Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Ehre?«
    »Das können Sie sich doch sicher denken, Herr Doktor.« Niebuhr sagte es. Er war ein drahtiger, junger Mann in Jeans und Jeansjacke. Den rechten Arm ließ er lässig übe die Stuhllehne baumeln. Das Gesicht hätte einem Sportlehrer gehören können, der die Leistung eines Schülers belächelt. Fängt gut an, dachte Hansen grimmig.
    »Nun, es ist so, Herr Doktor«, schaltete sich Brunner ein. »Von Herrn Marein bekamen wir einen Hinweis, daß sich an Bord des LH-Flugs aus Caracas vielleicht ein Drogen-Kurier befand. Sie selbst sollen Herrn Marein auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht haben.«
    Fritz Hansen nickte. »Stimmt. Und? – Ich muß Ihnen übrigens gratulieren: Sie sind sehr schnell. Und Sie hören wirklich das Gras wachsen.«
    »Na ja«, meinte Niebuhr, »wir haben auch unseren Job, nicht?«
    »Und was wollen Sie jetzt von mir?«
    »Aber das ist doch einfach, Herr Doktor. Sie haben den Mann in Ihrem Gewahrsam …«
    »Ich habe ihn nicht in Gewahrsam, er liegt bei uns auf dem OP-Tisch. Und es geht ihm verdammt schlecht, das kann ich Ihnen versichern.«
    »Trotzdem.«
    »Trotzdem was?«
    »Trotzdem müssen wir sicherstellen, daß er sich, wenn's ihm besser geht, nicht einfach in Luft auflöst. Wir müssen ihn also zunächst bewachen und ihn dann im Untersuchungs-Gefängnis weiterbehandeln lassen. Ich meine, falls er tatsächlich ein Drogen-Kurier ist …«
    »Eben. Ich bin zwar auch davon überzeugt, aber ich finde, wir sollten das erst mal abklären. Und dann wäre es vielleicht gut, wenn Sie sowas Nebensächliches wie einen Haftbefehl vorlegen könnten. Finden Sie nicht?«
    »Da machen Sie sich mal keine Sorgen, Doktor. Den haben wir ganz schnell.«
    »Na dann«, sagte Hansen, »dann geh ich mal zurück an meinen Arbeitsplatz …« Er erhob sich. »Das heißt, Sie können gleich mitkommen. Vielleicht wissen wir inzwischen, was mit dem Mann los ist. Und ob er dieses Dreckszeug geschmuggelt hat.«
    Es war der unsterile OP, gut. Aber Hansen machte eine Handbewegung, die den beiden befahl, vor dem Eingang zu warten.
    Er zog die Tür hinter sich zu, ging in die Mitte des Raums, den ein leichter Geruch nach Desinfektionsmitteln und Ausscheidungen erfüllte. Wullemann stand neben dem mit Tüchern bedeckten Körper und deutete auf die emaillierte Auffangschüssel in seiner linken Hand.
    »Ich hab's! Und ich hab se alle, Herr Doktor.«
    Noch begriff Hansen nicht. Er ging zum Spirographen, an dem Berta Maier-Blobel, die Anästhesistin, gerade eine Lungenfunktionsprüfung durchführte. »Die Atmung kommt, es läuft ganz prima«, sagte sie. »Aber gut – der Rest ist schon ziemlich verrückt, nicht? Sehen Sie sich mal an, was Wullemann in der Hand hält!«
    »Zeig mal!«
    Fritz Wullemann lächelte stolz. Und auch Lukrezia Bonelli, die gerade einen Wischlappen in den Eimer warf, lächelte breit.
    Hansen sah runde, kleine Kugeln. Viele, viele Kugeln waren es.
    »Was ist denn das?«
    »Ja nun, Doktor …« Wullemann blieb völlig ernst: »Da wir hier im OP noch keine Ziejen halten, obwohl's so aussieht, gloob ick, daß die Kügelchen mit wat anderem zu tun ham, und dreimal dürfen se raten …«
    Es gab nichts zu raten. Hansen ließ sich von Lukrezia ein paar neue Gummihandschuhe überstreifen. Er befühlte eine der Kugeln. Die Außenwand war elastisch. Der Durchmesser zirka ein Zentimeter.
    »Hier!« Wullemann zeigte auf eine kleine Glasschale: »Hier, det war ooch dabei. Hier ham wir dat corpus delicti oder wie det heeßt.«
    Diese Kugel war aufgerissen. Die beiden Hälften klappten auseinander, und sie hatten ihren Inhalt in den Magen ergossen und damit den Mann hier an den Rand des Todes gebracht.
    »Zweihundertsechzehn Kugeln – muß man sich mal vorstellen!«
    Und jede dieser Kugeln enthielt, schätze Hansen, ein Gramm oder mehr. Vielleicht waren sie clever, die Absender, und falls der Kolumbianer auf eigenes Risiko fuhr, hatte er gute Ratgeber gehabt, die sich selbst das noch überlegten: Zwischen 800 und 1200 Milligramm lag die Toleranzgrenze für die Kokain-Resorption. Mehr bedeutete den sicheren Tod …
    Wahrscheinlicher schien, daß die Auftraggeber sich ihrer Sache sicher gewesen waren und all diese Rechnungen gar nicht aufgestellt hatten.
    Wie auch immer: Der Kolumbianer hier, dieser Joaquin Caldas, schien kräftig und robust. Wenn er einem grausamen Ende nur um Haaresbreite entronnen war, hieß das, daß er zwischen einem und anderthalb Gramm reines Kokain über den Magen aufgenommen

Weitere Kostenlose Bücher