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Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Mann dort oben überhaupt noch atmete.
    Viele Chancen hatte er sowieso nicht. Dieser Kapitän Andersen würde wahrscheinlich doch mit einer Leiche landen müssen … Und Evi?
    »Evi, es tut mir so leid, daß …«
    »Sag nicht sowas. Nicht jetzt …«
    Sie war verflucht tapfer. Um so besser. Er dachte es voll Mitleid und Bewunderung.
    »Evi, paß auf: Es ist das Atemzentrum. Und es droht völlig abzuschalten. Wir müssen vor allem versuchen, es wieder zu reanimieren. Das geht nur über den Kreislauf.«
    Er sprach langsam und deutlich und er zwang sich zu der Vorstellung, dies sei keine echte, geradezu abenteuerlich verfahrene Situation, sondern nur eine Übung während einer der Wiederbelebungs-Lehrgänge, die er manchmal hielt. »Wir müssen es mit mechanischem Druck versuchen. Und mit Medikamenten.«
    »Mechanischem Druck? Du meinst eine Herzmassage?«
    »Richtig. Kannst du sowas?«
    »Oh ja … Ich hab's gelernt. Und ich hab's in letzter Zeit oft genug geübt.«
    Oft genug geübt? Wo zum Teufel hat sie das geübt? dachte er. Und laut sagte er: »Um so besser, Evi. Du hast doch eine Medikamenten-Liste?«
    »Ja. Hier … Die Atropin-Spritze habe ich bereits herausgeholt.«
    »Ja, toll! Atropin wäre gut. Aber habt ihr auch Dopamin an Bord?«
    »Moment … ja, hier steht's.«
    »Hör zu: Achtzig Milligramm Dopamin. Und intravenös.«
    Er fragte schon gar nicht, ob dieses rotblonde Phänomen in ihrem Super-Jumbo auch die Spritztechnik beherrschte; er setzte es voraus.
    Und da kam es ja auch schon: »In Ordnung«, sagte sie.
    Nichts war in Ordnung, verdammt nochmal … »Gut, Evi. Nimm das Dopamin. In fünfzehn Minuten setzt du eine zweite, in dreißig Minuten eine dritte Spritze. Und in der Zwischenzeit muß eine Herzmassage gemacht werden. Du weißt doch, wie man am besten den Druckpunkt findet?«
    Und schon wieder kam es: »Die linke Hand auf das untere Drittel des Brustbeins, die rechte … Aber ich muß mich jetzt beeilen.«
    »Tu das, Mädchen! Du weißt, ich bin hier …«
    Ein Klappern. Das atmosphärische Rauschen im Lautsprecher hatte sich verstärkt, doch immer wieder glaubte Hansen Geräusche zu vernehmen. Und nun, ganz deutlich ein rhythmisches Atemgeräusch. Es war nicht der Patient, der hier atmete. Evi mußte es sein, die mit der Herzdruckmassage begonnen hatte …
    Marein sah ihn an. »Ein unglaubliches Mädchen!« sagte er.
    Ja, dachte Hansen, ein unglaubliches Mädchen …
    Es dauerte nur den Teil einer Sekunde und schien sich doch über tausend Ewigkeiten zu dehnen – eine Welle von flüssig glühendem, leuchtendem Gold, eine unerträgliche, sich ausdehnende Hitze durchflutete ihn, schoß durch seine Adern bis in die letzten Nervenbahnen und verlieh Ramon eine ungeheure, gottgleiche Macht: Er wehrte die schreienden Teufelsgestalten ab, die über ihn herfielen, zerstörte sie, vernichtete sie – doch das Flammenrad in seinem Kopf drehte sich schneller und schneller, löste sich in einen dunklen Strudel auf, der ihn mitriß in einen Abgrund.
    Evi Borges zog die Dopamin-Spritze zurück.
    Es war die dritte.
    Sie nahm die Stablampe, die zur Unfallausrüstung gehörte und ließ den gebündelten Lichtstrahl über Ramons weitgeöffnete starre Augen gleiten. Zuvor – hatte sich da nicht die Pupille verändert? Evi war sich sicher gewesen.
    Ihre Hand suchte die Halsschlag-Ader. Es war so schwer zu sagen, ob sich der Puls kräftigte.
    Wieder nahm sie den Hörer auf, der sie über das Zentrale Bord-Kommunikations-System mit dem Tower in Frankfurt verband.
    »Hat sich irgendetwas geändert?« fragte Dr. Hansen.
    »Der Brustkorb bewegt sich«, antwortete Evi. »Die Atmung scheint ein bißchen kräftiger. Und vorher hatte ich auch den Eindruck, als sei mit der Pupille etwas geschehen – aber jetzt? Ich hab ihm gerade die dritte Spritze gegeben.«
    »Stehst du das denn durch? Die Druck-Massage ist verdammt anstrengend.«
    »Ich glaub schon.«
    »Noch zwanzig Minuten, Evi. Ach was, vielleicht fünfzehn. Hast du niemanden, der dich ablösen kann? Du mußt doch völlig erschöpft sein.«
    Und wieder richtete Evi sich auf, drückte ihre Hände auf diesem elastischen Knochenspannstück zum Zentrum der Brust, gab sie Druck, senkrecht von oben, wie sie es gelernt hatte, ganz senkrecht, mit ihrem ganzen Gewicht, und stimmte mit dieser Anstrengung den Atem ab. Gleichmäßig, rhythmisch: Hoch – runter … durchhalten … bloß durchhalten!
    Chris, dachte sie, rief es in ihr: Chris, hilf!
    Den kleinen Talisman von

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