Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen
Samsonite vom Bord zog. „Hol deine Sachen, Kate. Du kannst nicht hier bleiben.”
Sie fragte nicht einmal, wohin sie gehen würden. Sie wusste nur, dass jede Minute, die sie länger hier verbrachte, Gefahr bedeutete. Eilig packte sie ihre Sachen und hastete dann die Verandastufen hinunter zum Wagen.
Der BMW sprang sofort an, und David fuhr rasant los. Äste schlugen gegen die Windschutzscheibe, als sie über den Schotterweg zur Hauptstraße holperten. Kaum auf dem Highway, gab David Gas, und der Wagen preschte davon.
„Wie hat er mich gefunden?” schluchzte Kate.
„Das frage ich mich auch.”
„Niemand wusste, dass ich hier bin … nur die Polizei.” „Dann gibt es vielleicht dort ein Leck. Oder …” Er blickte besorgt in den Rückspiegel. „Oder jemand ist dir gefolgt.”
„Gefolgt?” Kate drehte sich ruckartig um. Doch die Straße hinter ihnen war leer.
„Wer hat dich zum Cottage gefahren?”
Sie wandte sich ihm zu und betrachtete sein Profil in der Dunkelheit. „Meine Freundin Susan.”
„Habt ihr bei dir zu Hause gehalten?”
„Nein, wir sind gleich zum Strand gefahren.”
„Wie hast du deine Sachen bekommen?”
„Meine Wirtin hat einen Koffer gepackt und mir ins Krankenhaus gebracht.”
„Dann hat er vielleicht den Eingang beobachtet und auf euch gewartet.”
„Aber wir haben niemanden bemerkt, der uns gefolgt sein könnte.”
„Natürlich nicht. Wir konzentrieren uns meistens auf das, was vor uns ist. Die Telefonnummer hat er vielleicht aus dem Telefonbuch. Der Name der Santinis steht immerhin auf dem Briefkasten.”
„Aber das ergibt doch keinen Sinn. Wenn er mich umbringen will, warum tut er es dann nicht einfach? Warum bedroht er mich vorher mit Anrufen?”
„Wer weiß, was in ihm vorgeht? Vielleicht gibt es ihm etwas, seine Opfer in Panik zu versetzen. Vielleicht will er dich auch nur daran hindern, mit der Polizei zusammenzuarbeiten.”
„Ich war allein. Er hätte mich gleich dort am Strand erledigen können …” Kate versuchte verzweifelt, sich nicht vorzustellen, was hätte geschehen können, doch das Bild, wie ihr Blut in den Sand sickerte, drängte sich ihr auf.
Auf den fernen Hügeln blinkten die Lichter von Häusern und versprachen Sicherheit. Kate bezweifelte jedoch, dass es für sie einen sicheren Ort gab. Sie schloss die Augen und versuchte, sich ausschließlich auf das gleichmäßige Summen des BMWMotors zu konzentrieren.
„… und es ist genügend Platz. Du kannst dort so lange bleiben, wie es nötig ist.”
„Was?” Verwundert sah sie zu ihm hinüber. Sein Profil wirkte wie ein Scherenschnitt vor dem Hintergrund der Straßenbeleuchtung.
„Ich sagte, du kannst so lange bleiben, wie es nötig ist. Es ist nicht das Ritz, aber sicherer als ein Hotel.”
„Ich verstehe nicht. Wohin fahren wir?”
Er streifte sie mit einem Seitenblick und erwiderte mit seltsam ausdrucksloser Stimme: „Zu mir nach Hause.”
„Da wären wir”, sagte David und drückte die Eingangstür auf. Im Haus war es dunkel, doch durch die großen Wohnzimmerfenster fiel Mondlicht herein. David geleitete Kate zu einer Couch, auf die er sie sacht niederdrückte. Dann machte er überall Licht. Kate hörte, dass er mit einer Flasche und Gläsern hantierte, und kurz darauf reichte er ihr ein Glas.
„Trink das, Kate.”
„Was ist das?”
„Whisky. Trink, du kannst jetzt etwas Stärkendes gebrauchen.”
Sie nahm automatisch einen Schluck, und das feurige Brennen in der Kehle ließ ihr Tränen in die Augen steigen. „Wunderbares Zeug”, keuchte sie.
David wandte sich ab, um kurz hinauszugehen. Da sie wie in Panik seinen Namen rief, kam er zurück und beruhigte sie: „Ist schon gut, Kate. Ich wollte nur nach nebenan in die Küche.” Lächelnd berührte er ihr Gesicht. „Trink dein Glas leer.”
Ängstlich sah sie ihn durch die Tür verschwinden. Dann hörte sie seine Stimme von nebenan, er telefonierte offenbar mit der Polizei. Aber was konnte die jetzt noch tun? Kate hielt das Glas mit beiden Händen und zwang sich, noch einen Schluck Whisky zu trinken. Sie blinzelte die wieder aufsteigenden Tränen fort und sah sich um.
Das Haus war typisch männlich eingerichtet mit schlichten, praktischen Möbeln. Auf dem Eichenboden lag nicht ein einziger Teppich. Die großen Fenster wurden von schlichten weißen Gardinen gerahmt. Und von draußen drang das Rauschen der Wellen herauf. Die Naturgewalten konnten beängstigend sein, aber nicht annähernd so beängstigend wie die
Weitere Kostenlose Bücher