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Airborn 02 - Wolkenpiraten

Titel: Airborn 02 - Wolkenpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Glas gelehnt, die Stirn festgefroren und mit weit aufgerissenen Augen. Sonne und Zeit hatten seine Haut schwarz verfärbt, aber der Körper war völlig erhalten, nur etwas geschrumpft in der Uniform. Der Mund war leicht geöffnet und eine seiner verdorrten Hände hielt das Sprachrohr. Er war wohl gerade dabei gewesen, etwas zu melden, als der Tod dazwischenkam und ihn unterbrach.
    Ich blickte über die Schulter und sah Kate vorsichtig auf mich zuschwanken. Hinter ihr war Nadira gerade gelandet und gleich würde auch Hal eintreffen. Ich musste die Luke aufkriegen. Da nahm ich die Maske ab und rief dicht an Kates Kapuze, damit sie mich verstehen konnte: »Da ist einer!«
    Ich deutete auf das Krähennest und sie nickte. Dann beugte ich mich nieder und hievte die Kuppel hoch. Kate half mir dabei. Die Scharniere kreischten und Eisstaub tanzte durch die Luft. Die Stirn des Toten löste sich vom Glas, und er stürzte nach vorn, steif wie eine Schaufensterpuppe. Als das Gesicht auf den Rand der geöffneten Luke prallte, splitterte ein Stück seiner Backe ab.
    Ich blickte zu Kate hinüber, um zu sehen, wie es ihr ging, doch ihr Gesicht war ganz hinter Kapuze, Maske und Brille verborgen.
    Der Tote musste da weg, er blockierte die Leiter. Ich sprang ins Krähennest und versuchte ihn wegzuziehen. Ein schwieriges Unterfangen, denn er war schwer vom Eis, und seine Arme waren ausgestreckt. Einen schrecklichen Augenblick lang befürchtete ich, dass ich ihn fallen lassen müsste und er vor meinen Augen in hundert Stücke zerspringen würde.
    Aber plötzlich war Hal bei mir im Krähennest. Er packte den Körper unter den Achseln, hob ihn an und wuchtete ihn hinaus auf den Schiffsrücken. Bevor ich auch nur hätte protestieren können, stieß er den Toten kräftig an und ließ ihn über die Wölbung des Schiffsrumpfs in den weiten blauen Himmel schlittern. Dann stieg Hal wie selbstverständlich die Leiter hinunter.
    Dorje stand neben der Luke und bedeutete Kate und Nadira, ihm zu folgen. Dann stieg ich selbst hinunter. Ohne den Wind war es nicht annähernd so kalt und der Schmerz auf meiner Stirn ließ nach. Durch die offene Luke fiel Licht auf die dünnen Sprossen und beleuchtete schwach die hölzernen Rippen und die riesigen Gaszellen, die aus einer Sorte Goldschlägerhaut hergestellt worden waren, die man seit zwanzig Jahren nicht mehr benutzte. Teile der Takelung bestanden aus Tauen statt aus Alumironseilen. Die Hyperion war ein ehrwürdiges Schiff, eines von den ersten großen Luftschiffen, die den Himmel durchquerten. Sie war ein Stück Geschichte. Und dass sie noch flog, war ein Beweis für die Qualität der Handwerker, die sie gebaut hatten.
    Über mir schloss Dorje die Luke, und der Niedergang wäre in Dunkelheit getaucht worden, hätte Hal nicht mit der Stablampe heraufgeleuchtet. Er wartete auf dem Steg mit Kate und Nadira, die Brille und Maske abgenommen hatten, so wie ich es jetzt auch tat. Nach dem konzentrierten Sauerstoff schien die dünne Luft zunächst nur eine kärgliche Kost zu sein, doch nach ein paar Atemzügen war ich wieder daran gewöhnt. Als ich Hal und Dorje normal und ohne jede Hilfe atmen sah, beschloss ich, meine Maske nicht mehr zu benutzen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Hal.
    Kate und Nadira atmeten schwer, doch beide nickten. In der kalten Luft bildeten sich vor Mund und Nase Atemwolken wie Drachenrauch.
    »Ich kann es nicht glauben, dass du diesen Mann einfach über Bord geworfen hast«, sagte ich. In dem dunklen Schiff klang meine Stimme klein und hohl.
    »Er ist kein Mann mehr«, erwiderte Hal scharf. »Er ist Eis. Und er war uns im Weg. Auf dem Schiffsrücken rumzulungern ist zu unsicher. Das Krähennest muss für uns und unsere Ladung frei sein. Es ist unser Hauptdurchgang.«
    »Jeder verdient ein anständiges Begräbnis«, meinte Kate.
    »Wir hätten ihn die Leiter runterlassen können«, sagte ich.
    »Wenn wir seine Arme abgebrochen hätten, vielleicht. Die Zeit dafür wollte ich nicht vergeuden. Jetzt hört mal mit dem sentimentalen Quatsch auf und spart euren Atem.«
    »Hal hat Recht«, meldete sich Nadira. »Der Weg muss frei sein.«
    Ich blickte Dorje an und hoffte auf Unterstützung, aber er sagte nichts. Entweder war er derselben Meinung wie Hal, oder er war seinem Kapitän gegenüber zu loyal, um ihn vor anderen zu kritisieren. In dem schwachen Licht blickte ich mich um. Neben dem Steg befanden sich die gekräuselten Wände der Gaszellen mit den funkelnden Eiskristallen, die eine Art

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