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Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Auftritt, der ganze Tag – es kam ihm alles so unwirklich vor. Theater, Operette, italienische Schmieren-Komödie … oh nein, sie meinte es ernst! Und er bedauerte jetzt, daß er sie gehen ließ. Er hätte ihr die Wahrheit sagen müssen. Die ganze Wahrheit.
    Aber so oder so: Der Fall war ausgestanden …
    Weiße Zahlen auf schwarzem Grund. Sie tanzen, machen anderen Zahlen Platz, füllen Zwischenräume aus und verschwinden wieder. Manchmal tauchen am rechten Ende zwei grüne Lichter auf – nämlich dann, wenn draußen auf dem Flugfeld gerade eine Maschine gelandet ist.
    Sie tanzen überall, diese Zahlen. Auf der Ankunfts- oder der Abflugs-Ebene. In den Schalterhallen. Über dem Zugang zu den Warteräumen. In den Etagen über den Flugsteigen. In der Transit-Halle.
    ›MOSKAU – PLANMÄSSIGE ANKUNFT 17.30‹, steht auf der Fluganzeigetafel. Und dann: ›DELAYED – 24.15. DALLAS – LONDON – 23.30 – DELAYED. SALONIKI, BOMBAY, ANKARA, ROM … ‹
    Und die Zahlen verschwinden wieder. Immer mehr verschwinden. Große, dunkle Flächen wachsen über die Tafeln, ihr Puls wird matt: Mitternacht im Airport-Frankfurt …
    Wer um diese Zeit das gewaltige Beton-Labyrinth durchstreifte, hatte zumeist ein Ziel im Sinn: die Garage.
    Spaziergänger waren selten. Doch Dr. Rolf Gräfe liebte diese Stunde, ging nach dem Spätdienst oft durch die verwaisten Galerien; die von Reklamen beleuchteten, endlosen Gänge. Die Anspannung der Arbeit hatte ihn noch im Griff, er wollte sie ausklingen lassen. Es gab keine bessere Methode.
    Die Rolltreppe knackte. Gräfe ließ sich in den Bereich ›B‹ tragen, die Ankunfts-Ebene, das große Sammelbecken der aus dem Ausland ankommenden Passagiere. Er hatte das Gefühl, als bewege er sich in einem Traum. Unter Menschen. Inmitten fröhlicher, lachender Gesichter. Warum sollte er nicht auch ausgelassen sein? Wenn er so etwas wie Wärme und Nähe brauchte, gab es schließlich die Frauen. Für viele Jahre war es Olga gewesen, die frisch geschiedene Mutter eines sechzehnjährigen Jungen. Dann aber war Olga zu ihrem Mann zurückgekehrt, und es kam Britte …
    Britte!
    Weshalb wurde er den Namen nicht los? Und nicht den Gedanken an sie? Mit Britte war es schließlich vorbei. Britte – das war Vergangenheit. Nichts als ein Name.
    Rolf Gräfe ging nun doch in die Personal-Garage, holte sein Motorrad und setzte es in Gang. Langsam glitt die BMW aus dem Trockenen, und sofort hörte er das Rauschen.
    Scheiß-Regen! … Doch wieso eigentlich? Vielleicht war der Regen das beste Gegenmittel gegen seine negativen Gedanken? Vielleicht würde er verscheuchen, was ihn quälte, und wusch den ganzen Dreck von ihm ab …
    Als er die Maschine am Parkhaus vorbei auf die Auffahrt lenkte, verstärkte sich alles noch: graue Wasserschnüre, graue Gebäudeschatten, dahinter die fahlblaue Helligkeit der Straßenleuchten. Und Taxis, die an ihm vorüberplatschten und ihn mit Wasser beschmissen.
    Ja, von wegen! Euch zeig ich's.
    Gräfe trieb den Motor hoch, und die BMW sauste ab, pflügte durch Lachen, schoß an Taxis, an Lkws vorbei, schnitt, dann war er durch – Vollgas!
    Der Regen peitschte sein Gesicht, drang in den Kragen der Lederjacke bis zum Rücken, Lichter flitzten vorüber. Eine graue Gischtwolke hinter sich herziehend, von irritierten Lichthupen-Signalen verfolgt, raste das Motorrad durch die Nacht.
    Rolf Gräfe fühlte sich frei.
    Wie lange er so fuhr, wo er sich befand – er wußte es längst nicht mehr. Irgendwo, irgendwann ließ er die BMW langsamer rollen. Um ihn schwarze Häuserwände. Und dort vorn links kämpfte sich eine gelbrote Neonreklame durch den nassen Dunst.
    Gräfe stoppte, stieg ab, bockte auf. Er hatte Durst. Er sah auf die Uhr: Kurz vor eins. Na, um so besser, wenn die Kneipe hier noch offen hatte.
    Er schüttelte sich wie ein nasser Hund, strich mit der linken Hand das Haar zurück und schob den stämmigen Körper durch einen dicken Filzvorhang.
    Ein Saxophon säuselte aus dem Lautsprecher über seinem Kopf. Blues; ein heißer, schöner Blues. Schummriges Licht. Die Lampenschirme auf den kleinen Tischen verteilten honigfarbenes Licht im Raum.
    Ziemlich komischer Laden. Aber eine Theke gab's wenigstens. Und sicher auch ein Bier zum Festhalten.
    Gräfe rutschte auf einen Barhocker. An der Theke saß schon einer, die Ellbogen breit. Nun drehte er Gräfe das Gesicht zu. Er hatte eine breite Nase, schwarze Bürstenbrauen, der Kopf war fast kahl. Ein Fernlastfahrer, dachte Gräfe, so sieht er

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