Airborn 02 - Wolkenpiraten
fühle mich wie ein Gepäckstück.«
»Warum lernst du nicht ein bisschen?«
Ich dachte an die Bücher, die ich mitgebracht hatte, an die kleinen Kästchen mit Zahlen, die sich immer in die Wolle bekamen. »Mach ich. Später.«
»Hallo, ihr zwei da drüben. Hu-hu!«
Bei Miss Simpkins’ halb gesungenem Aufruf drehten wir uns beide um. Über ihre Handarbeit hinweg sah sie uns spitz an. »Im Salon zu flüstern zeugt von ausgesprochen unhöflichem Benehmen. Kate, du solltest das eigentlich wissen.«
Kate sah mich an. Verzweiflung glomm in ihren halb geschlossenen Augen auf. »Ich muss versuchen, meine Zunge im Zaum zu halten«, murmelte sie.
»Pass auf, dass du sie gut im Griff hast.«
»Nadira und ich würden uns gerne an eurem Gespräch beteiligen«, flötete Miss Simpkins munter.
»Ich nicht«, bemerkte Nadira. »Liebespaare brauchen Zeit für sich allein.«
»Himmel, nein, die sind kein Liebespaar!« Miss Simpkins lachte schrill. »Meine Güte, nein.«
Nadira blickte mich lächelnd an, und es lag etwas so Verschwörerisches in ihrem Blick, das ich gleichzeitig faszinierend, aber auch irgendwie hinterlistig fand. Ich blickte zur Seite.
»Ich war sowieso gerade auf dem Weg in die Führergondel«, sagte ich. Und mir wurde klar, dass es an Bord der Saga praktisch unmöglich war, sich mit Kate alleine zu unterhalten – geschweige denn, sie zu küssen. Langsam fragte ich mich, ob das für Miss Simpkins nicht der eigentliche Grund gewesen war mitzukommen: Kate und mich sauber auseinander zu halten.
Außerhalb des Salons holte ich erleichtert Luft und stieg die Leiter zur Führergondel hinab. Slater stand am Steuer und Jangbu am Höhenruder. Jangbu lächelte mir zu, aber Slater schien nicht sonderlich erfreut, mich zu sehen.
»Kann ich was für dich tun?«, fragte er.
»Ich muss mal was anderes sehen, falls dich das nicht stört.«
»Solange wir nicht zu viel zu tun haben.«
»Du hast einen allmählichen Anstieg geplant, schätze ich.«
»Richtig. Ich teile ihn so ein, dass wir bei zwanzigtausend Fuß sind, wenn wir auf die Hyperion stoßen. Rund viertausend Fuß am Tag, schön allmählich, damit unser Körper Zeit hat, sich anzupassen. In einem Schiff wie der Aurora fliegst du meist nur in einer Höhe von ein paar tausend Fuß, nicht mehr. Hoffentlich bist du fit. Die Höhe fordert ihren Tribut. Ab zehntausend Fuß wirst du es merken.«
Er hatte eine Art, mit mir zu reden, als müsste er mich belehren. Das ärgerte mich und ich hätte es ihm gerne mit gleicher Münze zurückgezahlt.
»Warum nicht die Quartiere unter Druck setzen?«, fragte ich.
»Hat keinen Sinn. Wenn wir an Bord der Hyperion sind, muss unser Organismus bei zwanzigtausend Fuß Höhe funktionieren. Wenn wir alle bequem in Druckkabinen bleiben, würden wir es keine fünf Minuten aushalten, sobald die Luke aufgeht und die Luft dann so dünn ist wie der Haferschleim bei armen Leuten.«
Er hatte Recht. Ich grunzte nur und wünschte, ich hätte nicht versucht, so schlau zu sein. Besser still bleiben, als Slater die Gelegenheit zu geben, mich zu korrigieren.
»Aber keine Sorge«, meinte er dann. »Die Kabinen sind geheizt, und wenn wir höher kommen, gebe ich ein bisschen Sauerstoff dazu. Nicht zu viel. Ich möchte nicht, dass ihr davon abhängig werdet.«
Ich beschloss, dass es am besten wäre, mich von der Führergondel fern zu halten, wenn Slater Wache hatte. Besser wäre es, ich würde mich hinter meine Bücher klemmen und lernen. Die kramte ich dann in meiner Kabine auch pflichtschuldigst aus meinem Seesack.
Die nächsten sechsunddreißig Stunden versuchte ich, den zufriedenen Passagier zu spielen, was so schlimm dann auch nicht war. Das Essen schmeckte ausgezeichnet. Ich lernte. Ich schaute aus dem Fenster und sah Indien auf Persien folgen, ich konnte einen Blick auf Madras erhaschen, bevor das geriffelte Blau des Indischen Ozeans in Sicht kam. Jetzt gäbe es für uns kein Land mehr zu sehen, bis wir die Nordwestküste Australiens überquerten.
Manchmal konnte ich die eleganten Umrisse anderer Luftschiffe tief unter uns erkennen, denn wir befanden uns bereits weit über der normalen Flughöhe. Die Außentemperatur betrug nun nur noch wenig über null Grad, doch in den Kabinen war es angenehm warm. Bisher spürte ich noch kein Anzeichen von Höhenkrankheit, auch niemand sonst, nicht einmal Miss Simpkins, von der ich annahm, sie würde als Erste darüber klagen. Slaters Akklimatisierungsprogramm schien gut zu funktionieren.
Kate war
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