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Akte X

Akte X

Titel: Akte X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruinen
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die aus den kleineren Tempeln rund um Xitaclan erbeutet worden waren. Noch nie zuvor hatte er versucht, Antiquitäten auf eigene Faust zu verkaufen, und er wußte nicht, welcher Preis für solche Jadeskulpturen verlangt werden konnte – doch er brauchte das Geld... und die Bewegung Liberacion Quintana Roo brauchte die Waffen, die sie damit kaufen konnte.
    Aguilars unzuverlässiger Gehilfe Pepe Candelaria war nie von seiner Mission zurückgekehrt. Der drahtige kleine Mann schien seine Mutter und seine Schwestern verlassen und sich abgesetzt zu haben, ohne weitere Schätze aus Xitaclan abgeliefert zu haben. Da Barreio keine weiteren Verzögerungen mehr hinnehmen konnte, hatte er die übrigen kleinen Stücke, die er aufbewahrte, an sich genommen und beschlossen, sie zu Geld zu machen – auch wenn er sich damit auf ungewohntes Terrain vorwagte und überdies nach dem furchtbaren Feuertod Xavier Salidas neue Kunden finden mußte.
    Der Wächter legte den Telefonhörer auf und entriegelte mit einem Grunzen die stahlverstärkte Holztür, die durch die Kalksteinmauer um Pieter Grobes Haus führte – es sah einer Festung ähnlicher als selbst die meisten der großen Maya-Ruinen.
    »Master Grobe wird Sie für fünfzehn Minuten empfangen«, brummte der Wächter. »Ich soll Sie zu ihm begleiten.«
    Barreio räusperte sich und nickte. Er strich sich über die Vorderseite seiner weißen Uniform, immer noch die Dienstmütze in der schwitzenden Hand. Was für eine Ironie, daß er – als einer der wichtigsten Männer, die in Quintana Roo die korrupten mexikanischen Gesetze hüteten – hier nach der Pfeife eines Drogenbosses tanzte. Doch Barreio hatte begriffen, welche Spielchen er spielen mußte, um an sein Ziel zu gelangen. Die Nachkommen der Maya hatten ein langes Gedächtnis. Sie hatten jahrhundertelang darauf gewartet, wieder frei zu sein...
    Freiheit und Unabhängigkeit. Das Volk von Quintana Roo würde ihm dafür danken, wenn die Unruhen, das Blutvergießen und der politische Aufruhr erst einmal vergessen waren. War nicht schließlich in der großen mexikanischen Revolution von 1910 jeder achte Bürger des Landes getötet worden? All jene Märtyrer hatten den Preis für die Freiheit bezahlt – und oft war es ein wahrhaft hoher Preis gewesen.
    Als der Wächter die massive Eingangstür hinter ihnen zuschlug, klang der widerhallende Schlag wie der Kanonenschuß einer spanischen Galeone. Im Inneren sah Grobes Festung noch eindrucksvoller aus, und es roch nach dem kalten Rauch schlecht entlüfteter Kamine und nach Schimmel, der sich in den Mauerspalten festgesetzt hatte. Ventilatoren drehten sich an den Deckenbalken. Die schmalen Bogenfenster der Diele ließen nur wenig Licht herein, und die spärlichen Strahlen der Nachmittagssonne fielen auf die gekachelten Böden und beleuchteten die verblichenen Wandteppiche. Die Luft im Raum wirkte klamm, stark klimatisiert, kalt wie ein Grab.
    Barreio bemerkte, daß der Wächter dicht neben ihm her ging, das Maschinengewehr anschlagbereit über die Schulter gehängt. Der belgische Gringo verhielt sich paranoid – und das mit gutem Grund, denn die rivalisierenden Drogenbosse verübten so häufig Mordanschläge aufeinander, daß Barreios Männern kaum Zeit blieb, sich um ihre eigentlichen kriminellen Aktivitäten zu kümmern. Zu seiner Überraschung hatte die Wache ihm erlaubt, seinen Polizeirevolver im Seitenhalfter zu behalten – offensichtlich war sie sich ihrer Überlegenheit völlig sicher.
    Der Polizeichef ging neben dem Wächter her, die Tasche mit den Jade-Artefakten in der einen Hand, seine Mütze in der anderen, und fragte sich unruhig, ob die fünfzehn Minuten seiner Audienz schon begonnen hatten, als er die Tür der Festung durchschritten hatte... oder ob die Zeit für die Unterredung erst laufen würde, wenn er dem Drogenboß persönlich gegenüberstand. Der bullige Wachmann führte ihn durch das Hauptgebäude und hinaus auf eine ummauerte Veranda an der Rückseite, einen luxuriösen Patio, in dessen Mitte sich ein nierenförmiger, in den Boden eingelassener Whirlpool befand. Mehrere Türen führten zu weiteren Räumen, vielleicht einer Sauna, vielleicht einer Dusche.
    Pieter Grobe saß allein auf einem Klappstuhl, genoß die Stille und lauschte dem feinen Summen und Sirren des Dschungels vor den Mauern seines Hauses. Diese kreatürliche Musik entspannte ihn mehr als dumme Schlager oder aufwendige Sinfonien.
    Barreio stand im Eingang zum Patio und wartete darauf, zum

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