. Aber ich fühle mich wie in einer Gefängniszelle.«
»Wenigstens ist es eine bequeme Zelle.«
»Und einige der Insassen sind ganz bezaubernd«, gab ich zu.
Das brachte sie zum Lächeln. »Du solltest mal versuchen, die Kabine mit Majorie zu teilen.«
»Wer hat die obere Koje?«
»Ich. Sie hat Angst, dass sie nachts auf die Toilette muss, und will sich auf der Leiter nicht das Genick brechen. Ich hab ihr gesagt, das wäre ziemlich unwahrscheinlich, außer wenn ich die Sprossen einfette.«
»Das hat sie bestimmt beruhigt.«
»Du wirkst total nervös«, meinte Kate. »Deine Augen flitzen dauernd hin und her. Du hast doch immer gesagt, am glücklichsten wärst du in der Luft.«
»Ich weiß. Aber ich
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