Akte X Novel
des verstorbenen Howard Graves. Nun war es nur noch ein Zimmer wie jedes andere. Es gab
keine Spur mehr von dem Mann, der hier früher gearbeitet
hatte. Bücherregale und Wände waren leer, der Schreibtisch
aufgeräumt und kahl. Alle Gegenstände, die sie an ihn hätten
erinnern können, waren fort. Sie stellte sich Howard an seinem
Schreibtisch vor...
Mit einem leisen Klicken wurde plötzlich die Bürotür hinter
ihr geschlossen. Lauren wirbelte erschrocken herum und sah
sich Robert Dorlund gegenüber, der mit dem Rücken an der
Tür stand. Wie hatte er hereinkommen können, ohne daß sie
ihn bemerkt hatte? Lauren fühlte, daß sie in Panik geriet. Was
auch immer er von ihr wollte, es konnte nichts Gutes sein. „Sie wollen uns verlassen, ohne sich zu verabschieden?“
fragte Dorlund mit einem kalten Lächeln.
Lauren antwortete nicht.
„Nun... äh... ich bin jedenfalls gekommen, Ihnen auf
Wiedersehen zu sagen und Glück zu wünschen. Und um Ihnen
einen kleinen Gedanken mit auf den Weg zu geben...“ Er trat auf sie zu und nahm plötzlich eine bedrohliche
Haltung ein.
„Ich weiß, daß Howard es Ihnen erzählt hat.“
Lauren versteifte sich, als er immer näher kam. Er versuchte
sie ohne Zweifel einzuschüchtern.
„Und falls jemals etwas herauskommen sollte, werde ich
meine Zeit nicht damit verschwenden, nach der undichten
Stelle zu suchen.“ Seine Stimme war nur mehr ein Flüstern.
„Ich werde mich direkt an Sie halten.“
„Und dann tun Sie mit mir das gleiche, was Sie mit Howard
gemacht haben?“
Dorlund erstarrte.
„Ich weiß, daß Sie ihn umgebracht haben.“
Dorlund erlangte seine Fassung rasch wieder. „Wie können
Sie so etwas behaupten?“ fragte er gekränkt.
„Er hat es mir gesagt“, entgegnete Lauren.
Zum ersten Mal machte Dorlund einen überrumpelten
Eindruck.
Lauren nutzte den Vorteil und stürzte auf die Tür zu. Er griff
nach ihrem Arm, doch sie konnte sich losreißen.
Adrenalinstöße peitschten ihren Körper, als sie wieder zu
ihrem alten Schreibtisch zurückkehrte. Ihr Puls raste, und sie
litt unter Schwindelgefühlen. Schnell sah sie sich um, um sich
zu vergewissern, daß niemand sie beobachtete, ehe sie sich an
den freien Schreibtisch setzte, den Telefonhörer abnahm und
eine Nummer wählte.
Im Büro der Organbank warteten Mulder und Scully noch immer auf die Testergebnisse, als Mulders Mobiltelefon klingelte.
Während der Techniker Scully die Ergebnisreihen präsentierte, schaltete Mulder das Telefon ein.
„Hallo...“
Einen Moment lang war Lauren nicht fähig zu sprechen. Sie erstarrte förmlich, als sie Dorlund aus Howard Graves’ Büro kommen sah. Er machte Anstalten, sich in ihre Richtung zu bewegen, hielt jedoch inne, als ihm bewußt wurde, daß sich unzählige Menschen in dem Büro aufhielten. Typisch, dachte Lauren. Dorlund war ein Feigling und ein Betrüger. Er würde es gewiß nicht wagen, seinen wahren Charakter vor der ganzen Firma zu entblößen.
„Mulder“, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung. Leise, drängend, antwortete Lauren: „Hier ist Lauren Kyte.
Wie schnell können Sie bei meinem Haus sein?“
„Warum? Was ist denn los?“ wollte Mulder wissen. „Bitte beeilen Sie sich“, entgegnete Lauren nur, ehe sie die
Verbindung unterbrach. Dann griff sie nach ihrer Handtasche und ihrem Karton und eilte zur Tür hinaus. Sie fühlte, daß Robert Dorlunds Augen jeder ihrer Bewegungen folgten.
Mulder schaltete sein Mobiltelefon wieder ab und schob es in seine Tasche zurück, während er über den Anruf nachdachte. Er war noch immer in Gedanken, als Scully auf ihn zukam und ihm den Bericht übergab.
„Die Testergebnisse sind eindeutig“, versicherte sie ihm. „Die Dura Mater stammt von Howard Graves. Er ist tatsächlich sehr tot.“
Ein Umstand, der Mulder kaum noch zu überraschen vermochte. Er erhob sich und machte sich auf den Weg zurück zu ihrem Wagen.
„Warten Sie eine Minute“, rief ihm Scully hinterher. „Wohin wollen Sie?“
„Zu Lauren Kytes Haus“, erklärte Mulder. „Ich glaube, es ist Zeit, daß wir herausfinden, wer tatsächlich ihr Komplize ist.“
11
Obwohl es gerade erst kurz nach 5 Uhr nachmittags war, verfärbte sich der Himmel bereits dunkel. Der Wind frischte auf, und die Luft war feucht und kalt. Lauren starrte zum Fenster hinaus und sah, wie schwere graue Wolken aufzogen. Zitternd drehte sie den Thermostat auf, um die Heizung im Haus anzustellen. Wieder sah sie aus dem Fenster. Die Straße lag sonderbar verwaist vor ihr,
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