Akte X
sie trug. Trott starrte konzentriert durch den Sucher der Kamera, wobei ihm auffiel, daß Schnauz' Auge dauernd hin und her zuckte.
Er drückte auf den Auslöser, und für einen winzigen Moment stand Schnauz im grellen Licht des Blitzgerätes.
„Würden Sie nun bitte zum Tisch gehen?“ verlangte Trott als nächstes.
Schweigend schlurfte Schnauz zum Tisch zurück und ließ sich erneut von Trott an den Stahlring auf der Tischplatte ketten. Dann trat Trott an den einige Schritte entfernt stehenden Laserdrucker heran, um den fertigen Bericht herauszunehmen. Die Kamera war direkt mit dem Drucker verbunden, so daß der Bericht, den er zuvor getippt hatte, komplett mit dem Farbfoto des Gefangenen innerhalb von neunzig Sekunden ausgedruckt werden würde.
So jedenfalls lief es normalerweise. Doch Trott merkte sofort, daß mit dem Foto irgend etwas schief gegangen war. Das war nicht Schnauz auf dem Bild, und Trott vermutete spontan, einen Fehler gemacht zu haben. Er mußte wohl den falschen Gefangenenbericht abgerufen haben, und deshalb zeigte dieses Foto jemand anderes. Vielleicht war es auch nur ein Scherz. Dann spuckte der Drucker das Blatt vollständig aus, und Trott sah es sich genauer an. Nein, das war ganz sicher kein Scherz.
„Was zum Teufel...?“ murmelte er leise.
Die Farbe wich aus seinem Gesicht. Dieses Foto zeigte ihn, Trott, aber er wußte genau, daß er niemals für ein solches Bild posiert hatte.
Trott sah sich selbst, wie er von einem Schuß in seinen Schädel zurückgeschleudert wurde.
Frische Blutspritzer verunstalteten die weiße Wand hinter ihm. Unzählige Fragen huschten durch Trotts Kopf: Woher kam dieses Foto? Wer hatte es manipuliert, und wie war es in den Computer gelangt? Für einen Augenblick verharrte er wie versteinert.
Eine Bewegung an seinem Holster riß ihn aus seiner Erstarrung. Er wirbelte herum und erkannte, daß Schnauz die Distanz bis zu ihm überwunden und seine Waffe aus dem Holster gerissen hatte.
Nun hielt Schnauz sie in der Hand, und er zielte auf Trott, genau auf den Hals des Polizisten.
Schnauz zögerte, und für einen winzigen Augenblick dachte Trott, daß er weiterleben dürfte.
Schnauz konnte doch nicht glauben, daß er einfach so aus dem Polizeirevier hinausspazieren konnte.
Er brauchte eine Geisel, einen Wagen, die Schlüssel für die Handschellen. Dann aber sah Trott etwas, das ihn mit Entsetzen erfüllte. Schnauz'
Auge zuckte nicht mehr, denn nun kniff er visierend die Augen zusammen.
Eine Sekunde später zerriß ein dröhnender Schuß die Stille der Vernehmungszelle.
11
Die ersten Polizisten, die zum Revier zurückkehrten, fanden Trotts Leichnam direkt neben dem Laserdrucker. Anhand der Blutflecken zu beiden Seiten der Leiche konnten sie erkennen, daß er herumgedreht worden war. Sie nahmen an, daß Schnauz in seinen Taschen nach den Schlüsseln gesucht hatte. Auch Trotts Revolver war nicht mehr da.
Officer Trott war bei seinen Kollegen sehr beliebt gewesen. Er hatte sein Ego niemals über seine Arbeit gestellt, war stets bereit gewesen, sich der Dinge anzunehmen, die anderen zu lästig waren - Verkehrsregelung, Kaffee holen, den Weihnachtsmann beim alljährlichen Umzug spielen.
Während sich die anderen auf die Suche nach dem Mädchen begeben hatten, hatte sich Trott freiwillig für die eher langweilige Registrierung des Gefangenen gemeldet.
Dies war schon die zweite Leiche, die die Polizisten innerhalb von nur einer Stunde zu sehen bekamen - und dieses Mal war es der Leichnam eines Freundes.
Mulder hielt den ausgedruckten Bericht in der Hand. Er war mit Tropfen trocknenden Bluts beschmiert, und das Rot auf dem Papier paßte zu dem an der Wand, die auf dem Foto hinter Trott zu sehen war. Der wirkliche Trott lag nur wenige Schritte von ihm entfernt. Inzwischen hatte man ihn mit einem Laken bedeckt, doch Mulder hatte zuvor schon registriert, wo die Kugel ihn durchbohrt hatte.
Scully betrat den Raum und starrte wie betäubt auf das Blutbad. Mulder informierte sie über das Vorgefallene.
„Die Wunde ist an der falschen Stelle. Er wurde in die Kehle getroffen.“ Mulder dachte einen Augenblick über diese Besonderheit nach.
„Schnauz hat nicht versucht, Trott vor den Heulern zu schützen - er wollte ihn lediglich umbringen ...“
Scully nahm die Theorie ihres Partners zwar zur Kenntnis, es gab jedoch noch dringendere Neuigkeiten.
„Mulder“, unterbrach sie ihn. „Gerade ist ein Bericht über einen bewaffneten Überfall hereingekommen. Es
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