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Akte X

Titel: Akte X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unruhe
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ersten Verhaftung, Gerry“, schaltete sich Mulder ein.
    Schnauz machte einen betroffenen Eindruck. Da er nicht antwortete, begann Scully zu sprechen.
    „Im Jahr 1980 haben Sie ihren Vater mit dem Stiel einer Axt angegriffen“, sagte sie langsam.
    „Sie haben so auf ihn eingeprügelt, daß er für den Rest seines Lebens an den Rollstuhl gefesselt war.“
    „Ich war nicht im Gefängnis“, entgegnete Schnauz leise und ohne aufzusehen. „Ich wurde in eine Anstalt eingewiesen, weil ich unter einer Art von chemischem Ungleichgewicht gelitten habe.“
    Mulder begann laut aus der Akte vorzulesen.

    „Bei Gerald Thomas Schnauz wurde eine paranoide schizophrene Persönlichkeitsstörung diagnostiziert und behandelt. Verbrachte sechs Jahre im psychiatrischen Krankenhaus von Melvion, wurde 1986 entlassen.“
    Schnauz nickte. Diese Information war korrekt.
    Mulder trat ins Licht.
    „Was haben Sie seit 1986 gemacht, Gerry?“ fragte er.
    Hatte er zuvor nur einen verwunderten Eindruck gemacht, so wirkte Schnauz nun verärgert.
    „Für meinen Vater gesorgt“, murrte er, wobei er Mulder direkt in die Augen sah. „Vierundzwanzig Stunden am Tag habe ich ihn gepflegt.“ Nun wandte er sich zu Scully um. „Wiedergutmachung geleistet.“
    Schnauz unterbrach sich. „Mein Vater ist im Januar gestorben“, fügte er dann leise hinzu.
    „Und wie haben Sie sich dabei gefühlt?“ wollte Mulder wissen.
    Schnauz schien Mulders Frage nicht einmal gehört zu haben. Mit dem Daumen rieb er über einen Fleck auf der Tischplatte.
    „Traurig“, murmelte er schließlich.
    Dies war eine der wenigen Aussagen dieses Mannes, die Scully als glaubwürdig einzustufen vermochte.
    „Hier heißt es, sie hätten eine Schwester“, ergriff Mulder erneut das Wort. Tatsächlich stand in dem Bericht, daß Schnauz' Schwester bereits vor sechzehn Jahren verstorben war. Bisher war Schnauz viel zu ruhig geblieben, und ihm war nicht der kleinste Schnitzer unterlaufen. „Wo ist ihre Schwester jetzt, Gerry?“
    Schnauz zögerte.
    „Sie ist tot“, erwiderte er dann.
    „Genauer gesagt, hat sie 1980 Selbstmord begangen. Das war ein wirklich schlimmes Jahr.“ Mulder spielte weitere Trümpfe, um Schnauz aus der Fassung zu bringen. „Was ist in dem Jahr sonst noch so passiert?“
    „Na ja, John Lennon wurde erschossen“, schnappte Schnauz. Mulders Rechnung schien aufzugehen - allmählich verlor der Mann seine Gelassenheit. Er verzog die Lippen zu einem höhnischen Grinsen. „Was zum Teufel haben Sie vor? Wer sind Sie, Sigmund Freud? Hören Sie doch auf.“
    Scully erkannte die Gelegenheit, beugte sich über den Tisch und brachte ihr Gesicht ganz nahe an Schnauz heran. „Dann sprechen wir doch noch einmal über Alice Brandt“, erklärte sie bissig.
    „Wo ist sie?“
    Schnauz antwortete nicht. Wieder ganz ruhig betrachtete er Scullys Gesicht, wobei sich seine eigene Miene von Zorn zu Faszination verwandelte. Als er wieder zu sprechen begann, klang seine Stimme wie die eines Moderators vor seinem Publikum.

    „Sie wirken...“ Schnauz forschte in Scullys Zügen. „... be-un-ruhigt.“
    Nur mit größter Beherrschung gelang es Scully, sich nicht anmerken zu lassen, daß dieser Satz sie mehr getroffen hatte, als sie sich selbst eingestehen mochte. In der Zwischenzeit hatte sich Mulder auf den Stuhl gegenüber von Schnauz gesetzt. Er klappte den Aktenordner auf und zog ein vergrößertes Bild des alten Mannes auf dem Paßfoto hervor.
    „Gerry...“ Mulder legte das Foto vor ihm auf den Tisch. „Ist das Ihr Vater?“
    Schnauz blinzelte verwirrt, beugte sich vor und betrachtete das Bild. Als er es erkannte, wandte er so hastig den Kopf ab, daß Scully von der Heftigkeit seiner Reaktion überrascht war.
    „W-w-wo haben Sie das her?“ stotterte Schnauz.
    „Von Ihnen“, antwortete Mulder rätselhaft. „Sie haben es mir anstelle eines Fingerabdrucks hinterlassen.“
    Ganz ruhig blickte Mulder Schnauz an, während er den Ordner erneut öffnete und die Vergrößerung des Fotos von Mary Lefante herausnahm. „Ist es das, was Sie sehen, wenn Sie ihre Augen schließen?“
    Von einer Sekunde auf die andere erbleichte Schnauz. Mit einem Ausdruck krankhafter Faszination starrte er auf das Foto.

    Dann streckte er die Hand aus, um es zu berühren - ganz behutsam, so als fürchtete er, einen elektrischen Schlag zu bekommen. Mulder beugte sich weiter vor und sprach in beinahe verschwörerischem Ton mit ihm.
    „Ist es das, was Sie sehen, Gerry?“ Schnauz wirkte

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