Akte Atlantis
umspülte. Was ist dort unten so wichtig, fragte er sich, dass er auf den letzten Drücker noch mal in die Antarktis reist? Eigentlich müsste sich der künftige Führer des Vierten Reichs zu seiner Flotte begeben und seine Anhängerschar auf das große Ereignis einstimmen, statt zum Südpol zu fliegen. Diese Reise kostete ihn hin und zurück gut zwei Tage. Irgendwas stimmte da nicht.
33
Tags darauf trafen sich siebenundzwanzig von insgesamt zweihundert Mitgliedern der Familie Wolf, alles Führungskräfte bei Destiny Enterprises und maßgeblich am Aufbau des Vierten Reichs beteiligt, in den Büros der Firma. Sie versammelten sich im Sitzungssaal, dessen Wände mit Teakholz getäfelt waren, wo sie an dem zwölf Meter langen, ebenfalls aus Teakholz gefertigten Konferenztisch Platz nahmen.
Ein großes Ölgemälde von Ulrich Wolf hing über dem offenen Kamin an einem Ende des Raums. Kerzengerade stand der Familienpatriarch in seiner schwarzen SS-Uniform da, das Kinn energisch nach vorn geschoben, und starrte mit dunklen Augen in weite Ferne.
Die zwölf Frauen und fünfzehn Männer warteten geduldig, während ihnen fünfzig Jahre alter Portwein aus Kristallkaraffen aufgetischt wurde. Um Punkt zehn Uhr kam Karl Wolf aus der Suite des Vorstandsvorsitzenden und nahm seinen Platz am Kopfende des Tisches ein. Einen Moment lang ließ er den Blick über seine Brüder und Schwestern, Cousins und Cousinen schweifen, die erwartungsvoll zu ihm schauten. Max Wolf, sein Vater, saß zu seiner Linken, sein Schwager Bruno Wolf rechts neben ihm. Karl Wolf lächelte leicht und wirkte gut gelaunt.
»Bevor wir mit unserer Sitzung beginnen, der letzten in diesen Räumen und in unserer geliebten Stadt Buenos Aires, möchte ich euch und allen Anverwandten meine Anerkennung für all das aussprechen, was ihr in so kurzer Zeit geleistet habt.
Jedes Mitglied der Familie Wolf hat weit mehr vollbracht, als wir erwarten durften, und wir sollten alle stolz darauf sein, dass uns nicht einer enttäuscht hat.«
»Hört, hört«, rief Bruno. Die anderen stimmten ein und klatschten Beifall.
»Ohne die tatkräftige Führung durch meinen Sohn«, verkündete Max Wolf, »hätte der große Kreuzzug, so wie ihn sich unsere Vorfahren vorgestellt haben, niemals in die Tat umgesetzt werden können. Ich bin stolz auf deinen bedeutenden Beitrag zur Schaffung einer neuen Weltordnung und von Herzen froh darüber, dass unsere Familie, in deren Adern das Blut des Führers fließt, in Kürze ein Viertes Reich wird erstehen lassen.«
Wieder brandete rundum Beifall auf. Mit Ausnahme von Vater Max Wolf sahen alle, die am Tisch saßen, wie geklont aus. Die gleichen Gesichtszüge, der gleiche Körperbau, die gleiche Haar- und Augenfarbe – es war wie in einem Spiegelkabinett.
Karl wandte sich an Bruno. »Befinden sich alle, die nicht anwesend sind, an Bord der
Ulrich Wolf
?«
Bruno nickte. »Sämtliche Familienmitglieder sind in ihren Wohnquartieren untergebracht.«
»Und die Vorräte und die Ausrüstung?«
Wilhelm Wolf hob die Hand und erstattete Bericht. »Die Nahrungsmittel sind verladen und auf alle vier Schiffe verteilt.
Sämtliche Besatzungsmitglieder und sonstiges Personal sind an Bord. Alle Geräte und die gesamte Elektronik wurden geprüft und erprobt. Es gab keinerlei Mängel. Nichts wurde außer Acht gelassen. Wir haben alle Möglichkeiten in Betracht gezogen und die entsprechenden Vorkehrungen getroffen. Die Schiffe sind bereit und selbst für die stärksten Flutwellen gerüstet, die wir bei unseren Computersimulationen erzeugt haben. Nun müssen wir nur noch zur
Ulrich Wolf
fliegen und ausharren, bis die Erde wieder ersteht.«
Karl lächelte. »Ihr müsst ohne mich aufbrechen. Ich komme später nach. Ich muss unbedingt die letzten Vorbereitungen in unserem Werk an der Okuma Bay überwachen.«
»Komm nicht zu spät«, sagte Elsie lächelnd. »Sonst müssen wir ohne dich in See stechen.«
Karl lachte. »Keine Angst, Schwesterherz. Ich habe nicht vor, das Schiff zu verpassen.«
Rosa hob die Hand. »Hat die amerikanische Wissenschaftlerin die Inschriften der Amenes entziffert, bevor sie geflohen ist?«
Karl schüttelte den Kopf. »Leider hat sie alle Unterlagen mitgenommen.«
»Können unsere Leute die Sachen nicht zurückholen?«, fragte Bruno.
»Ich fürchte nein. Sie steht unter dem Schutz der amerikanischen Botschaft. Jetzt ist es zu spät, sich noch Gedanken darüber zu machen, wie wir sie wieder in unsere Gewalt bringen können. Wir würden
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