Airframe
mit überei-nandergeschlagenen Beinen da, einen Notizblock auf dem Schoß.
»Einleitend möchte ich sagen«, begann Malone nun, »daß wir wissen, was bei Flug 545 passiert ist.« Wirklich? dachte Casey. Das wissen ja noch nicht mal wir.
Malone sagte: »Die Slats wurden mitten im Flug ausgefahren - ich glaube, man spricht von slats deployment -, die Maschine wurde instabil, ging mit der Nase hoch und runter, und dabei wurden Passagiere getötet. Jeder hat den Film über diesen tragischen Unfall gesehen. Wir wissen, daß Passagiere Prozesse gegen die Firma angestrengt haben. Wir wissen außerdem, daß die N-22 eine lange Geschichte von Slats-Problemen hat, die weder die FAA noch die Firma zu beheben bereit waren. Und das, obwohl es in den vergangenen Jahren zu acht verschiedenen Vorfällen gekommen ist.«
Malone hielt einen Augenblick inne und fuhr dann fort: »Wir wissen, daß die FAA bei ihren Genehmigungsverfahren so lax ist, daß sie nicht einmal die Übereignung der dazu nötigen Dokumente verlangt. Die FAA hat Norton gestattet, diese Unterlagen hier aufzubewahren.«
O Gott, dachte Casey. Die hat ja absolut keine Ahnung.
»Lassen Sie mich zuerst auf den letzten Punkt eingehen«, sagte Marder. »Die FAA verwahrt von keinem Hersteller die zur Freigabe nötigen Dokumente. Nicht von Boeing, nicht von
Douglas, nicht von Airbus und auch nicht unsere. Offen gesagt, uns wäre es lieber, wenn die FAA die Archivierung übernehmen würde. Aber die FAA kann sie nicht aufbewahren, weil diese Dokumente eigentumsrechtlich geschützte Informationen enthalten. Wenn sie im Besitz der FAA wären, könnten unsere Konkurrenten sich gemäß dem Gesetz zur Informationsfreiheit diese Informationen beschaffen. Und einige Konkurrenten würden nichts lieber tun. Vor allem Airbus arbeitet seit längerem auf eine Änderung der FAA-Politik hin - aus den eben genannten Gründen. Ich nehme deshalb an, daß Sie Ihre Ansichten über die FAA von jemandem bei Airbus haben.«
Casey sah Malone zögern und in ihre Notizen schauen. Es stimmt, dachte sie. Marder hatte ihre Quelle dingfest gemacht: Airbus hatte ihr diesen Leckerbissen zukommen lassen, wahrscheinlich über seinen PR-Ausleger, das Institute for aviation Research. Wußte Malone überhaupt, daß das Institut nur eine Deckorganisation von Airbus war?
»Aber sind Sie nicht auch der Ansicht«, sagte Malone kühl, »daß das Verhältnis ein bißchen zu eng ist, wenn die FAA Norton die eigenen Dokumente aufbewahren läßt?«
»Ms. Malone«, sagte Marder, »wie ich bereits gesagt habe, wäre es uns lieber, wenn die FAA die Archivierung übernehmen würde. Aber wir haben das Gesetz zur Informationsfreiheit nicht verfaßt. Wir machen die Gesetze nicht. Wir sind allerdings der Ansicht, daß, wenn wir Milliarden in die Entwicklung eines eigentumsrechtlich geschützten Produkts stecken, diese Informationen unseren Konkurrenten nicht kostenfrei zur Verfügung gestellt werden sollten. So wie ich es verstehe, wurde das Informationsfreiheitsgesetz nicht erlassen, um ausländischer Konkurrenz die Plünderung amerikanischer Technologie zu ermöglichen.«
»Sie haben also etwas gegen das Informationsfreiheitsgesetz?«
»Ganz und gar nicht. Ich sage nur, daß es nie dazu bestimmt war, Industriespionage zu erleichtern.« Marder lehnte sich zurück. »Doch nun, Sie haben Flug 545 erwähnt.«
»Ja.«
»Zunächst einmal sind wir nicht der Ansicht, daß der Unfall eine Folge von slats deployment war.«
Oh-oh, dachte Casey. Marder wagte sich da auf dünnes Eis. Was er sagte, stimmte nicht, und es konnte gut sein, daß …
Marder sagte: »Gegenwärtig untersuchen wir diesen Vorfall, und obwohl es verfrüht ist, schon jetzt über die Ergebnisse dieser Untersuchung zu sprechen, glaube ich jedoch, daß Sie über diese Situation falsch informiert wurden. Ich nehme an, diese Slats-Geschichte haben Sie von Fred Barker.«
»Wir haben unter anderem auch mit Mr. Barker gesprochen … «
»Haben Sie mit der FAA über Mr. Barker gesprochen?« fragte Marder.
»Wir wissen, daß er umstritten ist …«
»Das ist gelinde ausgedrückt. Sagen wir einfach, er nimmt eine Fürsprecherhaltung ein, deren Argumente faktisch inkorrekt sind.«
»Die Sie für inkorrekt halten.«
»Nein, Ms. Malone, die faktisch inkorrekt sind«, erwiderte Marder gereizt. Er deutete auf die Papiere, die Malone auf dem Tisch ausgebreitet hatte. »Ich konnte nicht umhin, Ihre Liste der Slats-Vorfälle zu bemerken. Haben Sie die von
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