Akte Mosel
hin, schaut er sich alles an? Er hält sich an Fabers Seite. Während der Kollege die Einmachregale beäugt, prüft Faber den gestampften Boden. Dann geht er zum Brunnen. Im Keller ist es still. Jo bemüht sich, locker zu bleiben. Wer weiß, ob die Polizisten nur auf verräterische Signale von ihm warten?
»Das klassische Versteck«, sagt Faber und beugt sich über den Brunnenrand. »Versenkt oder, was besser ist, ein lockerer Stein in der Fassung. Dann erst folgen die Matratze und die Zuckerdose.« Dabei dreht er sich zu Jo um und grinst. »Machen Sie nicht so ein Gesicht, wir besuchen heute zeitgleich auch alle Gräberkollegen. Nehmen Sie es nicht persönlich.« Er dreht sich um, winkt seinen Kollegen herbei: »Haben Sie eine Badehose dabei?«, er deutet in den Schacht.
Der Polizist schaut einen Moment betroffen und grinst dann beflissen. Faber beugt sich über den Brunnenrand und klopft mit dem gekrümmten Zeigefinger die Steine ab, tock, tock, tock.
Jo versucht gelassen zuzuschauen. Faber ist ein paar Zentimeter kleiner als er und beugt sich nicht ganz so weit vor, versucht er sich zu beruhigen. Das Tock, Tock, Tock geht ihm auf die Nerven. Kurzzeitig übertönt der Lärm eines tieffliegenden Düsenjägers das enervierende Geräusch.
Langsam umkreist Faber den Brunnenrand und nähert sich dem Versteck – tock, tock, tock.
Droht ihm eine Gefängnisstrafe? Seinen Job ist er natürlich los! Wird Marie ihn verlassen, und verliert er damit auch Philipp? In Jos Kopf wirbeln die Gedanken. Sein Herz pocht so dunkel und heftig wie die Fußtrommel bei In A Gada Da Vida von Iron Butterfly. Er beugt sich über den Brunnenrand und schaut zu, wie Faber systematisch die Steine abklopft. Kann es sein, daß der Mann ziemlich lange Arme hat? Es gibt da Unterschiede. Das weiß Jo aus seiner aktiven Sportlerzeit. Er selbst liegt etwas über dem Durchschnitt, aber wie steht es mit Faber, sollte der noch längere Arme haben?
Tock, tock … es hat aufgehört. Faber kommt hoch. Hat er es gefunden? Die Fußtrommel meldet sich wieder bei Jo, diesmal noch einen Takt schneller. So war es früher manchmal beim Wettkampf, wenn die ersten beiden Versuche ungültig waren. Nur nicht nervös werden. Die anderen gucken dich an, und du versuchst, cool zu wirken. Und innen pocht die Baßtrommel um so heftiger. Der dritte Wurf muß klappen, sonst bist du raus, hast du dich viele Monate umsonst gequält. Jo geht ein paar Schritte rückwärts und läßt den Vorgang im Kopf ablaufen. Die Armbewegungen kommen automatisch.
»Ist das Tai chi?« fragt Faber, der sich den Staub in Bauchhöhe vom Hemd klopft.
»So was Ähnliches.« Jo reibt seine nassen Handflächen seitlich an der Hose trocken.
»Hier sind wir fertig«, sagt Faber zu seinem Kollegen.
»Gehört der gelbe Fiat im Hof Ihnen?« Ein Uniformierter steht in der Küchentür.
»Ja, soll ich ihn rüberfahren?« fragt Doris.
»Nein, ich hätte nur gerne einen Blick hineingeworfen. Kommen Sie bitte, und bringen Sie die Wagenschlüssel mit.«
Doris nimmt den Schlüsselbund aus Ihrer Handtasche und folgt dem Polizisten. Im Hof öffnet sie den Kofferraum und dann Fahrer- und Beifahrertür.
Verdammt, die Pistole liegt noch im Handschuhfach! Die hat sie glatt vergessen. Mit der ist sie gestern auch über die Grenze gefahren. Wenn die gefunden wird! Das ist so, als hätte sie die gesamte Beute bei sich. Schlimmer noch, die Seriennummer der Pistole ist bestimmt registriert. Im Gegensatz zu den Geldscheinen.
Der Polizist hebt Warndreieck, Matte und Reserverad an. Dann schaut er in den Beutel mit dem spärlichen Bordwerkzeug und wendet sich dem Innenraum zu.
»Ich bin hier nur zu Besuch, das Auto gehört mir. Ich glaube nicht, daß Sie das Auto durchsuchen dürfen«, Doris versucht, so ruhig wie möglich zu reden.
»Ich bin ja gleich fertig.« Der Polizist schiebt eine Hand zwischen die Polster der Rückbank.
»Sie nehmen mich wohl nicht ernst?« setzt Doris nochmals an.
»Sie haben doch nichts zu verbergen?« Er klappt die Frontsitze nach vorn und hebt die Schmutzmatten an.
»Sie haben kein Recht zu dem, was Sie hier tun!« Sie verspürt große Lust, dem Kerl, der ihr so unverschämt sein Hinterteil entgegenstreckt, in den Allerwertesten zu treten.
Der Polizist taucht wieder auf, grinst Doris an und bückt sich auf der Beifahrerseite ins Auto. In Zeitlupe klappt er den Aschenbecher auf und durchstöbert die Bonbonpapierchen.
Das macht dem Kerl wohl Spaß, der Arsch fühlt sich jetzt
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