Akasha 03 - Das Exil der Messianer
auf, so daß die CompuHosteß erschrocken zurückwich. »Das ist unmöglich!« Ratlos fuchtelte sie mit den Armen. »Ich habe die Formel vom Multidimensionsmechaniker Nijmij erhalten. Sie ist der Schlüssel zum Exil der Messianer!«
»Antragstellerin Djamenah Shara, Ihre Behauptung ist unbewiesen. Wenn die Formel der Schlüssel zum Exil der Messianer ist, dann ist dieser Schlüssel der Tod.«
Der Tod. Djamenah torkelte, lehnte sich an den Sessel. Einen Moment lang fand sie keine Worte. Ich will nicht sterben. Hatten die Messianer möglicherweise kollektiven Selbstmord begangen? Forderten sie die Ciristin auf, es ihnen gleichzutun? Nein. Die Prinzipien der Messianer verbieten ihnen Kapitulantentum. Dessen war sich Djamenah gewiß.
»Was hat dies metaphysische Gefasel zu bedeuten?« Fran Brigge stand vollends auf, verschränkte die Arme, musterte Djamenah entgeistert, aber auch mißtrauisch, als argwöhne er, sie suggeriere ihm das gegenwärtige Geschehen.
Djamenah achtete nicht auf ihn; fiebrig rang sie die Hände. Nijmij. Der halbirre Multidimensionsmechaniker mußte ihr – vermutlich in einer Anwandlung bizarren Alien-Humors – einen üblen Streich gespielt haben. Etwas anderes kam gar nicht in Frage.
»Antragstellerin Djamenah Shara, Ihre Nutzzeit beträgt noch zweiundvierzig Sekunden. Haben Sie eine Zusatzfrage?«
Verliere nie den Mut. Schweiß brannte auf Djamenahs versengter Gesichtshaut. »Ihre Auskunft ist mir unverständlich. Wie kann ich an eine Interpretation gelangen?«
»Antragstellerin Djamenah Shara, wir empfehlen Ihnen, sich an die Delphiker zu wenden.«
»Bei den Ewigen Dogmen«, knirschte fran Brigge erbost, »das ist ja ...!«
»Die Delphiker?« wiederholte Djamenah voller Bestürzung. »Aber ich benötige exakte Erklärungen, die mir helfen, das Exil der Messianer zu finden, keine mysteriösen Prophezeiungen.«
»Antragstellerin Djamenah Shara, Ihre Nutzzeit ist beendet.« Erneut tönte Indikativ, dann drang ein Knacken aus dem Armbandmonitor der CompuHosteß.
»Vielen Dank für die Inanspruchnahme unseres Computerzeit-Service«, sagte die Frau, deren Lächeln diesmal wie ein bloßes Zähneblecken ausfiel. Djamenah spürte Emanationen der Mißgunst von ihr ausgehen.
»Was jetzt?« erkundigte sich fran Brigge bei Djamenah, während sie, geleitet von einem Droiden, die Zikkurat verließen. Hinter Glaswänden hockten Metamathematiker reihenweise vor Terminals und Computerkonsolen und rechneten ihre selbstgestellten Probleme durch, abstrakte Szenarien, relativitätstheoretische Kalkulationen und spekulative Denkmodelle, erarbeiteten neue Theoreme, prüften futurologische Konzeptionen und Prognosen; seit Generationen grübelten sie fanatisch an dem Ziel, eines Tages die gesamte Komplexität des Universums in einer einzigen Formel zusammenfassen zu können. Bis heute wußte Djamenah nicht, was sie sich davon versprachen. »Wollen Sie tatsächlich diese nichtsnutzigen Delphiker aufsuchen?«
»Was sonst?« Djamenah zuckte die Achseln. »Wissen Sie einen besseren Vorschlag?«
Immer häufiger schwindelte ihr; das Fieber stieg. Wenn sie ans Mandala dachte, schien Umnachtung sie umfangen zu müssen. Sei der Mittelpunkt des Zentrums.
Als die Habitatsautoritäten der Metamathematiker fran Brigge und sie nach wenigen Stunden aus der Haft entließen, weil die Aussagen des von Zarda LeVay niedergeschlagen gewordenen Rezeptions-Bediensteten sie entlasteten, hatte Djamenah sich einem gewissen Optimismus hingegeben, zu glauben imstande gefühlt, es könnte sich nun alles zum Guten wenden, sei möglich, mittels Nijmijs Formel recht bald die Messianer und bei ihnen Heilung zu finden. Doch der Alien hatte sich nur einen makabren Scherz mit ihr erlaubt. Djamenahs Enttäuschung und Bitternis plagten sie, als hätte sie einen unersetzlichen Verlust zu erdulden. Der Gram all ihres Scheiterns und Versagens laugte sie aus bis ins Mark.
»Bin ich Ciristin«, entgegnete fran Brigge dreist, »oder Sie? Jahrhundertelang sind Sie für die Messianer tätig gewesen, und Sie haben keine Ahnung, wo sie geblieben sein könnten?«
»Ich war nicht für sie tätig, sondern in ihrem Namen, und ...« Djamenah sparte sich den Rest; es hatte keinen Zweck diesem Mann bezüglich der Messianer irgend etwas zu erklären. »Nein, ich habe keine Ahnung. Meinen Sie, andernfalls würde ich durchs Kosmotop irren? Ich muß Ciri haben oder die Messianer finden, sonst ...« Sie verstummte. Fran Brigge mochte sie keine Schwäche zeigen.
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