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Airborn 02 - Wolkenpiraten

Titel: Airborn 02 - Wolkenpiraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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Schlucht bildeten. Wir befanden uns auf dem Axialsteg, der als Hauptverbindung durch die Mitte des Schiffs vom Bug bis zum Heck verlief. Außerhalb der Reichweite von Hals Lampe erstreckte sich der Steg in die Dunkelheit, und ich fühlte die höhlenartige Weite des Schiffs um mich herum, ein Gebäude aus unsichtbaren Räumen.
    »Hier lang«, sagte Hal und stieg eine andere Leiter hinunter. »Zum Kielsteg.«
    Vielleicht lag es an den hölzernen Rippen des Schiffs oder an meinem Schutzanzug oder an dem Sauerstoffbehälter in meinem Rucksack, dass ich mich bei jedem meiner langsamen und vorsichtigen Schritte wie ein Tiefseetaucher fühlte. Die Luft um mich herum war kalt und schwer wie arktisches Wasser.
    »Holt eure Lampen raus«, sagte Hal, als wir alle unten waren.
    Ich schaltete meine an. Ich hatte mich ja auf einiges gefasst gemacht, aber nicht auf den Anblick, der sich uns bot. Es sah aus wie in einem gefrorenen Schiffswrack auf dem Meeresboden. Alle Behälter und Leitungen an der Decke waren geplatzt und die verschiedensten Flüssigkeiten – Wasser, Treibstoff, Schmiermittel – waren mitten im Fluss erstarrt. Große Stalaktiten aus Öl hingen spitz von oben herab und ließen traumhafte Regenbögen entstehen, wenn ein Strahl aus unseren Lampen auf sie fiel. Wände, Träger und Seile trugen violette, orange und blutrote Eisschichten, die an seltsame Korallen und Seeanemonen erinnerten. Der Arubatreibstoff hatte sich beim Gefrieren leuchtend grün verfärbt und zu wilden Spiralen, Bögen und Pfeilern verformt, als wäre eine Armee von Koboldhandwerkern schwer an der Arbeit gewesen.
    »Zuerst die Führergondel«, sagte Hal scheinbar unberührt von der unwirklichen Schönheit, die ihn umgab.
    Vorsichtig pirschte er voran. Ich sah, wie Dorje beim Gehen geschickt einen Plan zeichnete. Wir hielten nur an, um die Türen von ein paar Mannschaftskabinen aufzustoßen. In zweien davon glitt der Strahl meiner Lampe über dunkle Erhebungen – Luftmatrosen, die in ihren Kojen erfroren waren. Sie sahen aus wie die Körper, die man nach dem Ausbruch des Vesuvs in Pompeji gefunden hatte.
    »So möchte ich einmal abtreten«, meinte Hal, »im Schlaf.«
    Was immer die Hyperion vor vierzig Jahren zum Untergang verdammt hatte, war rasch und bei Nacht geschehen.
    Dann stiegen wir die vereiste Leiter zur Führergondel hinab.
    Die hohen Fenster waren dick zugefroren, ließen aber genügend Licht hindurch, so dass wir die Lampen ausschalten konnten. Rinnsale von gefrorenem Wasser bedeckten Scheiben und Wände. Eiszapfen hingen von der Decke. Die Mehrzahl der Mannschaft lag mit verrenkten Gliedmaßen auf dem Boden, festgefroren in Pfützen aus Eis. Der Kapitän, noch mit der Mütze auf dem Kopf, saß zusammengesackt vor dem Steuerrad. Seine Hände umklammerten die Speichen, doch sie waren nicht mehr mit den Handgelenken verbunden und schon vor langem abgebrochen.
    »Was ist mit ihnen allen nur passiert?«, fragte sich Kate laut.
    Der Anblick dieser toten Männer war wirklich schrecklich, und ich musste mich zwingen, sachlich zu denken und sie als reine Objekte zu betrachten. Anders hätte ich sie mir nicht in Ruhe ansehen können.
    Plötzlich zuckte der Kapitän, und ich schrie auf, doch das Steuerrad hatte sich nur gedreht und seinen steifen Körper bewegt.
    »Das sind gute Neuigkeiten«, murmelte Dorje und beobachtete, wie sich das Rad drehte.
    »Die Ruderketten funktionieren noch«, warf ich ein, froh, mich auf eine konkrete Sache konzentrieren zu können.
    »Zumindest können wir sie steuern«, sagte Hal. »So sind wir nicht alleine auf die Gunst der Winde angewiesen. Ich habe Jangbu gesagt, wir würden beidrehen, wenn wir könnten. Das sollte uns bei der Bergung eine Menge Ärger vom Hals halten.«
    »Was ist Beidrehen?«, fragte Nadira.
    »Das Schiff in den Wind bringen und das Ruder feststellen«, erklärte ich. Auch mit nur vier Motoren müsste die Saga die Kraft haben, die Hyperion nicht nach hinten abtreiben zu lassen.
    Kurzerhand packten Hal und Dorje den Kapitän und rissen ihn von seinem Sitz los. Dann lehnten sie ihn gegen die Wand. Hal griff nach dem Steuer.
    »Mal sehen, wie sie sich bewegt.«
    Vierzig Jahre lang hatte nur der Wind die Hyperion gelenkt. Jetzt hatte sie wieder einen Steuermann. Ganz vorsichtig begann Hal das Steuerrad zu drehen.
    »Sie rührt sich«, sagte ich.
    Da er sich bewusst war, dass Jangbu die Saga entsprechend manövrieren musste, drehte Hal die Hyperion sehr langsam bei.
    »Das müsste es sein.

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