Akte Mosel
Topf liegt«, bemerkt Hanni und klopft Jo auf die Schulter.
Während Marie in ihrer Küche Sandwiches zubereitet und Kaffee kocht, ruft Doris Walde an und informiert ihn, daß sie tagsüber bei Marie bleiben wird. Danach telefoniert sie mit der Anwaltskanzlei. Elfie berichtet, daß Christa vor einer halben Stunde Räumer in seinem Möbelhaus persönlich das Schreiben überreicht hat.
»Was sagt Walde?« fragt Marie, als Doris aufgelegt hat.
»Er macht sich Sorgen um mich«, entgegnet Doris und rührt in ihrem Kaffee. »Das Schreiben ist zugestellt, hoffentlich läßt mich Räumer jetzt in Ruhe.«
»Ruf ihn doch an, er weiß doch sowieso, woher das Schreiben kommt!« schlägt Marie vor.
»Du meinst …« Doris rührt immer noch im Kaffee.
»Der läßt sich verleugnen.«
»Und wenn ich anrufe?« fragt Marie.
»Der kennt dich doch überhaupt nicht, und warum sollte …«
»Wähle mal die Nummer«, sagt Marie und nimmt den Hörer.
»Was hast du vor?«
»Wirst du schon sehen!«
Als Doris wählt und Marie den Hörer übergibt, meldet sich diese mit: »Banque Generale du Luxembourg, Monsieur Räumer, s’il vous plaît.« Nach kurzer Pause bedankt sie sich und flötet mit übertriebenem Akzent: »Bonjour, Monsieur Räumer, ich verbinde, einen Augenblick bitte!«
Doris holt tief Luft, als ihr der Hörer in die Hand gedrückt wird: »Haben Sie das Schreiben erhalten?«
Als keine Antwort kommt, hakt sie nach: »Sind Sie noch dran?«
Nach einem Räuspern hört sie seine Stimme. »Ich bin tief enttäuscht, das hätte ich nicht von Ihnen erwartet!«
»Wie bitte? Wer soll enttäuscht sein?«
»Sie waren für mich immer eine ganz besondere Mitarbeiterin.«
»Ach, haben Sie mich deshalb rausgeworfen und mir monatelang keinen Lohn gezahlt?«
Räumer schweigt und räuspert sich dann wieder. Doris wartet.
»Das war nicht so geplant«, beginnt Räumer. »Ich konnte Sie nicht informieren, ich kannte ja Ihr Verhältnis zur Belegschaft, aber ich wäre bestimmt wieder auf Sie zurückgekommen.«
»Das haben Sie deutlich gezeigt.«
»Ich habe vielleicht zu lange gewartet und nicht damit gerechnet, daß Sie gleich vor das Arbeitsgericht ziehen.«
»Das ist gelaufen und interessiert mich nicht mehr, mir geht es darum, was Sie zu den jüngsten Vorfällen zu sagen haben.«
Wieder folgt ein langes Schweigen.
»Ich lasse mich nicht erpressen!«
»Wie meinen Sie das?«
»Das fragen Sie mich, zumal am Telefon …« Er bricht ab. Als Doris schon glaubt, er habe aufgelegt, hört sie: »Ich schlage vor, wir treffen uns.«
»Warum?« entgegnet Doris.
»Morgen?«
»Ich weiß nicht.«
»Um 13 Uhr bei mir im Laden?« schlägt Räumer vor.
»Auf keinen Fall!«
»Dann im Kaufhof, in der Cafeteria.«
»Nein, wenn überhaupt, dann vielleicht in der Buchabteilung.« Doris legt auf und bemerkt, daß sie immer noch den Kaffee umrührt.
»Er fängt nachts um drei Uhr in der Backstube an und arbeitet bis gegen zehn Uhr morgens.« Harry sitzt auf Waldes Schreibtisch, gähnt und reckt sich. »Dann verschwindet er nach Hause bis gegen sechs Uhr abends. Anschließend hängt er bis 10 Uhr in der Kneipe. Danach geht’s wieder nach Hause, um sich vor der Arbeit noch ein paar Stunden aufs Ohr zu legen.«
»Mehr nicht?« fragt Walde. »Geht er nicht mal einkaufen oder unternimmt sonst was, immer derselbe Trott?«
»Scheint so, wir haben – natürlich diskret – ein paar Leute gefragt. Heute fängt er schon um 10 Uhr abends an, weil samstagsmorgens der größte Umsatz der Woche gemacht wird. Das nenne ich Abwechslung.«
»Sechstagewoche?« fragt Walde.
»Der arbeitet nicht mehr als einer von der Kripo, der obendrein vom Dienst noch Kopfschmerzen kriegt!«
»Bist du überfordert, Harry?«
»Nein, Stefan, eher unterfordert, davon kann man auch krank werden. Sitz du mal den ganzen Tag rum und warte auf den Augenblick, wo du fünf Minuten lang ein mit 25 Stundenkilometern durch die Gegend zockelndes Mofa verfolgen darfst!«
»Das nächste Mal suchen wir uns einen Verdächtigen mit Ferrari. Wann macht dein Bäcker am Samstagmorgen Schluß?«
»Keine Ahnung, wahrscheinlich wie sonst auch oder etwas früher.«
Walde zieht mehrere von einer Büroklammer gehaltene Blätter unter Harry hervor: »Lies dir das mal durch und ergänze, was du herausgekriegt hast.«
Harry überfliegt die ersten Zeilen. »Was ist das? Soll ich staunen, oder darf ich lachen oder ist das unkollegial?« Er liest weiter: »Das ist ja eine
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