Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen

Titel: Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
Gewalt, die von Menschen ausging.
    Nachdem David den Hörer aufgelegt hatte, blieb er noch einen Moment in der Küche, um seine Fassung zurückzugewinnen. Kate war schon verängstigt genug, sie musste nicht auch noch seine Nervosität bemerken. Schließlich öffnete er die Tür und ging in den Wohnraum.
    Kate saß immer noch zusammengekauert auf der Couch, die Hände um das halb leere Glas geklammert. Zumindest zeigten ihre bleichen Wangen wieder eine Andeutung von Farbe. Sie brauchte noch ein bisschen Whisky. Er nahm ihr das Glas ab, füllte es an der Bar auf und gab es ihr zurück. Ihre Finger waren eisig. Er hätte Kate gern in den Armen gewärmt, doch er fürchtete, eine solche Geste würde zu weit mehr führen.
    Als er sich an der Hausbar Whisky nachschenkte, überlegte er, dass Kate Schutz und Ermutigung brauchte. Er musste ihr klar machen, dass ihre Welt noch in Ordnung war – auch wenn das nicht stimmte. Er trank einen Schluck, stellte das Glas jedoch wieder ab. Vor allem brauchte Kate einen nüchternen Gastgeber. „Ich habe die Polizei angerufen”, sagte er über die Schulter hinweg.
    „Und was haben die gesagt?” fragte sie fast tonlos. „Was schon? Du sollst bleiben, wo du bist, und nicht allein ausgehen.” Er schaute sein Glas stirnrunzelnd an, dachte: Ach zum Teufel! und kippte den Rest Whisky hinunter. Dann ging er zum Kaffeetisch, stellte die Flasche darauf und nahm neben Kate auf dem Sofa Platz.
    Kate blickte unsicher zur Küche. „Meine Freunde wissen nicht, wo ich bin. Ich sollte sie anrufen.”
    „Nicht nötig, das macht Pokie.” Er sah, wie schlaff sie wieder gegen die Sofalehne sank. „Du solltest etwas essen.”
    „Ich bin nicht hungrig.”
    „Meine Haushälterin, Mrs. Feldman, erbarmt sich einmal die Woche eines armen, verhungernden Junggesellen und kocht einen großen Topf herrliche Spaghettisauce mit viel Knoblauch, frischem Basilikum und einem guten Schuss Wein.”
    Keine Antwort.
    „Jede Frau, der ich sie serviert habe, schwört darauf, dass es ein starkes Aphrodisiakum ist.”
    Die Andeutung eines Lächelns huschte über Kates Gesicht. „Wie hilfreich von Mrs. Feldman.”
    Die Uhr auf dem Kaminsims tickte laut. Plötzlich schrak Kate zusammen, da die Fensterläden rappelten.
    „Das ist nur der Wind”, erklärte David. „Man gewöhnt sich daran. Bei Sturm schüttelt sich das ganze Haus, als würde das Dach wegfliegen.” Er blickte liebevoll zu den Deckenbalken hinauf. „Es ist schon dreißig Jahre alt. Vielleicht hätte es bereits vor Jahren abgerissen werden sollen. Aber als wir es kauften, sahen wir viele Möglichkeiten.”
    „Wir?” fragte sie trübe.
    „Ich war damals verheiratet.”
    „Ach so.” Sie schien gelinde interessiert. „Dann bist du geschieden?”
    Er nickte. „Die Ehe dauerte etwas über sieben Jahre. Was heutzutage schon beinah eine Leistung ist. Die Beziehung verlief einfach irgendwie im Sande. Linda und ich sind aber immer noch befreundet. Ich mag sogar ihren neuen Mann, ein netter Kerl, sehr hingebungsvoll, sehr fürsorglich. Etwas, das ich wohl nicht war.” Das Thema war ihm unbehaglich, und er wandte den Blick ab. Er sprach nicht gern über sich, er fühlte sich dann entblößt. Allerdings war es ihm gelungen, Kate von ihren Ängsten abzulenken. „Linda ist jetzt in Portland, und wie ich vor kurzem hörte, erwarten sie ein Baby.”
    „Ihr hattet keine Kinder?” Es war eine normale Frage, trotzdem wünschte er, sie hätte sie nicht gestellt.
    „Doch, einen Sohn.”
    „Wie alt ist er?”
    „Er ist tot.” Wie teilnahmslos er das sagte, als spräche er übers Wetter. Er sah, welche Fragen sich ihr aufdrängten und dass sie ihm Worte des Trostes sagen wollte. Doch davon hatte er genug gehört, die reichten bis ans Ende seiner Tage. „Wie auch immer”, wechselte er das Thema, „ich bin wieder Junggeselle, und es gefällt mir. Manche Männer eignen sich wohl nicht zur Ehe. Jetzt stört nichts mehr meine Arbeit in der Kanzlei.” Als er sah, dass ihr immer noch Fragen auf der Zunge lagen, erkundigte er sich rasch: „Warst du je verheiratet?”
    „Nein. Ich lebte mit einem Mann zusammen. Er war der Grund, weshalb ich nach Honolulu kam. Ich wollte mit ihm zusammen sein. Dabei lernte ich meine Lektion.”
    „Welche?”
    „Nicht hinter einem Mann herzulaufen.”
    „Klingt nach einem unschönen Ende der Beziehung.”
    „Nein, es ging alles sehr zivil zu, trotzdem tat es weh. Ich konnte ihm wohl nicht geben, was er brauchte: das Essen, das

Weitere Kostenlose Bücher