Airframe
Grundrecht auf freie Meinungsäußerung einschränken? Das würde doch so aussehen, als hätten Sie wirklich etwas zu verbergen.«
»Mit anderen Worten«, sagte Marder, »die können die Story bringen, und wir können nichts dagegen unternehmen.«
»Ja.«
»Okay. Aber ich glaube, daß Newslines Informationen ungenau und einseitig sind. Können wir verlangen, daß sie uns gleichlange Sendezeit für die Darstellung unserer Argumente einräumen?«
»Nein«, sagte Fuller. »Die Fairneß-Doktrin, zu der auch der Anspruch auf gleichlange Sendezeit gehörte, wurde unter Reagan gekippt. Nachrichtensendungen sind nicht verpflichtet, alle Aspekte eines Themas zu präsentieren.«
»Sie können also sagen, was sie wollen, egal, wie unausgewogen das ist?«
»Korrekt.«
»Aber das ist doch ungerecht.«
»Es ist das Gesetz«, sagte Fuller mit einem Achselzucken.
»Okay«, sagte Marder. »Jetzt geht aber diese Reportage zu einem für die Firma sehr kritischen Zeitpunkt auf Sendung. Negative Publicity kann uns das China-Geschäft kosten.«
»Ja, das ist möglich.«
»Angenommen, wir verlieren als Folge dieser Sendung das Geschäft. Wenn wir beweisen können, daß Newsline irrige Ansichten verbreitet hat - und wir ihnen gesagt haben, daß sie irrig sind -, können wir sie dann auf Schadenersatz verklagen?«
»Praktisch nein. Wir würden beweisen müssen, daß sie sich fahrlässiger Nichtbeachtung< der ihnen bekannten Fakten schuldig gemacht haben. Und die Geschichte zeigt uns, daß so etwas äußerst schwierig zu beweisen ist.«
»Newsline ist also nicht schadenersatzpflichtig?«
»Nein.«
»Sie können sagen, was sie wollen, und wenn sie uns damit aus dem Geschäft werfen, ist das unser Pech.«
»Das ist richtig.«
»Gibt es denn gar keine Einschränkungen in bezug auf das, was sie sagen dürfen?«
»Nun ja.« Fuller rutschte in seinem Stuhl nach vorn. »Wenn sie die Firma falsch darstellen, sind sie vielleicht haftbar zu machen. Aber im vorliegenden Fall haben wir eine Klage, die ein Anwalt im Namen eines Passagiers vom Flug 545 angestrengt hat. Newsline kann deshalb behaupten, daß sie nur über Tatsachen berichten: daß nämlich ein Anwalt die folgenden Anklagen gegen uns vorgebracht hat.«
»Verstehe«, sagte Marder. »Aber eine vor Gericht vorgebrachte Klage hat nur beschränkte Publicity. Newsline wird diese verrückte Behauptung vierzig Millionen Zuschauern präsentieren. Und gleichzeitig werden sie diese Behauptung bekräftigen, einfach indem sie sie im Fernsehen wiederholen. Der Schaden für uns rührt von der Verbreitung der Behauptung her, nicht von der Behauptung selbst.«
»Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Fuller. »Aber das Gesetz sieht es nicht so, Newsline hat das Recht, über einen anhängigen Prozeß zu berichten.«
»Newsline ist nicht zu einer unabhängigen Prüfung der vorgebrachten Anschuldigungen verpflichtet, gleichgültig wie ungeheuerlich die sind? Wenn also der Anwalt sagt, daß wir, zum Beispiel, Kinderschänder beschäftigen, dann könnte Newsline das bringen, ohne daß sie haftbar gemacht werden können?«
»Korrekt.«
»Nehmen wir an, wir gehen vor Gericht und gewinnen. Es ist klar, daß Newsline irrige Ansichten über unser Produkt verbreitet hat, irrige Ansichten, basierend auf den Behauptungen des Anwalts, die vor Gericht verworfen wurden. Ist Newsline dann verpflichtet, die Aussagen zurückzunehmen, die sie vor vierzig Millionen Zuschauern gemacht haben?«
»Nein. Sie sind nicht dazu verpflichtet.«
»Warum nicht?«
»Newsline kann entscheiden, was berichtenswert ist. Wenn sie den Ausgang des Prozesses für nicht berichtenswert halten, müssen sie nicht darüber berichten. Es ist ihre Entscheidung.«
»Und unterdessen geht die Firma bankrott«, sagte Marder. »Dreißigtausend Angestellte verlieren ihre Arbeit, ihre Häuser, ihre Krankenversicherung und fangen eine neue Karriere bei Burger King an. Dazu noch einmal fünfzigtausend Angestellte, wenn unsere Zulieferfirmen in Georgia, Ohio, Texas und Connecticut ihre Tore schließen müssen. All diese guten Leute, die ihr Leben lang gearbeitet haben, um das beste Flugzeug auf dem Markt zu entwickeln, zu bauen und zu warten, kriegen einen Händedruck und einen schnellen Tritt in den Hintern. Wollen Sie mir sagen, daß das so läuft?« Fuller zuckte die Achseln. »So funktioniert das System. Ja.«
»Ich würde sagen, das System ist beschissen.«
»Das System ist das System«, sagte Ful-ler.
Marder warf Casey einen
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