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Airport-Klinik

Airport-Klinik

Titel: Airport-Klinik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ich soll die Finger von Lawinsky lassen, denn den würden sie umbringen. Das haben sie dann wohl auch getan …«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe einen seiner Kollegen getroffen, der ebenfalls Purser bei der australischen Fluglinie ›Quantas‹ ist. Der sagte es mir – das heißt, er wollte es mir zartfühlend und ganz schonend beibringen; doch schon, als er die erste Bemerkung machte, wußte ich, was passiert war.«
    »Und wie ist es passiert?«
    »Seine Eltern haben irgendwo bei Brisbane ein Landhaus. Er hat mir oft davon erzählt. Er hat bei der ›Quantas‹ wohl Urlaub genommen. Und dann machte er den Fehler, dorthin zu fahren.«
    »Sie haben ihn umgelegt?«
    Britte schüttelte den Kopf. Es war das erste Mal, daß sie mit einem Menschen über diese Sache sprach. Und das Gute daran: Es machte ihr nicht einmal Schwierigkeiten. Sie erzählte, als habe sie das alles in einer Zeitung gelesen. »Ein Unfall, Herr Dr. Hansen. Er kam in einer Kurve von der Fahrbahn ab und fiel in eine Schlucht. Der Wagen explodierte. Hubert Lawinsky war sofort tot. Wirklich ein Unfall? Für mich war's das nicht …«
    Hansen schwieg. Sie hatten gegessen, hatten den Retsina dazu getrunken, und nun waren sie beim Metaxas. Er spürte, wie sich die Wärme des Cognacs in seinem Körper ausbreitete und seine Stirn erhitzte. Um ihn herum saßen viele Menschen, der Laden war gerammelt voll. Gäste, Gelächter, griechische Musik. Auf den Tischen brannten Kerzen. Alle schienen fröhlich und zufrieden. – Nur sie beide, Britte und er, saßen wie auf einer Insel … Herrgott, was hatte sie alles durchgemacht.
    Er griff voller Anteilnahme nach ihrem Handgelenk und ließ es nicht mehr los: »Warum, zum Teufel, hast du nie einen Ton davon erzählt?«
    »Wem?« fragte sie einfach.
    »Rolf zum Beispiel …«
    Ein Kellner kam an den Tisch: »Darf ich den Herrschaften noch einen Retsina bringen?«
    Britte schüttelte den Kopf.
    »Aber bringen Sie mir noch einen Metaxas«, sagte Hansen und lächelte: »Ich bin sowieso mit dem Taxi da … Also, nun sag schon: Warum nicht Rolf?«
    »Warum nicht Rolf, warum nicht Rolf?« wiederholte sie ungeduldig. »Ja, wie denn? Rolf hat sich geweigert, mit mir zu sprechen. Nicht mal sehen wollte er mich. Soll ich in die Universitäts-Klinik rennen und ihm das in die Ohren schreien?«
    Hansens Zeigefinger drückte ein Stück Weißbrot zusammen. Es knirschte und wölbte sich an den Enden auf. Der Kellner brachte den Cognac.
    »Unser Freund Doktor Rolf Gräfe ist ein Idiot«, sagte er. »Oder, was schlimmer ist: ein gottverdammter Betonkopf. Er riegelt sich in seine Sturheit buchstäblich ein, verletzt seine Freunde, leidet darunter und ist dann nochmals doppelt stur. Das ist Rolf.«
    »Er ist einsam«, verteidigte sie ihn. »Und er kommt mit dieser Stadt nicht zurecht. Er hat sie immer gehaßt. So wie ich …«
    »Wirklich?« Hansen runzelte die Stirn. »Haben Sie schon mal daran gedacht, wieder in Ihre Heimat zurückzukehren? Freudenstadt ist das, nicht wahr?«
    »Freudenstadt – ja …« Sie wich der intensiven Frage in seinen Augen aus. Die ganze Zeit hat er dich jetzt geduzt, und nun, wo es für ihn anscheinend um ein sachliches Problem geht, fängt er mit dem Sie an. Und in der Klinik? Da läuft's genau umgekehrt: Erst fängt er mit dem Sie des Chefs an, um dann im OP den Kumpel zu spielen.
    »Waren Sie schon mal in Freudenstadt?« fragte sie.
    »Einmal. Durchgefahren.«
    »Sie müßten mit dem Zug ankommen. Da fahren Sie durch den Schwarzwald und dann von oben in einen Kessel, und unten, da liegt es, so richtig niedlich. Alles Kirchen, Kloster, Fachwerkhäuser …« Ein Schatten ging über ihre Augen; so, als blättere sie im Geiste die Seiten eines längst vergessenen Buches durch, um darin eine besonders schöne Stelle zu finden. »So hübsch eigentlich, daß man daran ersticken kann. Die Schwarzwald-Berge ringsherum sind einfach zu hoch. Und ich …«, sie zögerte. »Eigentlich wollte ich immer nach Tübingen. Tübingen, das war mein Traum. Nicht Frankfurt.«
    »Studieren?«
    »Ja. Aber es hat nicht gereicht. Das Abitur schon, aber nicht das Geld meiner Eltern. Wir sind vier Geschwister. Ich sollte Beamtin werden. Na, da bin ich lieber nach Frankfurt … 'ne tolle Idee war das nicht. Was suche ich eigentlich in Frankfurt?« Ihre Stimme schwankte wieder wie zu Beginn. »Was suche ich überhaupt? Ich bin doch zu nichts zu gebrauchen.«
    Zum zweiten Mal griff er nach ihrem Handgelenk. »Britte! Sagen Sie das

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